Pläne für Verteidigungsunion USA senden Drohbrief an die EU
Die USA fordern von Europa seit Jahren ein stärkeres Engagement in Verteidigungsfragen. Doch jetzt, wo Fortschritte sichtbar werden, werden auf einmal Drohbriefe geschrieben.
Die USA verlangen von den EU-Staaten die Überarbeitung von Plänen zum Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion und drohen für den Fall einer Weigerung Konsequenzen an. In einem Brief an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beschweren sich Vertreter des amerikanischen Außen- und Verteidigungsministeriums darüber, dass derzeit erwogene Regelungen eine Beteiligung von US-Unternehmen an Rüstungsprojekten erheblich erschweren oder sogar ausschließen könnten.
Dies verstoße gegen die Selbstverpflichtung der EU, bei Verteidigungsinitiativen in größtmöglichen Maße eine Beteiligung von Nato-Verbündeten sicherzustellen, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Schaden in den Beziehungen zwischen Nato und EU
Dem Brief zufolge könnten die USA die eigenen Regeln zum Zugang von europäischen Unternehmen zum US-Rüstungsmarkt verschärfen, falls die EU-Pläne nicht geändert werden. Dies würde von den europäischen Partnern und Verbündeten sicher nicht begrüßt werden, heißt es drohend in dem Schreiben. Zudem könne auch die bislang "konstruktive Beziehung zwischen der Nato und der EU" Schaden nehmen.
Konkret geht es in dem Brief um Vorschriften, die die Teilnahme von Drittstaaten an Projekten des geplanten Verteidigungsfonds EDF und der vor rund einem Jahr gestarteten Militärkooperation Pesco regeln sollen. Sie werden derzeit zwischen den beteiligten EU-Staaten verhandelt (Pesco) oder sind sogar schon abgestimmt (EDF).
Europäische Regierungsbeamte machten am Dienstag deutlich, dass an den Teilnahmenregeln für Verteidigungsfonds-Projekte nichts mehr geändert werden könne. Nachbesserungsmöglichkeiten werden demnach lediglich bei den Vorschriften für Pesco-Projekte gesehen.
Vor allem Frankreich besteht aber bislang darauf, dass Drittstaaten nur unter sehr strengen Auflagen und Bedingungen an neuen Militärprojekten der EU-Staaten beteiligt werden können.
US-Unternehmen verdienen prächtig
Der auf den 1. Mai datierte Brief aus Washington stand am Dienstag auch auf der Tagesordnung des EU-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Eine Stellungnahme von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gab es dort aber nicht. "Spiegel Online" hatte sie zuvor gesagt: "Wir Europäer tun das, was unsere amerikanischen Freunde viele Jahre von uns gefordert haben." Aufgabe sei es nun, "um Vertrauen zu werben, dass die Nato von den Anstrengungen zur Verteidigungsunion profitiert".
Von der Leyen spielte damit darauf an, dass die USA von den Europäern seit Jahren ein stärkeres Engagement im Verteidigungsbereich verlangen, nun aber offensichtlich fürchten, dass zu viel europäische Unabhängigkeit den Interessen der amerikanischen Rüstungsindustrie schaden könnte.
Die gilt offensichtlich vor allem für die Pläne zum Aufbau eines milliardenschweren Rüstungsfonds, der die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Verteidigungsindustrie steigern soll. Bislang verdienen US-Unternehmen prächtig durch Aufträge aus EU-Staaten – zum Beispiel der Kampfflugzeughersteller Lockheed Martin.
Wirklich neu sind die US-Forderungen für die Europäer unterdessen nicht. Washington hatte bereits Anfang 2018 von der EU eine schriftliche Garantie verlangt, dass sie keine Doppelstrukturen im Bereich der Verteidigung aufbaut. Es müsse in EU-Dokumenten festgelegt werden, dass die gemeinsame Verteidigung "ausschließlich eine Nato-Aufgabe" sei, sagte der damalige US-Verteidigungsminister James Mattis bei einem Bündnistreffen.
EU will unabhängiger werden
Mattis brachte damit öffentlich seine Besorgnis über die Pläne der EU zum Ausdruck, eine europäische Verteidigungsunion aufzubauen. Das Projekt war im Dezember 2017 mit dem Beschluss für die Pesco ins Leben gerufen worden und wird seit 2018 mit konkreten Projekten wie der Entwicklung von Drohnen mit Leben gefüllt. Ziel ist es, die EU flexibler und unabhängiger von den USA zu machen – zum Beispiel mit Blick auf mögliche Friedensmissionen in Afrika.
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Hintergrund sind allerdings auch die Entwicklungen nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Dessen Politik steigert nach Ansicht vieler EU-Staaten die Notwendigkeit, sich unabhängiger von den USA zu machen.
- Nachrichtenagentur dpa