Treffen in Luxemburg Wirtschaftssanktionen: EU erhöht Druck auf Lukaschenko
Luxemburg (dpa) - Mit weitreichenden Wirtschaftssanktionen erhöht die EU den Druck auf den Apparat des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko.
Bei einem Treffen der Außenminister verständigten sich die 27 Mitgliedstaaten am Montag in Luxemburg darauf, die Kali- und Düngemittelindustrie der ehemaligen Sowjetrepublik sowie Mineralölunternehmen und den Finanzdienstleistungssektor des Landes ins Visier zu nehmen. Der Beschluss soll schon in den nächsten Tagen umgesetzt werden.
"Wir wollen auf die Art und Weise einen Teil dazu beitragen, dass dieses Regime finanziell ausgetrocknet wird", sagte Außenminister Heiko Maas (SPD). Solche Sanktionen brächten auch unerwünschte Nebenwirkungen für die deutsche Wirtschaft mit sich. "Wir werden auch im Energiebereich, wo es Verbindungen gibt, sicherlich betroffen sein." Dass viele Länder bereit seien, eigene Einbußen in Kauf zu nehmen, sei ein Zeichen dafür, dass man sehr entschlossen sei.
Unterstützer Lukaschenkos im Visier
Mit den Sanktionen reagiert die EU auf die anhaltenden Repressionen gegen Zivilgesellschaft und demokratische Opposition in Belarus (früher: Weißrussland) wie die Festnahme des regierungskritischen Bloggers Roman Protassewitsch. Minsk hatte dafür eine Passagiermaschine auf dem Weg zwischen den EU-Staaten Griechenland und Litauen zu einer Zwischenlandung gezwungen. Auch die USA, Großbritannien und Kanada verhängten weitere Strafmaßnahmen.
Bereits am Montag setzte die EU ein neues Sanktionspaket gegen direkte Unterstützer Lukaschenkos in Kraft. Es sieht vor, dass mit insgesamt 86 betroffenen Personen und Unternehmen keine Geschäfte mehr gemacht werden dürfen. Zudem wurden in der EU vorhandene Vermögenswerte eingefroren und Einreiseverbote verhängt.
Unter den betroffenen Unternehmen ist unter anderem die staatseigene Firma BelAZ, die zu den weltweit größten Herstellern großer Lastwagen und Kipplastern gehört. Betroffen sind auch Lukaschenkos Sohn Dmitri, Luftwaffenchef Igor Golub und Verteidigungsminister Viktor Chrenin. Die Wirtschaftssanktionen ziehen auch österreichische Banken in Mitleidenschaft, die in Belarus vergleichsweise stark aktiv sind.
Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja begrüßte die Sanktionen als "wichtiges Signal", das zeige, dass die Belarussen nicht alleine seien. "Heute hat die gesamte demokratische Welt beispiellose Einheit gezeigt."
Die Auswirkungen auf den Energiebereich in Deutschland ergeben sich demnach daraus, dass Belarus viele Erdölprodukte exportiert. Sie machten 2020 nach Angaben der belarussischen Botschaft rund 37 Prozent der Ausfuhren in die Bundesrepublik aus. Zudem richten sich die Sanktionen nach Angaben von Diplomaten gegen die Tabakindustrie sowie Unternehmen, die affen oder Überwachungstechnik anbieten.
Der belarussische Wirtschaftsminister Alexander Tscherwjakow kommentierte: "Natürlich wird es Verluste geben. Die Umleitung von Warenströmen kostet viel Geld." Die Strafmaßnahmen seien zugleich aber eine Chance, neue Märkte zu erschließen. Dass die Regierung einknickt, schloss er aus. "Wenn man die weltweite Praxis der Sanktionen analysiert, kommt man zur Erkenntnis, dass sie nie ihre politischen Ziele erreicht haben."
Tichanowskaja beteiligt
Die EU hält trotzdem daran fast. "Wir wollen die Freilassung der politischen Gefangenen, ein Ende der Gewalt gegen Protestierende und gegen die Opposition und einen inklusiven Dialog, an dem am Ende dann auch freie und faire Wahlen stehen", sagte Maas.
In Belarus gibt es seit der Präsidentenwahl am 9. August vergangenen Jahres Proteste gegen Lukaschenko. Bei Protesten gab es mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen. Menschenrechtler sprechen von Folter in den Gefängnissen. Gegen Lukaschenko selbst und Dutzende andere Unterstützer gibt es schon seit längerem Strafmaßnahmen.
Befürchtungen, dass die die Strafmaßnahmen Lukaschenko noch stärker in die Arme des russischen Präsidenten Wladimir Putin treiben, wurden in Luxemburg zurückgewiesen. Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja wurde von den Außenministern zu einem Frühstück empfangen. Tichanowskaja hatte zuvor schon immer wieder zu schärferen Strafmaßnahmen aufgefordert.