"Freiheit, Freiheit!" Venezuela: Massenproteste nach umstrittener Wahl
Mit Töpfen, Pfannen und Straßenblockaden: In Venezuela gibt es Proteste gegen das offizielle Ergebnis der Präsidentschaftswahl. Die Menschen fordern "Freiheit".
Nach dem umstrittenen Sieg von Amtsinhaber Nicolás Maduro bei der Präsidentschaftswahl in Venezuela sind am Montag in strömendem Regen in der Hauptstadt Caracas große Menschenmengen auf die Straße gegangen. Wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten, entstanden die spontanen Proteste vor allem in ärmeren Teilen der Stadt.
Menschen gingen auf die Straße und schlugen Töpfe und Pfannen gegeneinander, wie die Zeitung "El Nacional" berichtete und in mehreren Videos in den sozialen Medien zu sehen war. Der sogenannte "Cacerolazo" ist eine in Lateinamerika sehr populäre Form des Protests.
In Petaré im Osten der Stadt riefen die Menschen "Freiheit, Freiheit!", zudem verbrannten sie Wahlplakate von Maduro. Auch im westlichen Stadtteil Catya gingen Menschen begleitet von Polizei auf die Straße. Es gab außerdem Straßenblockaden und Ausschreitungen mit Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Protestierenden ein.
Bei den Protesten ist nach Angaben einer Nichtregierungsorganisation mindestens ein Mensch getötet worden. 46 weitere Menschen seien festgenommen worden, teilte der Chef der Nichtregierungsorganisation Foro Penal, Alfredo Romero, am Montag (Ortszeit) im Onlinedienst X mit.
Protest vor Militärbasis
Zudem gab es größere Proteste in weiteren Teilen des Landes. In Videos in sozialen Netzwerken ist eine Ansammlung von mehreren Hundert Menschen vor den Toren der größten Militärbasis des Landes El Libertador im nördlichen Bundesstaat Aragua zu sehen. Das Militär ist eng mit dem Regime von Maduro verbunden und stützte ihn zuletzt.
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Im Bundesstaat Falcón im Nordwesten Venezuelas haben Protestierende zudem eine Statue des ehemaligen Machthabers Hugo Chávez gestürzt. Chávez war von 1999 bis zu seinem Tod 2013 Präsident Venezuelas und führte das Land in den Sozialismus. Er übergab die Macht an seinen Nachfolger Maduro.
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Präsident und Opposition reklamieren Wahlsieg
Ungeachtet von Betrugsvorwürfen der Opposition und internationaler Kritik hatte die weitgehend regierungstreue Wahlbehörde Maduro am Montag offiziell zum Wahlsieger erklärt. Die Bevölkerung des Landes habe den Amtsinhaber mehrheitlich "für den Zeitraum von 2025 bis 2031" als Präsidenten wiedergewählt, sagte der Chef der nationalen Wahlbehörde, Elvis Amoroso.
Schon zuvor hatte die Behörde Maduro nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen mit 51,2 Prozent den Wahlsieg zugesprochen. Der aussichtsreichste Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia kam den Angaben zufolge auf 44,2 Prozent.
Allerdings reklamierte auch die Opposition den Wahlsieg für sich. Oppositionsführerin María Corina Machado sagte vor Journalisten, das Land habe "einen neuen designierten Präsidenten", nämlich den von ihrem Bündnis vorgeschlagenen González Urrutia. Dieser habe 70 Prozent der Stimmen erhalten und nicht 44 Prozent. Das von der Wahlbehörde ausgegebene Ergebnis sei ein "weiterer Betrug". Mehr dazu lesen Sie hier.
Die venezolanische Staatsanwaltschaft warf Machado vor, an einem mutmaßlichen Hackerangriff auf das Wahlsystem beteiligt gewesen zu sein, um die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl zu "fälschen". Haupttäter sei ein venezolanischer Bürger, sagte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab vor Journalisten. Dieser habe allerdings Hilfe von dem im Exil lebenden Oppositionspolitiker Leopoldo López und Oppositionsführerin Machado erhalten. Weiter kündigte Saab die Einleitung einer Untersuchung an.
EU fordert Zugang zu Wahldaten
Die EU hat scharfe Kritik am Ablauf der Präsidentenwahl in Venezuela geübt. "Glaubwürdige Berichte von inländischen und internationalen Beobachtern deuten darauf hin, dass die Wahlen von zahlreichen Mängeln und Unregelmäßigkeiten überschattet wurden", teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mit. Hindernisse für die Teilnahme von Oppositionskandidaten, Mängel im Wählerregister und ein ungleicher Zugang zu den Medien hätten zu ungleichen Wahlbedingungen beigetragen.
"Die Wahlergebnisse wurden nicht verifiziert und können nicht als repräsentativ für den Willen des venezolanischen Volkes angesehen werden, bis alle offiziellen Aufzeichnungen der Wahllokale veröffentlicht und überprüft wurden", erklärte Borrell. Die EU fordere den Wahlrat auf, sofort Zugang zu den Wahldokumenten jedes Wahllokals und der Veröffentlichung der aufgeschlüsselten Wahlergebnisse zu gewähren. Zudem müssten alle nach der Wahl eingereichten Beschwerden und Missstände vollständig von den Behörden untersucht werden.
Ob sich die EU-Staaten im Fall von anhaltenden Zweifeln darauf verständigen können, das kommunizierte Wahlergebnis geschlossen nicht anzuerkennen, ist derzeit allerdings fraglich. Nach Angaben von Diplomaten verhinderte Ungarn, dass die Erklärung des EU-Außenbeauftragten im Namen aller EU-Staaten veröffentlicht werden konnte. Warum Ungarn ein Veto einlegte, blieb zunächst unklar. Die Regierung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán hatte zuletzt mehrfach kritische Erklärungen gegen Drittstaaten blockiert – zum Beispiel zugunsten von Russland und Israel.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa