Wieder Randale in Paris? Jahrestag der Proteste: "Gelbwesten" demonstrieren in Paris
Paris (dpa) - Zum ersten Jahrestag der "Gelbwesten"-Proteste ist es in Paris wieder zu massiven Ausschreitungen gekommen. Im Süden der Stadt gingen am Samstag Fahrzeuge und Absperrungen in Flammen auf, Schaufenster wurden eingeschlagen und Barrikaden errichtet.
Polizeipräsident Didier Lallement sprach von "systematischen Angriffen auf Sicherheitskräfte und Feuerwehrleute". Ein Großteil der Randalierer war vermummt, nur wenige trugen eine gelbe Warnweste, das Erkennungszeichen der "Gelbwesten".
Am Wochenende des 17. Novembers vor einem Jahr fanden die ersten großen landesweiten Proteste der "Gelbwesten" in Frankreich statt. Die "Gelbwesten" protestierten gegen soziale Ungerechtigkeit und die Politik von Präsident Emmanuel Macron. Vor allem in Paris kam es immer wieder zu heftigen Ausschreitungen. In den vergangenen Monaten verlor die Bewegung massiv an Zulauf. Zum Jahrestag sind landesweit zahlreiche Aktionen der "Gelbwesten" über das gesamte Wochenende geplant.
Nach offiziellen Angaben des Innenministeriums gingen in ganz Frankreich 28 000 Menschen auf die Straße, davon 4700 in Paris. Zum Vergleich: Am ersten großen Demonstrationswochenende vor einem Jahr waren es mehr als 280 000 "Gelbwesten", in den darauffolgenden Wochen mehr als hunderttausend. Damit kommt die aktuelle Mobilisierung etwa an die Zahlen vom Frühjahr heran und ist deutlich höher als in den vergangenen Wochen. Die "Gelbwesten" selbst geben etwas höhere Teilnehmerzahlen an.
Die Polizei wollte Krawalle wie in der Vergangenheit unbedingt verhindern. Auf der Prachtmeile Champs-Élysées und anderen Orten in der Hauptstadt sind Demonstrationen verboten. Zahlreiche Metro-Stationen in Paris bleiben am Wochenende geschlossen. Die Polizei beschlagnahmte bei ihren Kontrollen etwa Feuerwerkskörper, Helme und Gasmasken. Zahlreiche Menschen wurden festgenommen.
Im Süden von Paris, am Place d'Italie, eskalierte die Lage am Vormittag schnell. Vermummte lieferten sich einen regelrechten Straßenkampf mit den Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Ein großes Einkaufszentrum am Place d'Italie blieb geschlossen. Polizeipräsident Lallement betonte, dass die Gewalt von Personen begangen würde, die nicht gekommen seien, um eine Sache zu verteidigen.
Eigentlich sollte am Nachmittag vom Place d'Italie ein angemeldeter Demonstrationszug starten. Die Polizei verlangte die Absage der Demo. Lallement ermutigte die Demonstranten, den Platz zu verlassen. Er betonte, dass die Pariser Polizei die Lage unter Kontrolle habe. Auch wenn die Bilder vom Place d'Italie spektakulär seien, sei es im Rest der Hauptstadt ruhig.
Kurzzeitig hatten am Morgen einige Hundert "Gelbwesten" die Pariser Ringautobahn im Nordwesten der Stadt blockiert. Die Polizei löste die Blockade aber schnell auf. Auch an der Porte de Champerret und am Place de Clichy im Norden von Paris versammelten sich zahlreiche Demonstranten. Sie zogen dort weitgehend friedlich durch die Straßen. In anderen Regionen Frankreichs gab es ebenfalls Demonstrationen, die zum großen Teil ohne Zwischenfälle verliefen.
In der Vergangenheit hatten sich immer wieder Randalierer unter die "Gelbwesten" gemischt. Viele Anhänger der Bewegung besetzten zur Hochzeit der Proteste friedlich Kreisverkehre und Straßen. Die Gewalt eskalierte mehrmals in der Hauptstadt, dort herrschte an den ersten Demonstrationswochenenden regelrechter Ausnahmezustand.
Auch in Belgien demonstrierten Gelbwesten zum Jahrestag ihrer Bewegung. In Namur im Süden des Landes protestierten am Samstagnachmittag rund 100 Menschen friedlich, wie die Polizei der Nachrichtenagentur Belga mitteilte. Bereits am Vorabend hatten sich laut Belga etwa 50 Menschen vor einem Kraftstoffdepot bei Feluy südlich von Brüssel versammelt und einige Lastwagen gestoppt. Die Polizei war vor Ort, Zwischenfälle oder Festnahmen gab es aber laut Belga nicht. Vor einem Jahr hatte sich wie in Frankreich auch eine Gelbwesten-Bewegung im Nachbarland Belgien formiert. Das Depot von Feluy war damals eines der Zentren des Protests.