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Russland: Putin denkt über neue Atomwaffen-Doktrin nach


"Dunkle Wolken am nuklearen Horizont"
Putin: Denken über Einsatz von Atomwaffen neu nach

Von t-online, wan

Aktualisiert am 21.06.2024Lesedauer: 3 Min.
Russische Atomrakete bei einer Parade (Archivbild).Vergrößern des BildesRussische Atomrakete bei einer Parade (Archivbild). Wladimir Putin droht mit einer neuen Nukleardoktrin. (Quelle: imago images)
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Wladimir Putin baut neue, schwächere Atomwaffen und denkt über die russische Nukleardoktrin. Ein Experte sieht die Welt nahe an einem Atomkrieg.

Erst gab es Hinweise aus dem russischen Außen- und Verteidigungsministerium, jetzt hat Präsident Wladimir Putin bestätigt: Die russische Atomdoktrin könnte sich bald ändern. Er begründet dies mit einer angeblich niedrigeren Hemmschwelle westlicher Staaten beim Einsatz von Atomwaffen.

"Speziell werden atomare Bomben mit geringer Sprengkraft entwickelt", sagte der Kremlchef am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Hanoi zum Abschluss seines Besuchs. Putin behauptete, dass westliche Experten in der Nutzung sogenannter Mini-Nukes "offenbar nichts Schlimmes" sähen. Soll heißen: Der Diktator hat erkannt, dass seine Drohungen mit Atomwaffen nicht die erwünschte Wirkung im Westen haben, was weitere Waffenlieferungen an die Ukraine betrifft. "Damit hängt auch meine Erklärung darüber zusammen, dass wir über mögliche Veränderungen in unserer Strategie nachdenken."

Putin führte weiter aus, dass Russland im Rahmen seiner Nukleardoktrin keinen Präventivschlag benötige, "weil bei einem Vergeltungsschlag der Feind garantiert vernichtet wird". Die russische Armee sei auf "alle möglichen Szenarien" an der Frontlinie in der Ukraine vorbereitet, fügte der russische Machthaber hinzu.

Die bisher gültige russische Atomdoktrin besagt, dass Moskau nur in zwei Fällen Atomwaffen verwenden darf: im Falle eines atomaren Angriffs auf Russland oder wenn ein Angriff mit konventionellen Waffen die Existenz des Landes gefährdet. Wie genau eine Neufassung der Atomdoktrin aussehen wird, ist nicht bekannt. Man sei noch dabei, sie zu formulieren, sagte der stellvertretende Außenminister Sergej Rjabkow russischen Nachrichtenagenturen.

Die bislang vage Definition der Doktrin hat einige russische Hardliner dazu bewegt, den Kreml zu einer Neubewertung zu drängen, um den Westen zu nötigen, die Warnungen ernster zu nehmen.

Putin: Niederlage auf dem Schlachtfeld wäre Ende Russlands

Einige westliche Länder haben es der Ukraine erlaubt, deren Waffen begrenzt auch auf russischem Gebiet einzusetzen. Noch sieht Russland das nicht als westlichen Angriff auf sein Land – trotz vorherigen Warnungen aus Moskau. Putin sagte nach Angaben des ukrainischen "Kyiv Independent" bei der Pressekonferenz in Vietnam aber auch: Der Westen dränge Russland zu einer strategischen Niederlage in der Ukraine. "Dies bedeutet das Ende der tausendjährigen Geschichte des russischen Staates. Ich denke, das ist jedem klar", sagte Putin auf einer Pressekonferenz zum Abschluss seines Staatsbesuchs in Vietnam. "Da stellt sich die Frage: Warum sollten wir Angst haben? Ist es nicht besser, bis zum Ende zu gehen?"

Im Mai hatte das russische Verteidigungsministerium angekündigt, den Einsatz von Atomwaffen zu üben. In Manövern wurden Atomraketen auf Lastwagen transportiert. Belarus begann am 10. Juni gemeinsame Manöver mit Russland, in denen es ebenfalls um den Einsatz von Atomwaffen ging.

Harvard-Experte: Dunkle Wolken am nuklearen Horizont

Nach Ansicht eines Professors an der renommierten US-Universität Harvard ist die Welt jetzt gefährlich nahe an einem atomaren Weltkrieg. "Dunkle Wolken ziehen am nuklearen Horizont auf", schrieb Matthew Bunn, Professor für nationale Sicherheit und Außenpolitik, in einem Beitrag für das Journal "Science". "Die Welt könnte bald zum ersten Mal seit mehr als fünf Jahrzehnten mit einem ungehemmten Rüstungswettbewerb konfrontiert sein – und zwar mit einem komplexeren Wettbewerb, an dem mehr Länder und mehr Technologien beteiligt sind", schreibt er.

Er warnte, dass das 2010 beschlossene Start-Abkommen zur Atomwaffenreduzierung zwischen Russland und den USA das letzte seiner Art sei und 2026 auslaufe. Russland habe Inspektionen blockiert und zeige keine Anstrengungen, einen neuen Vertrag zu verhandeln.

Der Wissenschaftler begründet die wachsende Atomkriegsgefahr zum einen mit Putins Drohungen im Ukraine-Konflikt, aber auch dem Bau neuer Raketensilos in China, den Spannungen zwischen den Atommächten Indien und Pakistan sowie Irans Atomprogramm. Derzeit gibt es weltweit mehr als 12.000 nukleare Sprengköpfe. Nach Angaben der Federation of American Scientists verfügt Russland über rund 5.580 Sprengköpfe, die USA über etwa 5.100, China über 500 und Frankreich 290 und Großbritannien über 225. Indien und Pakistan haben jeweils etwa 170, Israel hat 90 und Nordkorea 50.

Verwendete Quellen
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