Geschichten über erfolgreiche Frauen Coco Chanel und Sophie Scholl – Kinderbuch nun auf türkischem Index
Ein Kinderbuch über berühmte Frauen hat laut den türkischen Behörden "einen schädlichen Einfluss auf den Geist" von Kindern und Jugendlichen. Es wird nun genauso behandelt wie Pornografie.
Die türkischen Behörden haben ein weltweit millionenfach verkauftes Kinderbuch über erfolgreiche Frauen als jugendgefährdend eingestuft. Der Bestseller "Good Night Stories for Rebel Girls" – in Deutschland mit dem Untertitel "100 außergewöhnliche Frauen" verkauft – wird nach einer Entscheidung der Regierungsbehörde zum Schutz von Minderjährigen vor obszönen Schriften künftig genauso behandelt wie Pornografie: Das Buch darf nur an Erwachsene verkauft und in Buchläden nicht gezeigt werden.
Biografien berühmter Frauen
"Good Night Stories for Rebel Girls" erzählt kurz und kindgerecht die Biografien berühmter Frauen, die Vorbildliches oder Erstaunliches erreicht haben. Zu den Protagonistinnen zählen unter anderem die deutsche Widerstandskämpferin Sophie Scholl, die Designerin Coco Chanel, die Malerin Frida Kahlo oder auch Herrscherinnen, Politikerinnen und Abenteurerinnen. Das Buch war 2016 per Crowdfunding-Kampagne auf den Markt gebracht worden und wurde seither in 47 Sprachen übersetzt.
Einige Inhalte des Werkes mit Kurzporträts von Frauen wie Florence Nightingale, Coco Chanel oder Beyoncé hätten "einen schädlichen Einfluss auf den Geist von unter 18-Jährigen", entschied die Behörde. Eine der Autorinnen des Buches, Francesca Cavallo aus den USA, äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung: "Mädchen verdienen es, mit weiblichen Vorbildern aufzuwachsen. Sie verdienen es, mit der Überzeugung aufzuwachsen, dass sie alles werden können, was sie wollen."
Wenn eine Regierung "Angst vor einem Kinderbuch hat, das für Gleichstellung wirbt", zeige dies, wie wichtig das Buch sei. Laut Cavallo stieß das Buch bislang nur in Russland auf Schwierigkeiten, wo eine Geschichte über ein Transgender-Mädchen der Zensur zum Opfer fiel.
Menschenrechtsverband besorgt
Es zeige die Geisteshaltung der türkischen Regierung, dass sie Frauen für gefährlich halte, die Grenzen überwinden, sagte Murat Celikkan vom Menschenrechtsverband in Istanbul. Dies mache ihm "Sorgen um die Zukunft meiner fünfjährigen Tochter in diesem Land".
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Der türkische Verlegerverband erklärte, die Behördenentscheidung gefährde die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die "Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft".
- Nachrichtenagentur AFP