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Rentner verüben Brandanschläge auf russische Militärbüros – rund 30 Fälle


Stecken Trickbetrüger dahinter?
Rentner verüben Brandanschläge auf russische Militärbüros

Von t-online, fho

Aktualisiert am 04.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Screenshot eines Videos, das eine 66-jährige Rentnerin bei einem Brandanschlag auf ein Militärbüro zeigen soll.Vergrößern des Bildes
Screenshot eines Videos, das eine 66-jährige Rentnerin bei einem Brandanschlag auf ein Militärbüro zeigen soll. (Quelle: Telegramaccount Mashmoyka)

In Russland brennen seit Wochen immer wieder Einrichtungen der Armee. Die Täter sind meist ältere Menschen, die offenbar auf eine Betrügerbande hereinfielen.

Mysteriöse Anschlagsserie in Russland: In den vergangenen Wochen kam es zu rund 30 Brandanschlägen auf Rekrutierungsbüros und Militärkommissariate im ganzen Land. Das Erstaunliche daran ist nicht nur, wie so etwas möglich ist im diktatorischen Russland, sondern vor allem die Täter.

Denn über die Hälfte von ihnen sind offenbar über 50-jährige Russen – darunter viele Frauen. Keiner der Verdächtigen soll dabei eine Antikriegshaltung vertreten. Dafür gibt es wohl einen Grund: Sie sollen Opfer eines Telefonbetrugs geworden sein, wie das russische Exilmedium "Meduza" berichtet.

Demnach sollen die späteren Brandstifter von Fremden kontaktiert und unter verschiedenen Vorwänden dazu gebracht worden sein, Molotow-Cocktails in Militäreinrichtungen zu werfen. Die Anrufer gaben sich dabei unter anderem als Bankangestellte oder Sicherheitsbeamte aus. Sie warnten vor dem Verlust großer Geldsummen oder drohten, Angehörige zu verletzen.

In einigen Fällen überzeugten die Betrüger ihre Opfer davon, dass die russischen Militärbüros insgeheim für die Ukraine arbeiten und durch einen Anschlag daran gehindert werden müssten.

Viele Rentner unter den Brandstiftern

Ende Juli war ein Fall von Brandstiftung bekannt geworden, der stutzig machte: Eine 51-jährige Lehrerin hatte versucht, ein russisches Rekrutierungsbüro in Feodosia auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim in Brand zu stecken. Zunächst gingen die russischen Behörden von einer Protestaktion gegen den Krieg aus, doch wie sich herausstellte, war die Frau gar keine Kriegsgegnerin. Im Gegenteil: Gemeinsam mit ihrem Mann hatte sie sogar Geld für "humanitäre Hilfe für russische Soldaten" gesammelt.

Auf Telegram tauchte kurz darauf ein Bericht auf, demzufolge die Frau bei ihrem versuchten Anschlag telefonischen Anweisungen gefolgt sein soll. Nach diesem ersten Bericht mehrten sich die Meldungen über ähnliche Fälle: Mittlerweile sind mindestens 28 Anschläge bekannt, die offenbar alle nach dem gleichen Muster abliefen.

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Wie "Meduza" berichtet, gab eine 62-jährige Frau aus Kasan im Südwesten Russlands nach ihrem Anschlag auf ein Militärbüro an, dass die Anrufer sich als Geheimdienstmitarbeiter ausgegeben hätten. Diese hätten gedroht, ihrer Tochter "Probleme" zu machen, wenn die Frau nicht den Anweisungen folge.

Der älteste Brandstifter ist mehreren Berichten zufolge eine 82-jährige Rentnerin, die mit Molotow-Cocktail und Mobiltelefon ein Einberufungsbüro in Wolgograd im Osten des Landes aufgesucht hatte. Sie wurde festgenommen, bevor sie den Brandsatz werfen konnte.

Brandstiftern drohen lange Gefängnisstrafen

Doch nicht nur ältere Russen fielen auf die Trickbetrüger herein: So sollen auch eine 30-Jährige und eine 23-Jährige Brandanschläge auf Einberufungsämter in Kasan verübt haben. Im sibirischen Omsk soll ein 21-jähriger Student das Militärkommissariat anzünden. Auch hier scheint das Motiv nicht Protest gewesen zu sein: Nach Recherchen von "Meduza" gibt es auf den Profilen der Verdächtigen auf sozialen Netzwerken keine Anzeichen für eine Antikriegshaltung.

Der Kreml hat sich bislang nicht zu den Vorfällen geäußert. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass es zu dieser Betrugsmasche kommt. Bereits im April teilte der russische Inlandsgeheimdienst FSB mit, dass ihm 16 Fälle von Brandstiftung bekannt seien, die auf Telefonbetrug zurückzuführen seien. Damals behauptete der FSB, dass die Anrufe "in den meisten Fällen" von ukrainischem Territorium ausgegangen seien. Diese Aussage ließ sich bislang nicht unabhängig überprüfen.

Die Brandstifter werden unterdessen strafrechtlich verfolgt. Nach Angaben des unabhängigen russischen Nachrichtenmediums "Mediazone" werden mindestens sieben Personen wegen "vorsätzlicher Zerstörung oder Beschädigung von Eigentum" angeklagt. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Zwei weitere Personen werden wegen Rowdytums angeklagt, ihnen drohen bis zu acht Jahre Gefängnis. Gegen zwei weitere Männer wird wegen des Ausführens eines Terrorakts ermittelt, allerdings ist unklar, ob ihre Taten in Verbindung mit den anderen Brandanschlägen stehen.

Verwendete Quellen
  • meduza.io: "В России появился новый вид телефонного мошенничества: у пенсионеров выманивают деньги, а в обмен на их возврат требуют поджигать военкоматы ФСБ утверждает, что звонки идут 'с территории Украины'" (russisch)
  • meduza.io: "#Мы вернем ваши деньги, если вы совершите действия, необходимые для нашей страны' Неизвестные вынуждают пожилых россиян поджигать военкоматы. Вот как работает эта схема" (russisch)
  • Telegram-Kanal Mediazona
  • tass.ru: "В Улан-Удэ задержали подозреваемых в поджоге бывшего здания военкомата" (russisch)
  • verstka.media: "Поджигатели старшего возраста" (russisch)
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