Erstes Treffen Das sind die Streitpunkte zwischen Biden und Putin
Das erste persönliche Gespräch zwischen US-Präsident Biden und Russlands Staatschef Putin steht bevor, doch die Lage ist angespannt. Insbesondere fünf Themen sorgen für Konfliktpotenzial.
US-Präsident Joe Biden und der russische Staatschef Wladimir Putin kommen am Mittwoch in Genf zu ihrem ersten persönlichen Gipfeltreffen seit Bidens Amtsantritt zusammen. Besonders entspannt dürfte die Atmosphäre nicht sein – die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sind derzeit so schlecht wie schon lange nicht mehr. Die fünf wichtigsten Streitpunkte:
Wahlbeeinflussung und Cyberangriffe
Die USA werfen Russland seit Jahren vor, sich gezielt in Wahlen in anderen Staaten einzumischen und Cyberangriffe auf Regierungsbehörden und Privatunternehmen zu organisieren. Im April verhängte Bidens Regierung wegen der großangelegten SolarWinds-Cyberattacke und wegen mutmaßlicher Einmischung in die Präsidentschaftswahl im vergangenen November Sanktionen gegen Moskau. Erst kürzlich brachte das Weiße Haus Russland zudem in Verbindung mit einem Hackerangriff auf die US-Tochter des weltgrößten Fleischkonzerns JBS.
Moskau weist solche Vorwürfe regelmäßig zurück. Die russische Regierung wirft stattdessen Washington vor, die Opposition in Russland zu unterstützen und Kreml-kritische Organisationen und Medien finanziell zu fördern.
Nawalny und Menschenrechte
Biden hat angekündigt, er wolle bei dem Gipfeltreffen Washingtons Engagement "für Menschenrechte und Menschenwürde" unterstreichen. Seit der Rückkehr des prominenten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny nach Russland im Januar gehen die dortigen Behörden verschärft gegen Oppositionelle vor. Nawalny wurde zu Lagerhaft verurteilt. Sein regionales Unterstützernetzwerk und seine Antikorruptions-Stiftung wurden als "extremistisch" eingestuft und verboten.
Putin wirft Washington vor, in Sachen Menschenrechte "zweierlei Maß" anzulegen und sich in innere Angelegenheiten Russlands einzumischen.
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Rüstungskontrolle und bewaffnete Konflikte
Moskau und Washington haben sich in den vergangenen Jahren gegenseitig den Bruch von Sicherheitsabkommen vorgeworfen. Eine wichtige Vereinbarung, der Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty, wurde nach dem Ausstieg der US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump gestrichen.
Vor wenigen Tagen unterzeichnete Putin den Ausstieg seines Landes aus dem Open-Skies-Sicherheitsabkommen zu internationalen Beobachtungsflügen, die USA waren bereits zuvor ausgestiegen. Den letzten noch bestehenden Abrüstungsvertrag New Start verlängerten beide Staatschefs dagegen im Februar.
Konflikt um die Ostukraine und Nord Stream 2
Die Ukraine hat im US-Wahlkampf eine große Rolle gespielt – nicht nur wegen der umstrittenen Tätigkeit von Bidens Sohn Hunter für das ukrainische Gasunternehmen Burisma. Seit der Annexion der Halbinsel Krim 2014 durch Russland ist der Ukraine-Konflikt einer der größten Streitpunkte im Verhältnis zwischen Moskau und dem Westen. Besonders besorgt zeigten sich die USA über den jüngsten Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ostukraine.
Ein weiterer Streitpunkt, bei dem Washington mit Moskau wie mit Berlin über Kreuz liegt, ist das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Die USA befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas und einen wirtschaftlichen Schaden für die Ukraine. Die Ukraine bezieht Einnahmen aus dem Transit von russischem Gas – Nord Stream 2 verläuft jedoch durch die Ostsee.
Zuletzt gab es Zeichen der Annäherung zwischen Washington und Berlin. Die US-Regierung verzichtete im Mai auf Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft und deren deutschen Geschäftsführer. Dies soll Raum für weitere Gespräche schaffen, in denen es unter anderem um eine Kompensation für die Ukraine gehen soll.
Diplomatische Spannungen
Nachdem Biden Putin in einem Interview im März einen "Killer" genannt hatte, rief Moskau seinen Botschafter zu Konsultationen zurück und forderte den US-Botschafter in Russland auf, das Land zu verlassen.
Auf die US-Sanktionen wegen Hackerangriffen reagierte Russland mit der Verhängung von Einreiseverboten gegen ranghohe US-Regierungsvertreter und wies zehn US-Diplomaten aus. Im Mai stufte Moskau die USA offiziell als "unfreundlichen Staat" ein.
Nach Ansicht des außenpolitischen Beraters von Putin, Juri Uschakow, ist eine Rückkehr der russischen und US-Botschafter denkbar, wenn der Gipfel gut verläuft.
Russische und US-amerikanische Häftlinge
Auf der Tagesordnung der Gespräche dürfte zudem das Schicksal einer Reihe von Häftlingen stehen. So wurde der frühere US-Soldat Paul Whelan in Russland wegen Spionagevorwürfen zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Ein weiterer US-Bürger sitzt seit 2020 wegen eines Angriffs auf russische Polizisten in Haft.
Putin sagte NBC, er sei grundsätzlich "natürlich" offen für einen Gefangenenaustausch. Moskau könnte die Rückkehr des in den USA inhaftierten Ex-Waffenhändlers Viktor Bout und des Piloten Konstantin Jaroschenko anstreben, der wegen Drogenschmuggels im Gefängnis sitzt.
- Nachrichtenagentur AFP