Politische Schwergewichte unterlegen Überraschende Übergangsregierung für Libyen gewählt
Ein neuer Ministerpräsident soll mit einem dreiköpfigen Präsidium das Bürgerkriegsland zu landesweiten Wahlen führen. Allerdings ist unklar, wie General Chalifa Haftar auf diese Wahl reagieren wird.
Die Konfliktparteien in Libyen haben eine neue Übergangsregierung gewählt, die den Weg zu landesweiten Wahlen in dem Bürgerkriegsland ebnen soll. Die Teilnehmer eines libyschen Dialogforums stimmten unter UN-Aufsicht in der Schweiz über einen neuen Ministerpräsidenten und ein dreiköpfiges Präsidium ab. Mit diesen vier Posten sollen die seit Jahren verfeindeten Lager aus dem Osten und Westen geeint werden. Neuer Ministerpräsident wird dem Votum zufolge der Aktivist und Geschäftsmann Abdul Hamid Dbaiba. "Das libysche Volk will leben", hatte er beim UN-Forum gesagt.
Die neue Exekutivbehörde soll die Sarradsch-Regierung und die Gegenregierung im Osten des Landes ersetzen, die den General Chalifa Haftar bei seiner Offensive auf Tripolis unterstützte. Fayiz Al-Sarradsch, derzeit auch Vorsitzender des libyschen Präsidialrats, kandidierte nicht.
Landesweite Wahlen Ende Dezember
Wer das ölreiche Land nach den Wahlen am 24. Dezember regieren wird, ist offen. Die Kandidaten für die Übergangsregierung verpflichteten sich, dabei nicht anzutreten. Sie versprachen auch, das Ergebnis der Wahl vom Freitag anzuerkennen. Beobachter fürchten dennoch, dass die Machtkämpfe anhalten könnten. Zudem ist unklar, wie Haftar und seine selbst ernannten Libysche Nationalarmee auf die Wahl reagieren werden.
Bürgerkrieg in Libyen: Vor rund zehn Jahren ist in Libyen nach dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Das Land ist über die Zeit in zwei verfeindete Lager zerfallen. Seit der Offensive auf Tripolis im Juni gibt es kaum noch größere Kampfhandlungen, seit Oktober herrscht Waffenruhe. Die Truppen und Verbündeten beider Seiten sind aber weiter an den Fronten. Auch andere Staaten wie Russland und die Türkei befeuern den Konflikt weiter.
Wahlliste von politischen Schwergewichten unterlegen
Um die Posten hatten sich 45 Kandidaten beworben. Das Ergebnis stand am Freitag erst nach einer knappen Stichwahl und mehreren Wahlgängen fest. Dabei unterlag überraschend die Wahlliste von zwei politischen Schwergewichten: dem ostlibyschen Parlamentsvorsitzenden Agila Saleh und von Innenminister Fathi Baschagha. Saleh gilt als neue Führungsfigur im Osten nach der gescheiterten Offensive auf Tripolis von General Chalifa Haftar.
Zu dem Forum hatte die UN-Unterstützungsmission für Libyen (UNSMIL) 75 Libyer eingeladen, die verschiedene politische, regionale und Stammes-Gruppen vertreten. Die amtierende UN-Vermittlerin für Libyen, Stephanie Williams, hatte ein "offenes und transparentes Auswahlverfahren" versprochen. Die Sitzungen, bei denen Kandidaten sich vorstellten und auch Fragen aus der Bevölkerung beantworteten, wurden im Internet übertragen.
- Nachrichtenagentur dpa