Proteste auf Insel Frankreich erwägt mehr Autonomie für Korsika
Bastia (dpa) - Nach zweiwöchigen Protesten und Ausschreitungen auf Korsika fasst die französische Regierung mehr Autonomie für die Mittelmeerinsel ins Auge.
Vor einer zweitägigen Reise auf die Insel sagte Innenminister Gérald Darmanin der Zeitung "Corse-Matin" am Mittwoch, er sei "bereit, bis zur Autonomie zu gehen". Darüber, wie diese Autonomie aussehen kann, müsse diskutiert werden. Es gehe um eine "beispiellose Diskussion um die institutionelle Frage". Zur Voraussetzung machte er allerdings die Wiederherstellung der Ruhe. Es könne in einer Demokratie unter dem Druck von Brandsätzen und der Allgegenwart der Ordnungskräfte keinen aufrichtigen Dialog geben.
Angriff auf Nationalisten lösten Proteste aus
Ausgelöst wurden die Proteste mit Dutzenden Verletzten durch den Angriff auf den 1998 wegen Mordes am damaligen Präfekten verurteilten Nationalisten Yvan Colonna. Ein Mitgefangener attackierte Colonna im Gefängnis in Arles vor rund zwei Wochen. Colonna liegt nun im Koma. Demonstranten warfen Frankreich vor, mitschuldig an dem Angriff auf Colonna zu sein. Sie stören sich daran, dass dieser nicht nach Korsika verlegt worden war.
Der Innenminister räumte im Interview mit "Corse-Matin" auch eine "Verantwortung" des Staates im Zusammenhang mit dem Angriff auf den nationalistischen Aktivisten ein. "Es gibt eine Verantwortung des Staates als Beschützer der Personen, die unter seiner Verantwortung stehen, in diesem Fall der Gefangenen."
Experten sehen den Grund der gewaltvollen Proteste eher darin, dass nationalistische Forderungen in den vergangenen Jahren nicht erreicht wurden und ein echter Dialog mit der Regierung in Paris nicht stattfindet.
Das Verhältnis zwischen Korsika und der Regierung in Paris gilt seit langem als schwierig. Jahrzehntelang kämpften korsische Separatisten für mehr Eigenständigkeit, oft mit Gewalt. Die Untergrundorganisation FLNC legte 2014 die Waffen nieder. Etwa zeitgleich gewannen gemäßigte Nationalisten politisch an Bedeutung. Mittlerweile haben sie die Mehrheit im Regionalparlament und fordern einen Autonomiestatus.