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Russland-Experte zu Putins Parade: Krieg ist sein Überlebenskampf


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Experte über Putins Militärparade
"Das wäre das Ende des Putinschen Regimes"

InterviewVon Julian Seiferth

Aktualisiert am 09.05.2024Lesedauer: 3 Min.
Wladimir Putin: Bei der Feier zum Tag des Sieges drohte er mit Atomwaffen.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin im Schneeregen von Moskau: Bei der Feier zum Tag des Sieges drohte er mit Atomwaffen. (Quelle: Mikhail Klimentyev)
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Die russische Militärparade zum Tag des Sieges nutzt Putin für eine Propaganda-Show. Osteuropa-Experte Andreas Umland erklärt im Interview, was die Feier für Putin wirklich bedeutet – und was der Diktator fürchtet.

Bei der Feier zum Tag des Sieges feiert Putins Machtelite sich selbst und das russische Militär. Eigentlich soll die Parade an den Sieg der Alliierten gegen die Nazis und besonders den Beitrag der Sowjetunion erinnern.

Doch Putin nutzt den Tag seit Jahren für Rechtfertigungen seines Angriffskrieges gegen die benachbarte Ukraine und Drohgebärden gegen den Westen – so auch in diesem Jahr. Der Politologe Andreas Umland erklärt im Interview, warum Putins Atomdrohungen ihren Zweck erfüllen und warum seine Verknüpfung zwischen der Ukraine und den Nationalsozialisten historisch falsch ist.

t-online: Herr Umland, haben Sie in der Parade und Putins Rede viel Neues beobachtet?

Andreas Umland: Nein, das habe ich nicht.

Putin beginnt dieser Tage seine neue Amtszeit. Was will er mit der Parade zum Tag des Sieges zeigen?

Man kann nur vermuten, dass die Zusammenlegung des Beginns der neuen Amtszeit Putins mit dem Tag des Sieges beabsichtigt ist.

(Quelle: imago stock&people/imago-images-bilder)

Zur Person

Andreas Umland (*1967) ist ein deutscher Politikwissenschaftler und Publizist. Er arbeitet von Kiew aus als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien. Umland gründete die Buchreihe "Soviet and Post-Soviet Politics and Society" ("Sowjetische und postsowjetische Politik und Gesellschaft").

Die Parade bezieht sich auf den Sieg über die Nazis. Putin nannte die Ukraine in seiner Rede am Donnerstagmorgen erneut die "neuen Nazis". Wie effektiv ist Putins Verknüpfung dieses Tages zum Krieg in der Ukraine?

Die Umdeutung der russischen Expansion in die Ukraine in eine Fortsetzung des gerechten Krieges gegen Nazideutschland ist Kern der Propaganda. Sie dient der Legitimation des russischen Vernichtungskrieges gegen die ukrainische Nation als unabhängige politische und Kulturgemeinschaft. Dabei wird geflissentlich übergangen, dass die Sowjetunion zu Beginn des Zweiten Weltkrieges ein Verbündeter von Nazideutschland war und dass auch viele Ukrainer – darunter auch etliche ukrainische Nationalisten – später im Kampf gegen Wehrmacht und SS fielen.

Video | Experte erkennt neue Details bei Putin-Auftritt
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Quelle: t-online

Putin drohte in seiner Rede mit den "strategischen", also nuklearen Waffen Russlands. Warum tut er das?

Das Säbelrasseln mit Russlands Nuklearwaffen ist vor allem an ängstliche Westeuropäer gerichtet, nicht zuletzt an die Deutschen. Putin will allerdings keinen finalen Endkampf mit dem Westen, sondern einen Sieg über die Ukraine. Zweck der ständigen Drohungen ist es, Partner der Ukraine von entschiedener Hilfe für die Ukraine abzuschrecken. Das Beispiel Taurus belegt, dass die russische Strategie aufgeht.

Putin ging ansonsten wenig auf den Krieg in der Ukraine ein, sprach aber von einer "schwierigen Zeit" für sein Land. Ist es neu, dass er das so offen sagt?

Der Hinweis auf schwierige Zeiten ist keine Überraschung, da verschiedene Rückwirkungen des Krieges inzwischen in vielen Bereichen der Gesellschaft spürbar sind. Vor diesem Hintergrund versuchen Putin und Co. den Krieg als existentiellen Überlebenskampf Russlands darzustellen. Tatsächlich ist der Krieg jedoch ein Überlebenskampf des Putinschen Regimes und nicht Russlands, da die Ukraine keine Einnahme Moskaus anstrebt. Wird allerdings die Expansion Russland abgewehrt, wäre dies das Ende des Putinschen Regimes.

Er bezieht sich ausdrücklich auf die "Tapferkeit des chinesischen Volkes" gegen Japan, spricht vom gemeinsamen Kampf. Ein Versuch, diese Allianz heute zu festigen?

Der Rückgriff auf Chinas Konfrontation mit Japan vor 1945 ist ein Versuch, die erhebliche chinesische Hilfe für Russland auch weiter sicherzustellen. Japan ist heute ein enger Partner der Ukraine, China von Russland. Das Gleichnis zum Zweiten Weltkrieg wird hier auch in seiner asiatischen Variante zum Einsatz gebracht.

In der Vergangenheit hatte Russland an diesem Tag Staatsoberhäupter aus der ganzen Welt zu Gast – unter anderem Angela Merkel 2010. Heute sind unter anderem mehrere Staatschefs früherer Sowjetrepubliken und die Präsidenten von Kuba, Guinea-Bissau und Laos eingeladen. Ein Zeichen der Isolation?

Die geringe Präsenz ausländischer Repräsentanten bei der Parade illustriert die zunehmende russische Isolation. Vermutlich sind weit mehr Staatsoberhäupter eingeladen worden. Die, die gekommen sind, sind womöglich einfach jene, die die Einladung angenommen haben.

Herr Umland, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Andreas Umland
  • Eigene Recherche
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