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Kreml-Kritiker Nawalny droht deutlich längere Gefängnisstrafe


Ihm drohen 30 weitere Jahre Haft
Nawalny vor Gericht – kurz darauf wird Presse des Raumes verwiesen

Von afp
19.06.2023Lesedauer: 3 Min.
NAWALNY-PROZESS/Vergrößern des Bildes
Alexej Nawalny am Montag vor Gericht: Ihm drohen weitere 30 Jahre Haft.
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Kurz nach Prozessauftakt wird die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen. Dem Putin-Kritiker wird unter anderen "Extremismus" während seiner Haft vorgeworfen.

Gegen den inhaftierten russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny hat im Hochsicherheits-Straflager IK-6 in Melechowo ein weiterer Prozess wegen "Extremismus"-Vorwürfen begonnen. Dieser wird allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt, wie ein russisches Gericht am Montag entschied. Dem Oppositionellen, der bereits wegen angeblichen Betrugs in dem Straflager einsitzt, drohen bis zu 30 weitere Jahre Haft.

Das Gericht habe beschlossen, den Prozess gegen den 47-Jährigen hinter geschlossenen Türen stattfinden zu lassen, sagte ein Gerichtssprecher kurz nach Prozessauftakt. Journalisten und Angehörige des Kremlkritikers mussten das Gelände verlassen.

Nawalnys Vater, der extra in das 250 Kilometer von Moskau entfernte Melechowo gereist war, kritisierte die Entscheidung der Richter heftig. "Unverschämt – kein Gewissen oder Ehre", sagte Anatoli Nawalny einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP beim Verlassen des Straflagers, in dem sein Sohn inhaftiert ist.

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Nawalny war im Saal erschienen

Der Angeklagte Nawalny selbst befand sich zum Prozessauftakt am Montagmorgen zusammen mit seinen Anwälten im Verhandlungsaal. Journalisten konnten zunächst noch per Video aus einem anderen Raum zusehen.

Nawalny wird in dem neuen Verfahren vorgeworfen, aus der Haft heraus eine "extremistische" Organisation gegründet und finanziert, zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen und "Nazi-Ideologie wiederbelebt" zu haben. Seine Anwälte hatten lediglich zehn Tage Zeit erhalten, um die Anklage, die sich auf insgesamt 3.828 Seiten über 196 Ordner erstreckt, zu sichten.

"Auch wenn der Umfang der Akten klar macht, dass ich ein raffinierter und hartnäckiger Krimineller bin, ist es unmöglich, herauszufinden, was genau mir vorgeworfen wird", hatte Nawalny vor Prozessbeginn ironisch erklärt.

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Es sei das erste Mal, dass gegen Nawalny auch formell politische Vorwürfe erhoben würden, betonte sein Team. "Er wird wegen seiner politischen Arbeit vor Gericht gestellt", sagte seine Sprecherin Kira Jarmysch der AFP. Nach eigenen Angaben droht Nawalny zudem ein Prozess vor einem Militärgericht wegen "Terrorismus"-Vorwürfen und damit eine lebenslange Haftstrafe.

In Berlin sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner, die russischen Behörden suchten "immer wieder nach neuen Vorwänden", um Nawalnys Haftstrafe zu verlängern. Die Bundesregierung halte weiter an der Forderung fest, den Oppositionspolitiker unverzüglich freizulassen.

Kampagne aus der Haft heraus

Der Gegner von Staatschef Wladimir Putin war 2020 nach einer Vergiftung, für die er den Kreml verantwortlich macht, in der Berliner Charité behandelt worden. Nach seiner Genesung kehrte er im Januar 2021 nach Russland zurück, wurde sofort verhaftet und später zu neun Jahren Gefängnis wegen "Betrugs" verurteilt.

Nawalny hatte mit seinem Team Fälle von systematischer Korruption in der russischen Elite aufgedeckt und dokumentiert. Über ein Netzwerk von Büros in ganz Russland hatte er zudem Oppositionspolitiker unterstützt. 2018 wollte er selbst bei der Präsidentschaftswahl kandidieren, dies wurde jedoch von den Behörden verhindert.

Noch kurz vor Prozessbeginn kündigte Nawalny an, aus seiner Zelle im Straflager heraus eine "lange, hartnäckige und kräftezehrende" Kampagne zu führen, um die Russen davon zu überzeugen, sich gegen Russlands Offensive in der Ukraine zu stellen. Gemeinsam mit seinem Team werde er eine "Kampagne gegen Putin" führen, erklärte der Oppositionspolitiker auf seiner Website.

Seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine gehen die russischen Behörden verstärkt gegen kritische Stimmen vor. Am Montag teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft mit, die russische Menschenrechtsorganisation Agora auf die Liste der "unerwünschten" Organisationen zu setzen, weil sie eine Bedrohung für die Sicherheit Russlands darstelle. Die meisten russischen Regierungskritiker sind inzwischen im Exil oder hinter Gittern.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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