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Ukraine-Krieg – Presse zu Butscha: "Westen darf sich keine Illusionen machen"


Pressestimmen zu Butscha
"Brutalität gegen die Zivilisation an sich"

Von dpa, mam

Aktualisiert am 04.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Massengrab und Leichen auf der Straße: US-Satellitenbilder belasten die russische Armee in Butscha schwer. (Quelle: t-online)
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Butscha gleicht einer Geisterstadt: In dem ukrainischen Vorort von Kiew wurden Hunderte Zivilisten ermordet. Weltweit fordern Politiker und Medien Konsequenzen für die russischen Gräueltaten.

Zerschossene Häuser und Straßen übersät mit Leichen: Am Sonntag drangen schreckliche Bilder und Berichte aus dem ukrainischen Vorort Butscha, nahe Kiew. Um die Welt geht eine Welle des Entsetzens – auch in der deutschen und internationalen Presselandschaft. Ein Überblick:

"Público", Portugal: "(...) Präsident Joe Biden (...) nannte Putin einen 'Kriegsverbrecher' und 'Schlächter' und fügte hinzu: 'Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.' Hatte Mariupol bereits gezeigt, dass der erste Vorwurf richtig war, zeigen die Bilder der Gräueltaten in Butscha, dass die Bezeichnung 'Schlächter' leider auch stimmt. Sind es Einzelfälle verwirrter Soldaten oder ein Verhalten, das von der Idee der 'Entnazifizierung' der Ukraine geprägt ist?

Sicher ist, dass es mit diesen Grausamkeiten der 'Befreiungsarmee' immer schwieriger wird, den Satz, dass 'dieser Mann nicht an der Macht bleiben kann', nicht für richtig zu halten. Doch dem steht entgegen, dass der Westen weiter mit Russland umgehen muss und es sich um einen Diktator mit Atomwaffen handelt. Sollte der Westen also nichts tun? Nein, im Gegenteil, die Vorstellung, dass Putin am Ende trotz all des Entsetzens über seinen Einmarsch in die Ukraine weiter im Kreml sitzt, macht es umso dringlicher, ihm einen eventuell behaupteten Sieg so bitter wie möglich zu machen."

"The Times", England: "Es versteht sich von selbst, dass die Beweise für diese Verbrechen akribisch gesammelt und alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Das muss auch Putin selbst und Mitglieder des inneren Kreises des russischen Präsidenten einschließen. Genau so, wie hochrangige Nazis, die an Adolf Hitlers Völkermord beteiligt waren, vor einem internationalen Gericht in Nürnberg angeklagt wurden. (...)

Der Westen darf sich keine Illusionen mehr über den Charakter dieses Krieges oder des Moskauer Regimes machen. Boris Johnson hat recht, wenn er versucht, die Ukraine mit den modernsten verfügbaren Waffen auszurüsten, einschließlich Anti-Schiff-Raketen. Andere westliche Regierungen sollten ähnliche Entschlossenheit zeigen. Die Argumente für ein Verbot der Einfuhr von russischem Öl und Gas sind inzwischen überwältigend. Ja, die Kosten für die europäische Wirtschaft werden lähmend sein. Aber der Preis für einen Sieg des verbrecherischen Regimes von Putin wäre noch höher."

"Neue Zürcher Zeitung", Schweiz: "Hier geht es um einen archaischen Ausbruch sinnloser Gewalt und Brutalität gegen unbeteiligte Menschen und gegen die Zivilisation an sich. Und für diese Verbrechen ist nicht allein Präsident Putin verantwortlich. Mit diesem Russland kann kein Deal gemacht werden, der den westlichen Maßstäben von Moral und Menschlichkeit standhält. Diesem menschenverachtenden Staat kann nicht das Schicksal von Millionen ukrainischen Bürgern im Osten überlassen werden, solange deren Rettung möglich erscheint.

Es ist dem heroischen Kampf der Regierung in Kiew und von Hunderttausenden von tapferen Ukrainerinnen und Ukrainern zu verdanken, dass diese Hoffnung überhaupt noch besteht und dass die Welt die wahre Fratze Russlands zu sehen bekommt. Wer auch immer im Westen sich für Frieden und Gewaltlosigkeit in der Welt einsetzt, muss jetzt begreifen: Diese Ziele sind nicht durch Nachgeben und Verhandeln mit Wladimir Putin zu erreichen. Das Gegenteil wird damit befördert: Krieg, Zerstörung, Barbarei. Wer auf Frieden und Menschlichkeit hofft, muss alles tun, um der Ukraine zu helfen, die Invasoren aus ihrem Land zu vertreiben."

"Süddeutsche Zeitung", Deutschland: "Wer glaubt, die Ukraine könne mit Russland einen Frieden schließen, und der Krieg würde dann enden, der sollte sich ehrlich machen: Niemand in der Ukraine wird einen Frieden schließen, diese Bilder werden den Krieg in eine neue Dimension katapultieren. Auch die moralische Zwangslage des Westens wird härter und lässt sich allein durch neue Sanktionen nicht lösen. Russland unter Wladimir Putin bleibt der Paria der Staatenwelt.

Und wenn Nationen wie Indien oder China glauben, sie könnten ungeachtet der verbrecherischen Taten profitieren, dann betreiben sie lediglich die politische Zweiteilung der Welt. Dies ist ein enthemmter, totaler Krieg eines totalitären Regimes. Wer das immer noch nicht wahrhaben will, muss nach Butscha schauen."

"Rzeczpospolita", Polen: "Wir kennen noch nicht das ganze Ausmaß dieses russischen Verbrechens und viele seiner Details. Aber wir werden es herausfinden. Vor allem können wir es nicht begreifen. Es will einfach nicht in den Kopf. Wir kennen Ausdrücke wie 'Bestialität des Krieges', 'Barbarei der Besetzer', 'zu Tieren gewordene Soldaten', aber wir hatten die Hoffnung, dass sie sich in Europa für immer auf Ereignisse der Vergangenheit beziehen.

Nein, es ist die Gegenwart. Es ist der Alltag der russischen Armee bei ihrem Eroberungsfeldzug. Wir wissen, wer dafür verantwortlich ist. Genauso, wie wir wussten, wer für die Kriegsverbrechen im Jugoslawienkrieg in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verantwortlich war. Ein Teil der Täter wurde verurteilt. Warum sollen wir jetzt davon ausgehen, dass es nicht auch so sein wird? Weil die Russen Atomwaffen haben, und die bosnischen Serben damals nicht? Oder dürfen die russischen Kommandeure aus Butscha und Mariupol deshalb ruhig schlafen, weil hinter ihnen der wegen seiner Rohstoffe attraktive Kreml steht? Sind Schlächter und Massenmörder deshalb keine Schlächter und Massenmörder, weil ihr Land einen festen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat?"

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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