Nach langen Protesten EU-Parlament plant Zugeständnisse an Bauern
Das EU-Parlament will im Eilverfahren über massive Zugeständnisse an die Landwirtschaft entscheiden. Über erste Änderungen bei Umweltauflagen und Kontrollen soll noch im April abgestimmt werden.
In der Debatte um massive Zugeständnisse aus Brüssel an die Landwirtschaft hat das Europaparlament für ein Eilverfahren gestimmt. Die Abgeordneten entschieden am Donnerstag in Brüssel, die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ausnahmen von Umweltauflagen und Kontrollen ausnahmsweise ohne zusätzliche Beratungen in den Ausschüssen des Parlaments durchzuwinken. Ein Beschluss kann damit noch in diesem Monat fallen. Die Umweltorganisation Greenpeace protestierte dagegen in Brüssel.
Angesichts anhaltender Bauernproteste in mehreren europäischen Ländern hatte die EU-Kommission massive Zugeständnisse an die Bauern vorgeschlagen. Kleine Betriebe mit weniger als zehn Hektar müssten demnach nicht mehr mit Strafen rechnen, wenn sie sich nicht an die Regeln aus Brüssel halten. Sie sollen zudem von Kontrollbesuchen ausgenommen werden.
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Vorgaben zur Fruchtfolge werden gelockert
Weitere Ausnahmen sind bei den Umweltauflagen geplant. So sollen Vorgaben für die Fruchtfolge und den Anbau von Zwischenfrüchten gelockert werden. Die Betriebe sollen zudem mehr Wiesenflächen in Ackerland umwandeln dürfen. Das käme vor allem Tierhaltern zugute, die wegen sinkender Einnahmen auf den Getreideanbau umstellen wollen. Eine Regelung für einen Mindestanteil an Brachland auf Ackerflächen soll ausgesetzt bleiben.
Der europäische Bauernverband Copa-Cogeca hatte die Vorschläge der EU-Kommission begrüßt. Die geplanten Änderungen böten den Landwirten "die nötige Flexibilität", um auf Klimaereignisse wie Dürren und Überschwemmungen oder geopolitische Krisen zu reagieren.
Unterstützung bekamen die Landwirte aus den Reihen der Konservativen im Europaparlament. Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Norbert Lins (CDU), hatte erklärt, Rat und Parlament müssten "zügig handeln", um die Landwirte zu unterstützen. Die Interessen der Betriebe müssten "an vorderster Stelle der europäischen Agrarpolitik stehen".
Greenpeace protestiert dagegen
Der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling kritisierte hingegen am Donnerstag, es gebe "grundlegende Probleme in unserem Agrar- und Ernährungssektor, vor denen sich die EU-Kommission einfach wegduckt". Die Ausnahmen bei den Umweltauflagen würden "das Problem der zu niedrigen Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte nicht lösen". Umweltmaßnahmen zum Schutz des Bodens und der Artenvielfalt nützten langfristig auch den Betrieben.
Vor dem Gebäude des Europaparlaments in Brüssel protestierten Aktivistinnen und Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace gegen die geplanten Ausnahmen. "Die Landwirte sind zu Recht wütend", erklärte Marco Contiero, bei Greenpeace zuständig für Agrarpolitik. Der Naturschutz auf den Höfen sei jedoch nicht das Problem, sondern die billigen Preise großer Agrar- und Lebensmittelkonzerne. Die Abschaffung der Umweltauflagen sei "ein vergiftetes Geschenk für die Landwirte".
Der Rat der 27 Mitgliedstaaten hatte die Zugeständnisse Ende März bereits im Eilverfahren durchgewunken. Mit der Entscheidung des Europaparlaments sollen die Abgeordneten die Vorschläge Ende des Monats endgültig beschließen. Es ist ihre letzten Plenarsitzung vor den Europawahlen Anfang Juni. Die Erleichterungen sollen größtenteils ab dem kommenden Jahr gelten, einige auch rückwirkend zum 1. Januar 2024.
- Nachrichtenagentur AFP