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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neues Geiselabkommen Biden überrascht mit Nahost-Vorschlag
US-Präsident Joe Biden hat einen neuen Vorschlag für den Krieg in Nahost vorgelegt. Demnach schlägt Israel einen Waffenstillstand und Rückzug aus dem Gazastreifen vor.
Die USA und Israel haben ein neues Geiselabkommen für den Krieg in Nahost vorgelegt. "Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden", sagte Biden am Freitag im Weißen Haus in Washington. Israel habe einen umfassenden neuen Vorschlag vorgelegt, dem die Hamas nun zustimmen solle, sagte Biden.
Das Abkommen solle dafür sorgen, dass alle Geiseln freigelassen und nach Hause gebracht werden, sagte Biden. Außerdem soll ein dauerhafter Waffenstillstand eingeführt werden. Der Vorschlag sei von Katar an die Hamas übermittelt worden, sagte Biden.
Aus Israel kam eine prompte Reaktion: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies erneut auf die israelischen Kriegsziele hin. Der Krieg werde nicht enden, bevor alle Geiseln zurückkehrten und die Führung sowie die militärischen Fähigkeiten der Hamas zerstört seien, hieß es am Freitagabend in einer Mitteilung von Netanjahus Büro.
Israels Regierungschef habe dem Verhandlungsteam grünes Licht gegeben, einen Vorschlag vorzulegen, mit dem ebendiese Ziele erreicht werden könnten, hieß es weiter. Aus der Mitteilung ging nicht hervor, ob damit der von Biden präsentierte Vorschlag gemeint war.
Drei Phasen für den Frieden
Der neue Vorschlag des US-Präsidenten sehe drei Phasen vor, die erste würde sechs Wochen dauern. "Sie würde einen vollständigen Waffenstillstand, den Rückzug der israelischen Streitkräfte aus allen bewohnten Gebieten des Gazastreifens und die Freilassung einer Reihe von Geiseln, darunter Frauen, ältere Menschen und Verwundete, im Austausch gegen die Freilassung Hunderter palästinensischer Gefangener beinhalten", so Biden.
In dieser ersten Phase könnte die palästinensische Zivilbevölkerung in ihre Häuser und Wohnviertel im Gazastreifen zurückkehren. Außerdem sollen jeden Tag 600 Lastwagen mit Hilfsgütern über die Grenze fahren, sagte Biden. Währenddessen sollen Israel und Hamas über ein dauerhaftes Ende der Kämpfe verhandeln.
Baerbock sieht einen "Hoffungsschimmer"
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat den neuen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen als "Hoffnungsschimmer" bezeichnet und die islamistische Palästinenserorganisation Hamas in die Verantwortung genommen. "Das israelische Angebot, das US-Präsident (Joe) Biden heute erläutert und bekräftigt hat, ist ein Hoffnungsschimmer und kann einen Weg aus der Sackgasse des Krieges weisen", schrieb Baerbock am Freitagabend im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Die Hamas müsse nun beweisen, "dass sie den Konflikt beenden" wolle.
UN-Generalsekretär António Guterres hat seine Unterstützung signalisiert. "Seit Monaten drängt der Generalsekretär auf eine Waffenpause hin, sowie auf vollständigen und ungehinderten humanitären Zugang und eine sofortige und bedingungslose Freilassung aller in Gaza festgehaltenen Geiseln", teilte Guterres' Sprecher Stéphane Dujarric am Freitag in New York mit. "Der Generalsekretär hofft sehr darauf, dass das zu einer Übereinstimmung der Beteiligten für einen anhaltenden Frieden führen wird."
Schwere Verhandlungen erwartet
Joe Biden räumte ein, wie schwer diese Verhandlungen sein würden. USA, Ägypten und Katar sollen dafür sorgen, dass die Gespräche erfolgreich verlaufen.
Sobald diese Bedingungen erfüllt seien, könnte Phase zwei beginnen, die die Freilassung aller noch lebenden israelischen Geiseln, einschließlich der männlichen Soldaten, vorsieht. Auch die israelischen Streitkräfte würden sich in dieser Phase aus dem Gazastreifen zurückziehen, so Biden. "Solange die Hamas ihren Verpflichtungen nachkommt, wird der vorübergehende Waffenstillstand dauerhaft", so Biden unter Berufung auf den Text des Abkommens.
Regierungsvertreter fordern Fortsetzung des Krieges auf unbestimmte Zeit
"In der dritten Phase schließlich würde ein umfassender Wiederaufbauplan für den Gazastreifen in Angriff genommen und die letzten Überreste der getöteten Geiseln an ihre Familien zurückgegeben werden", so Biden. "Das ist das Angebot, das auf dem Tisch liegt."
"Ich weiß, dass es in Israel einige gibt, die mit diesem Plan nicht einverstanden sind und eine Fortsetzung des Krieges auf unbestimmte Zeit fordern werden", sagte Biden weiter. "Einige sind sogar in der Regierungskoalition, und sie haben deutlich gemacht, dass sie den Gazastreifen besetzen wollen." Sie wollten jahrelang weiterkämpfen, die Freilassung der Geiseln habe für sie keine Priorität, beklagte er. Biden betonte aber: "Ich habe die israelische Führung aufgerufen, hinter diesem Deal stehen" - allem Druck zum Trotz.
Der ehemalige US-amerikanische Präsident Barack Obama hat sich in einem Post auf X für den Vorschlag von Biden und Israel ausgesprochen. Der Plan sei realistisch und gerecht und könnte den Krieg im Gazastreifen beenden. Trotz aller Differenzen und hitzigen Diskussionen um den Krieg sei ein dauerhafter Waffenstillstand etwas, das alle unterstützen sollten, schrieb Obama in dem Beitrag.
Hamas will Geisel-Abkommen erst bei Kriegsende
Zuvor war bekannt geworden, dass die Hamas den Vermittlern nach eigenen Angaben mitgeteilt hat, dass sie nur dann zu Gesprächen über ein Geiselabkommen an den Verhandlungstisch zurückkehren werde, wenn Israel die Kämpfe einstellt. Man sei zu einer "vollständigen Einigung" über die Freilassung der aus Israel entführten Geiseln im Austausch für palästinensische Häftlinge bereit, hieß es in einer Erklärung der Terrororganisation.
Voraussetzung sei aber ein Ende des Kriegs. In dem Fall sei man bereit, die Verhandlungen fortzusetzen und ein "umfassendes Austausch-Abkommen" zu erzielen. Israels Regierung lehnt ein Ende des Kriegs indes kategorisch ab.
Was mit einer vollständigen Einigung gemeint ist, ließen die Islamisten offen. Denkbar wäre, dass ein Austausch aller Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen auf einmal stattfinden soll - und nicht wie bislang geplant in mehreren Phasen.
- timesofisrael.com: Biden lays out hostage-ceasefire deal proposal green-lit by Israel, urges Hamas to accept it (Englisch)
- Nachrichtenagentur dpa