Größter Protest seit 1989 250.000 Tschechen demonstrieren gegen Regierungschef
Berichte über Korruption, ein Misstrauensvotum im Parlament – und jetzt gehen hunderttausende Menschen in Prag gegen Regierungschef Andrej Babis auf die Straße.
Bei der größten Demonstration in Prag seit 30 Jahren haben mehrere Hunderttausend Menschen gegen die Regierung protestiert. Die Veranstalter vom Netzwerk "Eine Million Augenblicke für Demokratie" sprachen von mindestens 250.000 Teilnehmern, die sich am Sonntagnachmittag auf der Letna-Ebene oberhalb der Moldau versammelten. Die Mobilfunkdienste fielen wegen Überlastung aus. Eine U-Bahn-Station musste wegen des Andrangs gesperrt werden.
Die Demonstranten forderten unabhängige Ermittlungen gegen Regierungschef Andrej Babis von der populistichen Partei ANO und seinen sofortigen Rücktritt. Hintergrund sind Berichte, dass der Großunternehmer und Multimilliardär als Politiker in einem Interessenskonflikt stehen und unrechtmäßig von EU-Subventionen profitiert haben soll.
Neue Proteste angekündigt
Die Teilnehmer hielten Schilder mit der Aufschrift "Demission" hoch und riefen in Sprechchören: "Wir sind da!". "Wir haben es satt, was Babis macht, wie er das Land führt", sagte die 39-jährige Mila Stiburkova, die wie unzählige andere Demonstranten extra nach Prag gereist war. Er streiche Geld ein und halte Menschen zum Narren. "
Die Veranstalter kündigten eine nächste Massenkundgebung für den 16. November an – einen Tag vor dem 30. Jahrestag der Samtenen Revolution, die die kommunistische Herrschaft in Prag beendet hatte. Damals hatte es zwei Massenproteste mit jeweils mehr als 500.000 Teilnehmern gegeben. Wenn nötig, werde es aber auch schon früher weitere Proteste geben, erklärte Organisator Minar.
Babis weist Vorwürfe zurück
Dem Milliardär und früheren Unternehmer Babis wird vorgeworfen, mit seinem Konzern Agrofert unrechtmäßig EU-Subventionen in Millionenhöhe eingestrichen zu haben. Während er die Vorwürfe zurückweist, sieht die EU-Kommission zudem einen möglichen Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion als Politiker und als Unternehmer.
Seit Ende April gibt es in Prag und anderen Städten in Tschechien immer wieder Kundgebungen gegen Babis und die damals angetretene Justizministerin Marie Benesova. Die Demonstranten befürchten, dass Benesova den Regierungschef von den Vorwürfen freisprechen könnte.
Babis wies am Sonntag Anschuldigungen zurück, er schränke die Unabhängigkeit der Justiz in seinem Land ein. Er sei dazu völlig anderer Meinung, sagte er der tschechischen Nachrichtenagentur CTK
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Beobachtern zufolge war es die größte Massenkundgebung in Prag seit der Samtenen Revolution, der demokratischen Wende von 1989. Der 64 Jahre alte Babis weist alle Anschuldigungen zurück. Am Mittwoch muss sich die Regierung im Parlament einer Misstrauensabstimmung stellen. Ein Erfolg der Opposition gilt aufgrund der Stimmverhältnisse als unwahrscheinlich.
- Nachrichtenagentur dpa