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Boris Johnson auf "geheimer Mission" in Schottland unterwegs


Appell an britische Einheit
Johnson auf "geheimer Mission" in Schottland unterwegs

dpa, Benedikt von Imhoff

Aktualisiert am 28.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Da war er noch willkommen: Nicola Sturgeon begrüßt Boris Johnson im Juli 2019 im schottischen Edinburgh.Vergrößern des Bildes
Da war er noch willkommen: Nicola Sturgeon begrüßt Boris Johnson im Juli 2019 im schottischen Edinburgh. (Quelle: Jane Barlow/PA Wire/dpa-bilder)

Erwünscht ist Boris Johnson in Schottland nicht. Dennoch fährt der britische Premier hin, um für die Einheit des Königreichs nach dem Austritt aus der EU zu werben. Ob das aktuell eine gute Idee ist?

Ein wenig wirkt es wie eine Geheimoperation in Feindesland. Gegen den Willen der Regionalregierung ist der britische Premierminister Boris Johnson in den nach Unabhängigkeit strebenden Landesteil Schottland aufgebrochen. Der Besuch am Donnerstag, der kurzfristig angekündigt wurde – ohne Begleitung von Medienvertretern –, war auch als Appell an die Einheit des Landes geplant.

Entgegen aller Gepflogenheiten wurde dabei kein Treffen mit der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon erwartet, die die Loslösung der Region von Großbritannien vorantreibt. Vielmehr betonte Sturgeon, der Trip aus London in die Hunderte Kilometer entfernten Städte Glasgow und Edinburgh während der Pandemie sei "nicht notwendig" und Johnson diene damit nicht als Vorbild.

In Schottland gelten wie in anderen Landesteilen scharfe Ausgangs- und Reisebeschränkungen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Dass Johnson dennoch fahre, zeige, dass der Premierminister "in Panik" sei, hieß es aus Sturgeons Schottischer Nationalpartei (SNP).

Mehrheit der Schotten will zurück in die EU

In Schottland befürwortet Umfragen zufolge seit Monaten eine Mehrheit der Menschen die Unabhängigkeit. Ein Grund ist der Brexit: Bei der Abstimmung über den EU-Austritt 2016 hatten die Schotten deutlich für den Verbleib in dem Staatenbund gestimmt. Sturgeon will das Land zurück in die EU führen. In einem ersten Unabhängigkeitsreferendum hatte sich 2014 eine knappe Mehrheit für die Einheit ausgesprochen, eine zweite Volksbefragung lehnt Johnson vehement ab. Sturgeon hingegen betont, wegen des EU-Austritts hätten sich die Voraussetzungen geändert.

Nun will Johnson vor allem mit dem Einsatz der Zentralregierung punkten. "Die großartigen Vorteile der Kooperation des gesamten Vereinigten Königreichs sind niemals deutlicher geworden als seit Beginn der Pandemie", sagte Johnson einer Mitteilung in der Nacht zum Donnerstag zufolge. Die Regierung in London habe Wirtschaft und Gesundheitssystem in Schottland mit Milliarden Pfund unterstützt.

Passend dazu gab Johnson am Donnerstag bekannt, dass das Biotech-Unternehmen Valneva an seinem Sitz im schottischen Livingston mit der Produktion eines Corona-Impfstoffes begonnen habe. "Wir haben uns 60 Millionen Dosen gesichert, die bis Jahresende geliefert werden sollen", twitterte Johnson. Voraussetzung sei die Zulassung des Impfstoffs.

London hält Kritik für unangebracht

Doch der Graben zwischen der Zentralregierung und der schottischen Führung ist groß. In London nutzte Staatsminister Michael Gove am Donnerstagmorgen mehrere Interviews nicht nur, um den Besuch Johnsons zu verteidigen, sondern auch für Angriffe gegen die Regierung in Edinburgh. "Wenn der Premierminister andere Teile des Vereinigten Königreichs besucht, kritisieren ihn andere politische Führer nicht, sondern heißen ihn und andere Minister willkommen, die die Ärmel hochkrempeln und mit denen vor Ort in Kontakt treten", sagte Gove dem Sender Sky News. Auch die größte Oppositionsfraktion, die Labour-Partei, stellte sich hinter den Premierminister.

Im Zentrum steht aber die Person Johnson. Der Regierungschef sei "ein riesiges Plus" für die Einheit, sagte Gove der BBC. Dieses Argument aber könnte nach Ansicht von Experten nach hinten losgehen – schließlich war Johnson im Brexit-Streit das Gesicht der "Leave"-Bewegung – also des Lagers, das für einen Brexit war. "Schottland hat diese Tory-Regierung nicht gewählt, wir haben nicht für den Brexit gestimmt und sicherlich haben wir nicht Boris Johnson gewählt", sagte SNP-Vize Keith Brown.

Doch auch die Pandemie spielt eine wichtige Rolle – aber anders, als Johnson hofft. Wie der Politikwissenschaftler John Curtice von der Glasgower Universität Strathclyde betont, ist nur geringer Teil der Schotten mit Johnsons Krisenmanagement in der Corona-Pandemie zufrieden. Seine Widersacherin Sturgeon erhält indes Bestnoten. Johnsons Besuch ist nun ein weiterer Teil im schottischen Drama. Was – um die Werke des großen Dichters William Shakespeare zu zitieren – als "Der Widerspenstigen Zähmung" geplant sein könnte, dürfte letztlich nur "Verlorene Liebesmüh" sein.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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