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Tunesien: Kais Saied – Ein Hoffnungsträger der Jugend wird Präsident


Wahlsieger Kais Saied
Ein Hoffnungsträger der Jugend wird Präsident in Tunesien

Von dpa
14.10.2019Lesedauer: 3 Min.
Kais Saied nach seiner Stimmabgabe am Sonntag: Der 61 Jahre alte frühere Juraprofessor erhielt mehr als 72 Prozent der Stimmen.Vergrößern des Bildes
Kais Saied nach seiner Stimmabgabe am Sonntag: Der 61 Jahre alte frühere Juraprofessor erhielt mehr als 72 Prozent der Stimmen. (Quelle: Zoubeir Souissi/Reuters-bilder)

Tunesien hat sich für einen Polit-Neuling als Präsidenten entschieden: Der parteilose Juraprofessor Kais Saied hat seinen Wahlsieg vor allem jungen Leute zu verdanken – und verspricht eine "Revolution".

Mit einer überwältigenden Mehrheit ist der parteilose Verfassungsrechtler Kais Saied zum neuen tunesischen Präsidenten gewählt worden. Der 61 Jahre alte frühere Juraprofessor habe 72,71 Prozent der Stimmen bekommen, teilte die Obere unabhängige Wahlbehörde ISIE am Dienstagabend mit. Der ebenfalls in die Stichwahl eingezogene Medienunternehmer Nabil Karoui kam nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf 27,29 Prozent der Stimmen.

Bereits am Sonntag hatten Tausende Tunesier den Ausgang der Wahl auf der zentralen Prachtstraße in der Hauptstadt Tunis, der Avenue Bourguiba, gefeiert. Nachwahlbefragungen von zwei Umfrageinstituten hatten den Wahlsieg von Kais Saied bereits vorausgesagt. Saied selbst bezeichnete den Sieg als "Revolution innerhalb des Verfassungsrahmens".

Umbruch des politischen Systems in Tunesien

Das politische System in Tunesien steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Mit dem früheren Juraprofessor Kais Saied steht nicht nur ein Mann an der Spitze des Staates, der noch nie ein wichtiges politisches Amt innehatte. Auch bei der Parlamentswahl vergangenes Wochenende waren die etablierten Parteien abgestraft worden. Daraus resultiert ein zersplittertes Parlament. Die 217 Sitze teilen sich sieben Parteien und insgesamt 37 einzelne Abgeordnete.

Unterstützung für sein politisches Projekt bekam Kais Saied vor allem von Intellektuellen und jungen Tunesiern. Rund 90 Prozent der 18-25 Jahre alten Wähler hätten ihre Stimme für den Verfassungsrechtler abgegeben, teilte das Meinungsforschungsinstitut Sigma Conseil mit.

"Referendum gegen die Korruption"

Saied wurde 1958 in Ariana nahe der Hauptstadt Tunis geboren. Die meiste Zeit seines Berufslebens verbrachte er als Juraprofessor an einer Universität in Tunis. Er gehörte nach der Revolution von 2011 der Kommission an, die das Parlament bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung beraten hatte.

Tunesiens amtierender Regierungschef Youssef Chahed bezeichnete die Wahl auch als "eine Art Referendum gegen die Korruption". Tunesien habe der Welt gezeigt, wie ein friedlicher Übergang möglich sei, sagte Chahed.

Saied hatte den Kampf gegen die Korruption immer wieder während des Wahlkampfs betont. Zudem wolle er den Tunesiern mehr politische Gestaltungsmöglichkeiten geben und die Dezentralisierung vorantreiben. Kritiker warfen ihm erzkonservative Positionen in Bezug auf die Todesstrafe, Homosexualität und die Gleichberechtigung von Mann und Frau vor.

Politische Macht liegt größtenteils beim Premierminister

Nach der Revolution von 2011 hatte Tunesien zwar weitreichende demokratische Reformen eingeleitet. Das Land kämpft aber mit massiven wirtschaftlichen Problemen. Besonders die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Fast jeder Dritte Hochschulabsolvent findet keinen passenden Job.

Der Präsident hat im politischen Systems Tunesiens nur eingeschränkte Befugnisse. Er ist aber für die Leitlinien der Außen- und Sicherheitspolitik verantwortlich. Die politische Macht liegt größtenteils beim Premierminister und dessen Regierung. Saied hatte immer wieder betont, auch als Präsident unabhängig von den Parteien bleiben zu wollen.


Der große Zuspruch bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl gebe Saied viel Legitimität, meinte der politische Analyst Salah Eddine Jorshi. "Das macht ihn zu einem starken Präsidenten." Eine der ersten Amtshandlungen des frisch gewählten Präsidenten ist die Beauftragung einer Partei zur Regierungsbildung. Angesichts der schwierigen Sitzverteilung könnte dies eine schwierige Aufgabe werden, fürchten Beobachter.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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