Nach Brand in Moria EU-Parlament macht Druck bei Asylreform
Brüssel (dpa) - Das Europaparlament macht mit Blick auf die seit Jahren blockierte Asylreform Druck auf die EU-Staaten.
Nach der Brandkatastrophe im griechischen Flüchtlingslager Moria forderten die Abgeordneten, dass sich die Länder endlich auf eine langfristige Lösung einigen müssten. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson betonte, Situationen wie in Moria dürften sich nicht wiederholen. "Keine weiteren Morias!", forderte sie.
Dies sei eines der Ziele der neuen Migrations- und Asylpolitik, für die die EU-Kommission am Mittwoch einen neuen Vorschlag vorlegen werde, sagte Johansson. "Wir sollten nicht akzeptieren, dass Menschen unter diesen Bedingungen leben." Die EU-Abgeordneten forderten mehr langfristige Hilfe für Griechenland.
Es könne nicht nur "Ad-hoc-Solidarität" nach dem Brand in Moria geben, sagte Roberta Metsola aus der christdemokratischen EVP-Fraktion. Nach Angaben der EU-Kommission hat Griechenland zur Bewältigung der Migration seit 2015 bereits mehr als 2,6 Milliarden Euro erhalten.
Der Großteil der Parlamentarier zeigte sich bestürzt und entrüstet über die Situation auf Lesbos sowie den anderen griechischen Inseln. Sie kritisierten außerdem, dass zur Debatte kein Vertreter der EU-Staaten im Plenum war. Normalerweise beteiligt sich stets die EU-Ratspräsidentschaft an den Debatten - derzeit hat Deutschland den Vorsitz der EU-Staaten inne.
Im Mittelmeer, wo Hilfsorganisationen zufolge regelmäßig in Seenot geratene Migranten ertrinken, gingen auch das europäische Projekt und die Würde unter, sagte die Vorsitzende der Sozialdemokraten, Iratxe García Pérez. Die Liberale Sophia In 't Veld sagte, Moria sei kein Politikversagen, sondern Politik mit dem Ziel der Abschreckung. Terry Reintke (Grüne) trug Worte eines afghanischen Mannes aus Moria vor. Diese schilderten die unwürdige Situation vor Ort. "Würden Sie hier mit ihren Lieben auf dem Boden schlafen?"
Das Flüchtlingslager Moria war vergangene Woche bei einem Brand fast vollständig zerstört worden. Rund 13.000 Migranten wurden obdachlos. Die griechische Polizei begann am Donnerstagmorgen damit, die verbliebenen Migranten aus dem abgebrannten Camp zu holen.
Sie sollen in das neue, provisorische Zeltlager Kara Tepe ziehen, das die Behörden errichtet haben. Bislang seien etwas mehr als 3000 Menschen eingezogen, berichteten griechische Medien. Die Aktion der rund 170 Beamten lief bis zum Donnerstagmittag demnach ohne Zwischenfälle ab.
Johansson betonte, die völlig überfüllten Lager auf den griechischen Inseln seien in den vergangenen Monaten bereits entlastet worden. Nach dem Brand der vergangenen Woche hätten zwölf EU-Staaten Hilfe in Form von Sanitäranlagen, medizinischer Versorgung oder Unterkünften geleistet. Insgesamt seien unter Koordinierung der EU-Kommission mehr als 100 000 Gegenstände zusammengekommen. Zudem würden nun die verbleibenden unbegleiteten Minderjährigen auf den anderen Inseln in Sicherheit gebracht. Ein Kommissionssprecher präzisierte auf Anfrage, dass 250 Minderjährige mit finanzieller Unterstützung der EU-Kommission aufs Festland gebracht würden.
Das Wichtigste sei nun, die Menschen auf Lesbos mit Lebensmitteln, Unterkünften und Medizin zu versorgen, sagte Johansson. "Ein neues, dauerhaftes und angemessenes Center ist die Priorität." Neue Flüchtlingslager wie Moria dürfe es hingegen nicht geben. "Wir brauchen einen Neustart bei der Migration. Und dies ist der richtige Zeitpunkt." Denn: "Moria ist nicht normal, aber Migration ist normal. Es ist etwas, das wir bewältigen können." Dazu müsse jedes EU-Land seinen Beitrag leisten.
Wie diese aussehen könnte, hatte Kommissionschefin Ursula von der Leyen bereits am Mittwoch in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union grob skizziert. Dabei appellierte sie auch an die Kompromissbereitschaft der EU-Staaten, die seit Jahren über eine gemeinsame Migrationspolitik streiten. Knackpunkt ist vor allem die Verteilung Schutzsuchender.
Die Vorschläge der Kommission, über die EU-Staaten und Europaparlament dann noch verhandeln müssen, sollen die Blockade nun lösen. Mit einem neuen "Migrationspakt" sollen nach Vorstellung der EU-Kommission Asyl- und Rückführungsverfahren enger verknüpft, Schleuser stärker bekämpft und der Schutz der Außengrenzen verbessert werden. Außerdem soll es engere Partnerschaften mit Drittländern geben. Von der Leyen und auch Johansson betonten zudem, dass jene Staaten an den Außengrenzen, die vom derzeitigen System besonders belastet sind, nicht allein gelassen werden dürften.