Nach zwei Tagen auf der Flucht Straßburger Attentäter mit mindestens 14 Schuss getötet
Zwei Tage nach dem Anschlag in Straßburg ist Chérif Chekatt von der Polizei getötet worden. Er soll zuvor das Feuer auf die Beamten eröffnet haben. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich.
Nach einer zweitägigen Großfahndung hat die Polizei den mutmaßlichen Straßburg-Attentäter Chérif Chekatt mit mindestens 14 Schüssen getötet. Er soll für den blutigen Terroranschlag in der elsässischen Metropole mit drei Toten verantwortlich sein. Staatspräsident Emmanuel Macron dankte den Sicherheitskräften in der Nacht zum Freitag via Twitter: "Unser Engagement gegen den Terrorismus ist uneingeschränkt", schrieb Macron.
Drei Polizisten machten am Donnerstagabend gegen 21 Uhr den mutmaßlichen Attentäter im Stadtteil Neudorf auf der Straße aus, wie der französische Innenminister Christophe Castaner berichtete. Als sie den Verdächtigen verhaften wollten, habe dieser das Feuer eröffnet. Die Polizei habe den Angriff erwidert und den Täter getötet. Die Polizei sucht weiter nach möglichen Komplizen. Offen ist derzeit, ob er bei der Flucht unterstützt wurde.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich. Der Angreifer sei ein Soldat des Islamischen Staates gewesen, meldete das IS-Sprachrohr Amak. In der Amak-Meldung heißt es, der Angreifer sei Aufrufen gefolgt, Bürger aus den Staaten der Koalition anzugreifen. Damit ist die internationale Anti-IS-Koalition gemeint, die in Syrien und im Irak im Einsatz ist. Die Echtheit der Nachricht ließ sich zunächst nicht überprüfen – sie wurde aber über die üblichen Kanäle des IS verbreitet.
Der Attentäter hatte am Dienstagabend mitten in der Weihnachtssaison das Feuer in der geschmückten Straßburger Innenstadt eröffnet. Er habe "Allahu Akbar" ("Gott ist groß" auf Arabisch) gerufen, berichtete Chefermittler Rémy Heitz unter Berufung auf Zeugen.
Frau soll Chekatt erkannt haben
Nach Angaben des französischen TV-Senders BFMTV hatte Chekatt am Donnerstag eine Frau angesprochen. Diese habe bemerkt, dass der Mann verletzt gewesen sei. Sie habe darauf die Sicherheitskräfte alarmiert.
Französische Anti-Terror-Kräfte hatten das Viertel anschließend am Nachmittag mit einem Großaufgebot durchsucht. Chekatt war am Dienstag nach dem Attentat mit einem Taxi nach Neudorf geflohen. Seitdem war er abgetaucht.
Deutsche und französische Behörden hatten mit etlichen Beamten und einem Fahndungsaufruf nach dem polizeibekannten mutmaßlichen Attentäter gesucht. Die Bundespolizei fahndete im deutsch-französischen Grenzgebiet, auch Spezialkräfte waren im Einsatz. Die französische Polizei hatte ein Fahndungsfoto des radikalisierten Gefährders samt Täterbeschreibung veröffentlicht.
Die Bundespolizei kontrollierte insbesondere in der deutschen Grenzstadt Kehl, aber auch im Hinterland, wie eine Sprecherin der Bundespolizei der dpa sagte. Überwacht wurden demnach Fahrzeuge, der Personenverkehr über einer Fußgängerbrücke über dem Rhein sowie Züge und Straßenbahnen.
Chekatt saß auch in Deutschland in Haft
Der mehrfach vorbestrafte mutmaßliche Angreifer soll sich im Gefängnis radikalisiert haben. Der gebürtige Straßburger mit nordafrikanischen Wurzeln saß wegen schweren Diebstahls auch in Deutschland in Haft.
Auch die deutschen Behörden schalteten sich in die Ermittlungen gegen Chekatt ein. Die Bundesanwaltschaft leitete ein Verfahren gegen den Angreifer wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung ein, wie ein Sprecher der Behörde vor dem Tod Chekatts sagte. Die Bundesanwaltschaft habe die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falles aufgenommen. Ein weiterer Grund sei, dass von dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt sechs Deutsche traumatisiert seien, wenn auch nicht körperlich verletzt. Die Federführung der Ermittlungen liege weiterhin in Frankreich.
Deutsche Behörden hatten Chekatt bereits Ende 2016 eine "hohe kriminelle Energie" bescheinigt. Die Verurteilung wegen schwerer Einbrüche offenbare "eine von rücksichtslosem Profitstreben geprägte Persönlichkeitsstruktur" und lasse annehmen, dass er in Zukunft Straftaten ähnlicher Art und Schwere begehen werde. Das geht aus der Anordnung des Regierungspräsidiums Freiburg für die Abschiebung aus der Haft hervor. Die Abteilung für Bevölkerungsschutz des Regierungspräsidiums hatte auch ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für Chekatt für die Dauer von zehn Jahren festgelegt.
Das RBB-Inforadio berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, Chekatt sei unmittelbar vor der Tat aus Deutschland angerufen worden. Er habe den Anruf jedoch nicht angenommen. Unklar sei, wer ihn angerufen habe und warum. Dieser Frage gehen deutsche Ermittler nun intensiv nach, wie der Sender weiter berichtete.
Ermittler nahmen am Donnerstag einen weiteren Verdächtigen aus dem Umfeld des mutmaßlichen Attentäters in Gewahrsam. Er gehört nicht zur Familie Chekatts, bestätigte die Staatsanwaltschaft. Damit sind insgesamt fünf Verdächtige in Gewahrsam.
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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach in Brüssel den Opfern und Familien erneut die Solidarität der gesamten Nation aus. "Es war nicht nur Frankreich, das getroffen wurde – eine französische Stadt, unsere Bürger –, sondern es war genauso eine große europäische Stadt, die vor einigen Tagen tödlich getroffen wurde." Macron war nach Brüssel zum Gipfeltreffen der 28 Staats- und Regierungschefs der EU-Länder gereist. Auch dort wurde der Opfer gedacht.
- Nachrichtenagentur dpa