Krieg in Nahost Drei Soldaten bei Hamas-Angriff getötet
Der Hamas ist es gelungen, einen folgenschweren Angriff gegen das Militär auf israelischem Boden durchzuführen. Derweil stocken die Gespräche für eine Waffenruhe. Die News im Überblick.
Während die Verhandlungen für eine Waffenruhe stocken, hat die Islamistenorganisation Hamas bei einem Raketenangriff auf einen Grenzübergang zum Gazastreifen drei israelische Soldaten getötet. Elf weitere Angehörige der Streitkräfte erlitten im südisraelischen Kerem Shalom Verletzungen, erklärte ein Sprecher des Militärs.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verurteilte den Raketenangriff scharf. Derweil will CIA-Chef William Burns im Bemühen um eine Waffenruhe an diesem Montag Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu treffen. Das Treffen diene dazu, den Druck der USA vor allem auf Netanjahu zu erhöhen, schrieb die israelische Zeitung "Haaretz".
Hamas reklamiert Angriff für sich
Der militärische Arm der Terrororganisation Hamas reklamierte den Raketenangriff für sich. Ziel seien israelische Truppen gewesen, hieß es in einer Mitteilung der Kassam-Brigaden. Auf den gleichnamigen Grenzübergang waren demnach zehn Raketen aus dem Gazastreifen abgefeuert worden.
Kerem Schalom ist der wichtigste Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen. Die Armee schloss ihn nach dem Raketenangriff vorübergehend für humanitäre Transporte. Das Militär bombardierte im Anschluss nach eigenen Angaben im Gazastreifen den Ort in der Nähe des Grenzübergangs Rafah zu Ägypten, von dem der Angriff ausgegangen war.
Im Rahmen der Militäreinsätze im Gazastreifen sind israelischen Medienberichten zufolge seit Kriegsbeginn inzwischen 266 Soldatinnen und Soldaten getötet worden. Der Angriff stach jedoch heraus, weil es der Hamas gelungen war, einen folgenschweren Angriff gegen das Militär auf israelischem Boden durchzuführen.
Baerbock: Hamas zeigt ihr wahres Gesicht
Bundesaußenministerin Baerbock sagte während ihres Besuchs im pazifischen Inselstaat Fidschi: "Der Beschuss eines der wichtigsten Zugänge für humanitäre Hilfe zeigt erneut, dass die humanitäre Versorgung der Menschen in Gaza den Terroristen der Hamas vollkommen egal ist." Die Islamistenorganisation zeige damit erneut ihr wahres Gesicht. Es sei ihr nie um die Menschen in Gaza gegangen.
"Das Schicksal der Menschen in Gaza ist den Terroristen vollkommen egal." Für Deutschland gelte das Gegenteil. Der Angriff mache zudem deutlich: Je mehr humanitäre Hilfe nach Gaza reinkomme, desto mehr werde die Hamas demaskiert.
Indirekte Verhandlungen ohne greifbare Ergebnisse
Gestern war eine weitere Runde der indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Delegierten der islamistischen Hamas sowie ägyptischen und katarischen Vermittlern in Kairo ohne greifbare Ergebnisse zu Ende gegangen. CIA-Direktor Burns hatte die Gespräche begleitet. Ägypten, Katar und die USA treten bei den Bemühungen um eine Beendigung des Gaza-Kriegs als Vermittler auf.
Die Hamas teilte über ihren Telegram-Kanal mit, ihre Delegation habe eine Antwort auf die Vorschläge der Vermittler überbracht und sie mit den Vertretern Ägyptens und Katars erörtert. Die Delegierten reisten am Sonntagabend aus Kairo ab und wollten sich mit den Führern der Organisation in Katar beraten.
Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der Vermittler, der eine mehrstufige Abmachung zwischen Israel und der Hamas vorsieht. Diese soll zur Freilassung der israelischen Geiseln, die in der Gewalt der Hamas sind, der Freilassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen sowie zu einer Beendigung des Gaza-Kriegs führen.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Wegen der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage im Gazastreifen steht Israel international in der Kritik.
Verhärtete Fronten
Die Hamas betonte in ihrer Mitteilung vom Sonntag, dass sie die Verhandlungen "im positiven Geist und verantwortungsvoll" führe. Allerdings sind die Fronten verhärtet. Die Islamisten beharren auf einem Abkommen, in dem sich Israel von vornherein zur Beendigung des Krieges und zum vollständigen Abzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen verpflichtet. Israel lehnt aber eine derartige Verpflichtung ab und möchte sich weitere militärische Handlungsmöglichkeiten vorbehalten.
Netanjahu hatte am Wochenende mehrere Erklärungen abgegeben, in denen er sich kompromisslos zeigte. So sagte er, Israel werde selbst dann die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens angreifen, wenn ein Geisel-Deal zustande käme. Die USA, Israels wichtigster Verbündeter, lehnen eine Offensive in dem Ort an der Grenze zu Ägypten ab, solange Israel nicht plausibel darstellen kann, wie es zuvor Hunderttausende Binnenflüchtlinge in Sicherheit bringt, die sich dort drängen.
Das machte auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Joav Galant erneut deutlich. Darüber hinaus betonte er die Verpflichtung der USA, Israels Verteidigung zu unterstützen.
Netanjahu sagte aus Anlass des heutigen Holocaust-Gedenktages weiter: "Während des furchtbaren Holocausts gab es wichtige Staatenlenker, die abseits standen. Die erste Lektion aus dem Holocaust ist deshalb: wenn wir uns nicht selbst verteidigen, wird uns niemand anders verteidigen. Und wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen."
Al-Dschasira-Verbot in Israel
Unterdessen schloss Israel den arabischen TV-Sender Al-Dschasira im Land. Inspektoren des Kommunikationsministeriums und Polizisten durchsuchten gestern das Al-Dschasira-Büro im Hotel Ambassador in Ost-Jerusalem. Dabei seien Fernsehausrüstungen beschlagnahmt worden, bestätigte das Ministerium. Die israelischen Kabel- und Satellitennetzanbieter nahmen zudem den Sender demnach aus ihren Angeboten, der Zugriff auf seine Internet-Seiten wurde gesperrt.
Zuvor hatte die Regierung einstimmig beschlossen, die Tätigkeit der Fernsehanstalt in Israel zu untersagen, wie das Regierungspresseamt mitteilte. "Al-Dschasira-Korrespondenten haben der Sicherheit Israels geschadet und gegen israelische Soldaten gehetzt", sagte Netanjahu der Mitteilung zufolge. Es sei an der Zeit, "das Sprachrohr der Hamas aus dem Land zu werfen".
Israel wirft Sender Voreingenommenheit vor
Al-Dschasira berichtete seit Beginn des Krieges ausführlich über die katastrophale Lage im Gazastreifen und zeigte Bilder von Tod und Zerstörung, die in israelischen TV-Sendern kaum zu sehen sind. Der Sender zeigt auch regelmäßig Videos des militärischen Arms der Hamas von Angriffen auf israelische Soldaten.
Die Vorwürfe der Voreingenommenheit wies der Sender zurück. Man werde mit allen Mitteln gegen den Schritt vorgehen. Al-Dschasira wurde 1996 in Doha gegründet und galt als einer der ersten arabischen TV-Sender, der auch kritische Berichte über die Region veröffentlichte.
Die Vereinten Nationen betonten angesichts der Schließung die Bedeutung der Pressefreiheit. "Wir stehen fest gegen jede Entscheidung, die Pressefreiheit zurückzufahren", sagte ein UN-Sprecher in New York. "Die freie Presse leistet einen Dienst von unschätzbarem Wert, um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit informiert und engagiert ist."
- Nachrichtenagentur dpa