Hunderttausende auf der Flucht Afrika kämpft nicht nur gegen die Corona-Pandemie
In vielen afrikanischen Staaten toben Bürgerkriege, die Sicherheitslage verschlechtert sich zusehends, Hunderttausende fliehen. Und dann ist da auch noch die Virus-Mutation.
Mit einer deutlich sichtbaren Blutspur ist Europas Nachbarkontinent Afrika ins neue Jahr gestartet. Die Bilanz der ersten Tage ist erschreckend: mindestens 102 Tote und drei Dutzend Verletze bei einem Blutbad im Niger, im Nachbarland Mali drei tote Franzosen, fünf Todesopfer in Somalia, mindestens 43 im Ost- Kongo und diverse Opfer durch Rebellen in der Zentralafrikanischen Republik.
Der oft religiös motivierte Extremismus ist in Afrika auf dem Vormarsch. Im Kern geht es vielen Extremisten um Macht und auch Ressourcen. "Die Waffen zum Schweigen bringen" – das Mitte 2020 verkündete Leitmotiv von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa bei der Übernahme der AU-Präsidentschaft – hat sich damit nicht erfüllt.
"Es gibt keine schnelle militärische Lösung"
Im Gegenteil: "Die Sicherheitslage hat sich im Berichtszeitraum weiter verschlechtert", heißt es in einem gerade veröffentlichen UN-Bericht zum Krisenstaat Mali, in dem auch die Bundeswehr an einer Friedensmission beteiligt ist. Nimmt man die zunehmenden Spannungen am Horn von Afrika sowie den Terror im Norden von Mosambik hinzu, so ergibt sich im Einklang mit der bedrückten Wirtschaftlage dank der Corona-Restriktionen ein eher pessimistisches Gesamtbild. Und doch blitzt zum Jahresbeginn für Afrika auch ein Hoffnungsschimmer auf: Der Start der von der Afrikanischen Union (AU) beschlossenen Freihandelszone ist ein symbolischer Akt von höchster Bedeutung – richtig umgesetzt, könnte er Millionen Menschen aus der Armut reißen.
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Doch noch ist das Zukunftsmusik. Denn die darniederliegende Wirtschaft vieler Staaten hat sich durch die Corona-Beschränkungen in vielen Ländern verschlechtert. Vom Tourismus bis zur Landwirtschaft, von der Logistik bis zum Automobilbau: überall gibt es Kurzarbeit, Entlassungen, Geschäftsaufgaben. Damit schwellen die beeindruckenden Arbeitslosenzahlen weiter an – und mit ihnen die Verzweiflung, die viele junge Leute brutalen, radikalen Islamisten in die Arme treibt.
"Der einzige nachhaltige Weg, den gewalttätigen Extremismus zu bekämpfen, ist das Angehen einiger der Faktoren, wie vor allem den Mangel an Entwicklung und ökonomischer Chancen", erklärte der US-Sonderbeauftragte für die Sahelzone, Botschafter Peter Pham, Anfang Januar und betonte: "Es gibt keine schnelle militärische Lösung." Die USA beteiligten sich in engem Schulterschluss mit den Franzosen und Anderen auch weiterhin mit militärischer Aufklärung an diesem Kampf gegen eine Ausbreitung des Terrorismus. Doch die Uhr tickt.
Halbe Million Menschen sind auf der Flucht
Im Norden von Mosambik wird das deutlich, wo die Vertriebenenzahl nach Attacken auf Städte und Dörfer laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) auf gut eine halbe Million Menschen gestiegen ist. Seit drei Jahren leidet die Bevölkerung in der erdgasreichen Provinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks unter brutalen Angriffen.
Dort nahmen die Angriffe bewaffneter Gruppen derart zu, dass der französische Total-Konzern bereits Teile seines Personals vorsorglich von einem dort angesiedelten Flüssigerdgas-Projekt abzog. Es stellte eines der größten Investitionen in dem Land dar und soll ihm dank der reichen Erdgasvorkommen vor der Küste einmal aus der Armut verhelfen. Die Rebellion hat Experten zufolge ihre Wurzeln in den Missständen der armen Region. Sie wird auch zunehmend von einer Gruppierung mit Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) dominiert.
- Nachrichtenagentur dpa