Sorge um russische Journalistin Owsjannikowa vorübergehend in Moskau festgenommen
Sie wurde durch ihren Protest im russischen Live-TV weltberühmt. Am Sonntag wurde Marina Owsjannikowa in Gewahrsam genommen.
Nach einer zweiten Protestaktion gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine ist die Fernsehjournalistin Marina Owsjannikowa vorübergehend festgenommen worden. "Ich wollte mit den Hunden spazieren und bin gerade aus dem Tor getreten, als mich Uniformierte ansprachen", schrieb sie auf ihrem Telegram-Kanal. Sie sitze im Krasnoselskij-Ministerium für innere Angelegenheiten, eine Polizeistation in Moskau. Zuvor hatte es mehrere Berichte von einer Verhaftung gegeben. Auf ihrem Telegram-Kanal wurden zudem am Sonntag Fotos gepostet, die angeblich zeigen, wie sie von Polizisten in einen Minibus abgeführt wird.
Drei Stunden später sei sie wieder freigelassen worden. "Ich bin zu Hause. Alles ist in Ordnung", schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite. "Aber jetzt weiß ich, dass es immer am besten ist, einen Koffer und einen Reisepass mitzunehmen, wenn man ausgeht."
Owsjannikowa war am 14. März während der Nachrichtensendung "Wremja" des russischen Senders Perwy Kanal hinter der Nachrichtensprecherin aufgetaucht. Owsjannikowa, die selbst als Redakteurin für den Sender arbeitete, hielt ein Schild mit der Aufschrift "Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen" in die Kamera. Sie rief außerdem "Stoppt den Krieg!", bevor die Liveübertragung abbrach. Dafür bekam die bis dahin als linientreu geltende Redakteurin weltweit Anerkennung.
Spekulationen über Grund für Verhaftung
Ihre kurze Verhaftung am Sonntag folgte nun auf ein Foto in den sozialen Medien vom 15. Juli, auf dem sie mit einem Plakat zu sehen ist, das den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Mörder und seine Soldaten als Faschisten bezeichnet. "Wie viele Kinder müssen noch sterben, bevor ihr aufhört?", ist dort zu lesen. Derartige öffentliche Erklärungen sind in Russland als Veröffentlichung von "Falschinformationen" und "Verunglimpfung" der Armee strafbar. Sie können mit langen Freiheitsstrafen belegt werden.
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Das Bürgerrechtsportal "OVD-Info" in Moskau berichtete auf Telegram, sie müsse sich vor Gericht verantworten, weil sie sich während der jüngsten Anhörung des Oppositionellen Ilja Jaschin vor dem Moskauer Gericht "diskreditierend" über die russischen Streitkräfte geäußert habe. Die Angabe konnte bislang nicht verifiziert werden. Von den russischen Behörden gab es bislang keine Stellungnahme.
Owsjannikowa ging nach ihrer ersten Aktion ins Ausland
Auch nach der ersten Aktion im März war die Journalistin kurz in Polizeigewahrsam, wurde danach aber freigelassen und zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt. International erfuhr Owsjannikowa viel Lob und Unterstützung, seitens der russischen Opposition gab es auch kritische Stimmen. Bemängelt wurde unter anderem, dass Owsjannikowa jahrelang für den Sender Perwy Kanal gearbeitet hatte, den die Oppositionellen als faktisches Sprachrohr des Kreml betrachten.
Owsjannikowa hatte nach ihrer Protestaktion mehrere Monate im Ausland verbracht und unter anderem kurzzeitig für die deutsche Zeitung "Die Welt" gearbeitet. Anfang Juli gab sie ihre Rückkehr nach Russland bekannt, um nach eigenen Angaben einen Sorgerechtsstreit um ihr Kind beizulegen.