Während landesweiter Proteste 15 Tote bei Angriff auf Pilgerstätte im Iran – IS bekennt sich
Die Terrormiliz IS reklamiert die Attacke per Telegram für sich. Derweil sehen die USA Zeichen für russische Hilfe bei der Niederschlagung von Protesten im Iran.
Bei einem Terroranschlag in der südiranischen Großstadt Schiras sind nach Angaben staatlicher Medien mindestens 15 Menschen getötet worden, darunter auch Frauen und Kinder. Wie die halbstaatliche Nachrichtenagentur Tasnim berichtet, hat der Täter zunächst einen Mitarbeiter am Eingang des Schreins von Schah Tscheragh erschossen, dann klemmte seine Waffe. Es gelang ihm das Gewehr zu reparieren und er eröffnete das Feuer auf die Gläubigen.
In der Millionenstadt sollen an der schiitischen Heiligstätte Schah Tscheragh zudem Dutzende weitere Menschen verletzt worden sein, berichtete das Staatsfernsehen am Mittwoch. Augenzeugen zufolge gab es rund um den Schrein ein großes Aufgebot an Polizei und Sicherheitskräften.
Der IS reklamiert per Telegram die Tat für sich
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Attacke auf einem Telegram-Kanal für sich. Immer wieder verüben die sunnitischen Dschihadisten etwa in Afghanistan Angriffe auf schiitische Muslime, die sie als Abtrünnige des Islam bezeichnen und verachten. Im Iran sind solche Anschläge aber sehr ungewöhnlich.
Präsident Ebrahim Raisi erklärte laut Berichten der staatlichen Medien, dass der Iran auf diese Tat reagieren werde: "Dieses Verbrechen wird definitiv nicht ungesühnt bleiben, und die Sicherheits- und Strafverfolgungskräfte werden denen, die den Anschlag geplant und ausgeführt haben, eine Lektion erteilen."
Massenproteste 40 Tage nach Mahsa Aminis Tod
Offenbar stand der Anschlag nicht im Zusammenhang mit den Massenprotesten im Iran nach dem Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini. Auch am Mittwoch – 40 Tage nach ihrem Tod – waren im ganzen Land zahlreiche Menschen auf die Straßen gegangen. Die halbstaatliche Nachrichtenagentur Insa meldete, rund 10.000 Personen hätten sich am letzten Tag der Trauerperiode beteiligt. Im Iran wird nach dem Tod eines Familienmitglieds traditionell 40 Tage lang getrauert. Zuvor hatten Aktivisten anlässlich des Trauertags zu landesweiten Protesten aufgerufen.
Einem Augenzeuge zufolge hatten Sicherheitskräfte in Aminis Heimatstadt Sakes sogar auf die Trauernden geschossen, die sich auf dem Friedhof zu einer Gedenkfeier versammelt hatten. Berichten zufolge wurde auch in mehreren Städten von Sicherheitskräfte auf Demonstranten geschossen.
In der Hauptstadt Teheran gingen Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen eine Demonstration von Ärzten vor. Gegen Abend kamen in Teheran auch Menschen zusammen, um ausgelassen auf der Straße zu singen. Im Norden der Metropole waren viele Frauen ohne das obligatorische Kopftuch zu sehen, wie Augenzeugen berichteten.
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USA befürchten, Russland helfe Iran bei Niederschlagung
Die USA sind besorgt über eine mögliche Unterstützung Moskaus bei der Niederschlagung der Massenproteste im Iran. "Wir wissen, dass sie möglicherweise eine Art Unterstützung für die Fähigkeit des Irans, gegen Demonstranten vorzugehen, in Betracht ziehen, und leider hat Russland darin Erfahrung", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Mittwoch in Washington. Etwas unklar blieb auf Nachfrage von Journalistinnen und Journalistinnen, ob diese mutmaßliche Unterstützung bereits begonnen haben soll oder nicht.
Kirby und die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, nutzten eine unterschiedliche Wortwahl. Jean-Pierre sagte: "Wir sind besorgt, dass Moskau den Iran möglicherweise zu bewährten Verfahren zum Umgang mit Protesten berät." Der Iran steht im Verdacht, Russland mit Drohnen zu versorgen. In den vergangenen Wochen gab es auch Berichte, nach denen iranisches Personal in von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine gesichtet worden war.
Israel: Iran liefert tödliche Waffen
Israels Staatsoberhaupt Izchak Herzog kritisierte den Iran erneut mit scharfen Worten. "Heute lässt das iranische Regime Tausende von iranischen Bürgern, Männer, junge Männer und Frauen, unterdrücken, die demonstrieren und sich einfach nur für ihre eigenen Freiheiten einsetzen", sagte Herzog am Mittwoch bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Washington.
Herzog warnte vor den atomaren Fähigkeiten Teherans. Das Land liefere außerdem tödliche Waffen, mit denen unschuldige Menschen in der Ukraine getötet würden. Biden betonte bei dem Treffen, dass die Ideen und Werte Israels und der Vereinigten Staaten dieselben seien.
- Nachrichtenagentur rtr