Ab Donnerstag Italien verhängt Ausgangssperren und Reisebeschränkungen
Rom (dpa) - Nächtliche Ausgangssperren und Risikozonen mit Reiseverboten: Im Kampf gegen die zweite Corona-Welle schränkt die Regierung in Rom die Bewegungsfreiheit der 60 Millionen Bürger ab Freitag verstärkt ein.
Die Ausgangssperre gilt von 22.00 Uhr abends bis 5.00 Uhr morgens. Außerdem teilt die Regierung das Land in drei Risikozonen ein und erlässt Teil-Lockdowns für besonders gefährdete Gebiete. Das geht aus dem Dekret hervor, das Ministerpräsident Giuseppe Conte in der Nacht zum Mittwoch unterschrieben hat.
Anfangs sollte das Dekret am Donnerstag in Kraft treten. Am Abend verschob der Regierungschef den Start überraschend auf Freitag. Die Vorbereitung brauche noch Zeit.
In den Zonen mit hohem oder sehr hohem Risiko - sie werden meist als orange und rote Zonen bezeichnet - wird das Verlassen des Wohnorts und der Region beschränkt. Als Ausnahmen gelten die Arbeit oder medizinische Gründe. Zudem müssen dort Bars und Restaurants schließen.
Die Verschärfung gilt zunächst für vier Wochen bis zum 3. Dezember. Im ganzen Land müssen alle Museen schließen. Öffentliche Verkehrsmittel dürfen nur noch halbvoll sein. Höhere Schulen und Universitäten müssen auf Online-Unterricht umstellen. Einkaufszentren sollen am Wochenende großteils dicht sein.
Mit dem Prinzip der drei Risikozonen will Rom gezielter auf regionale Unterschiede bei der Corona-Entwicklung eingehen, aber einen strengen nationalen Lockdown wie bei der ersten Welle verhindern. Zur Festlegung der Zonen sollen rund 20 Kriterien herangezogen werden, darunter die Infektionszahlen. Außerdem soll die Belastung und Qualität des Gesundheitssystems eine Rolle spielen.
In den roten Zonen mit sehr hohem Corona-Risiko gehen die Verbote am weitesten: Dort sollen viele Geschäfte ganz geschlossen bleiben. Ausgenommen sind unter anderem Lebensmittelläden und Apotheken. Außerdem sollen auch einige jüngere Schüler nur per Internet lernen.
Conte kündigte am Abend im Fernsehen an, dass die wirtschaftsstarke Lombardei und das Piemont sowie das Aostatal zu den roten Zonen gehören sollen. Im Süden werde Kalabrien zur Hochrisikozone Südtirol war von sich aus schon am Mittwoch mit einem Teil-Lockdown gestartet.
Als orange Regionen mit ebenfalls strengen Restriktionen sollten nach Angaben Contes Apulien und Sizilien im Süden eingestuft werden.
Einen nationalen Lockdown wie im Frühjahr lehnt Contes Mitte-Links-Regierung bisher ab. Damals durften die Menschen in ganz Italien viele Wochen nur aus triftigen Gründen ihre Wohnung verlassen. Unternehmen standen still. Italiens Wirtschaftskraft brach massiv ein. Jetzt forderte Rom Bürger und Firmen auf, so viel wie möglich im Homeoffice zu arbeiten.
Contes Kabinett hatte die Maßnahmen zum Corona-Schutz im Laufe des Oktobers bereits mehrfach verschärft. Bars und Restaurants dürfen nur noch bis 18 Uhr servieren. Es gilt Maskenpflicht. Gegen die Vorschriften gab es massive, teils gewaltsame Proteste.
Das Mittelmeerland registrierte am Mittwoch 30.550 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Diese Zahl lag unter den Höchstwerten der Vorwoche. In Italien steckten sich im Schnitt Ende Oktober in einer Woche bezogen auf 100.000 Einwohner etwa 167 Menschen mit dem Virus an. Der sogenannte R-Wert, der anzeigt, wie viele andere Menschen ein Infizierter ansteckt, lag im Landesschnitt bei 1,7.