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Ex-Berater: Boris Johnson als britischer Premierminister ungeeignet


Ex-Berater teilt aus
"Johnson dachte, Corona sei nur eine Gruselgeschichte"

Von dpa
26.05.2021Lesedauer: 3 Min.
Boris Johnson am Mittwoch in London: Laut seinem ehemaligen Berater Dominic Cummings hat der britische Premierminister die Corona-Pandemie zu Beginn stark unterschätzt.Vergrößern des Bildes
Boris Johnson am Mittwoch in London: Laut seinem ehemaligen Berater Dominic Cummings hat der britische Premierminister die Corona-Pandemie zu Beginn stark unterschätzt. (Quelle: Frank Augstein/ap-bilder)

Herdenimmunität durch Infektionen, am besten auf Corona-Partys: Das soll der Plan der britischen Regierung zu Beginn der Corona-Pandemie gewesen sein. Das behauptet der ehemalige Top-Berater von Boris Johnson.

Der einst wichtigste Berater des britischen Premierministers Boris Johnson, Dominic Cummings, hat der Regierung katastrophales Versagen zu Beginn der Corona-Pandemie vorgeworfen. Johnson selbst habe das Virus völlig unterschätzt, sagte Cummings am Mittwoch vor Parlamentsabgeordneten in London. Der Regierungschef habe sich sogar absichtlich mit Corona infizieren lassen wollen, um zu zeigen, dass das Virus nicht gefährlich sei, behauptete Cummings. Johnson infizierte sich später tatsächlich mit dem Virus und musste tagelang auf einer Intensivstation behandelt werden.

Minister, Beamte und Berater seien "katastrophal hinter den Standards zurückgeblieben, die die Öffentlichkeit in einer Krise erwarten darf", sagte Cummings. "Als die Öffentlichkeit uns am meisten gebraucht hat, haben wir versagt." Die Regierung habe die Anzeichen der sich ausbreitenden Pandemie nicht erkannt, sagte Cummings, der damals Johnsons einflussreichster Berater war. Erst Ende Februar 2020 sei gesehen worden, dass die vorbereiteten Krisenpläne "hohl" seien. Die Regierung habe zu spät zu Homeoffice-Arbeit aufgerufen und Pubs sowie Sportstätten zu lange offen gelassen.

Regierung falsch besetzt

Laut Cummings gebe es "Abertausende" Menschen, die kompetenter seien als die derzeitige Regierung. Schuld sei das System, das Führungspersönlichkeiten wie Johnson oder den früheren Oppositionschef Jeremy Corbyn hervorbringe. Er bezog die Kritik ausdrücklich auch auf sich selbst. "Es ist einfach unglaublich, dass jemand wie ich dort gewesen sein sollte, genauso wie es unglaublich ist, das Boris Johnson dort war, und dass Jeremy Corbyn bei der letzten Wahl zur Abstimmung stand." Dabei gebe es unter den Berufsbeamten viele brillante Köpfe, doch zu viele Verantwortliche wie Johnson oder Gesundheitsminister Matt Hancock seien inkompetent. "Das Problem in dieser Krise war, dass immer wieder Löwen von Eseln geführt wurden."

Cummings entschuldigte sich bei den Angehörigen der Corona-Toten. Der Ex-Berater äußerte sich vor Mitgliedern zweier Unterhaus-Ausschüsse des britischen Parlaments. Er hatte die Regierung im November 2020 im Streit verlassen. Regierungsmitglieder werfen ihm einen Rachefeldzug vor.

"Neue Schweinegrippe"

Cummings sagte aus: "Im Februar (2020) dachte Boris Johnson, es sei nur eine Gruselgeschichte. Er dachte, das sei die neue Schweinegrippe." Weiter behauptete er, Johnson habe gesagt: "Ich werde (den medizinischen Chefberater) Chris Whitty dazu bringen, mir das Coronavirus live im Fernsehen zu injizieren, damit jeder merkt, dass es nichts ist, vor dem er Angst haben muss."

Der eigentliche Plan der Regierung sei es gewesen, eine Herdenimmunität zu erreichen. So habe der damalige oberste Spitzenbeamte Mark Sedwill Mitte März gesagt, Johnson solle die Bevölkerung zu Coronavirus-Partys aufrufen, ähnlich wie Eltern Windpockenpartys für ihre Kinder veranstalten. Das sei offizieller Rat des Gesundheitsministeriums gewesen, behauptete Cummings. Ressortchef Matt Hancock hätte wiederholt gefeuert werden müssen, er habe in vielen Fällen "gelogen", etwa über die Beschaffung von Schutzausrüstung. Das hätten Cummings und andere ranghohe Personen Johnson wiederholt gesagt. Hancock ist nach wie vor im Amt.

Johnson verteidigte dagegen seine Corona-Politik. "Wir haben in jeder Phase versucht, den Verlust von Menschenleben zu minimieren", sagte Johnson im Parlament. Der Umgang mit der Pandemie sei "entsetzlich schwierig". Johnson betonte: "Keine der Entscheidungen war einfach. Es ist für jede Region traumatisch, in einen Lockdown zu gehen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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