Russische Präsidentenwahl beginnt Der Sieger steht schon fest
In Russland läuft seit Donnerstagabend die Präsidentschaftswahl. Dass Putin gewinnt, gilt als sicher. Dafür hat der Kremlchef mit einem ganzen Repertoire undemokratischer Mittel gesorgt.
Unter Ausschluss der Opposition hat in Russland eine umstrittene Präsidentenwahl für den Machterhalt von Kremlchef Wladimir Putin begonnen. Im flächenmäßig größten Land der Erde öffneten die ersten Wahllokale bereits am Donnerstagabend deutscher Zeit im äußersten Osten, etwa auf der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka. Der Urnengang, der dem 71 Jahre alten Putin weitere sechs Jahre im Amt sichern soll, wird vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie von massiven Manipulationsvorwürfen überschattet.
Die Abstimmung in dem Riesenreich mit seinen elf Zeitzonen dauert bis Sonntagabend, wenn in Kaliningrad (früher Königsberg) an der Ostsee um 19 Uhr deutscher Zeit die letzten Wahllokale schließen. Unmittelbar danach werden erste Prognosen erwartet.
Staatliche russische Meinungsforscher haben Putin, der seit fast 25 Jahren an der Macht ist und eine fünfte Amtszeit anstrebt, zuletzt mehr als 80 Prozent der Stimmen prognostiziert. Das wäre das höchste Ergebnis für ihn überhaupt. Frühere Umfragen hatten Putins Unterstützung zwischen 58 und 62 Prozent gesehen.
Die Wahl gilt als Scheinwahl. Daran, dass Putin erneut gewählt wird, bestehen kaum Zweifel. Putins drei Mitbewerber gelten nicht nur als chancenlos. Sie sind auch alle auf Kreml-Linie und unterstützen den Amtsinhaber bisweilen direkt. Mehr zu den Kandidaten lesen Sie hier. Die beiden einzigen ernst zu nehmenden Bewerber aus der Opposition, Jekaterina Dunzowa und Boris Nadeschdin, ließ die Wahlkommission gar nicht erst als Kandidaten zu.
In Russland sind die Pressefreiheit und die politische Opposition massiv eingeschränkt. Die Opposition spricht deshalb von einer "Wahlfarce", die nichts mit einer Abstimmung nach demokratischen Regeln gemein habe. Zahlreiche führende Putin-Kritiker sitzen mit drakonischen Haftstrafen im Gefängnis (hier lesen Sie mehr dazu). Internationale Beobachter sehen in ihren Verurteilungen zumeist unberechtigte Vorwände der russischen Regierung, um den politischen Widerstand zu brechen.
Insgesamt sind 114 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen. Medienberichten zufolge versucht die russische Regierung, die Wahlbeteiligung künstlich in die Höhe zu treiben, um einen demokratischen Anschein zu wahren. So soll sie die Wahlteilnahme von Angestellten staatlicher Behörden und Betriebe mit einer App überwachen. Am Freitag berichtete auch der "Spiegel" von Wählern, die so über ihre Stimmabgabe Rapport erstatteten.
Auch in den völkerrechtswidrig besetzten ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson hat der Kreml mit illegalen Scheinwahlen begonnen. Abgestimmt wird außerdem auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim, die Moskau bereits 2014 annektiert hatte.
Dagegen protestierte die Ukraine und forderte die internationale Gemeinschaft auf, die Ergebnisse nicht anzuerkennen. Die Wahlen seien illegitim und hätten keine juristischen Folgen, hieß es in Kiew. Sie gäben zudem Anlass, Putin nicht als Präsident anzuerkennen. Die Oberste Rada, das ukrainische Parlament, verlangte zudem, den Sanktionsdruck auf Russland zu erhöhen.
Das Außenministerium in Kiew warf Russland vor, unter Verstoß des internationalen Rechts die territoriale Integrität der Ukraine zu verletzten. Das Ministerium forderte die Menschen in den besetzten Gebieten auf, nicht an den "Pseudowahlen" teilzunehmen.
Presse stellt sich auf Internetzensur ein
Die kremlkritische Presse bereitete sich derweil auf eine breite Internetzensur vor. "Wir rechnen damit, dass die Behörden das Internet an Orten mit großen Menschenansammlungen abschalten oder drosseln könnten", schrieb das Onlineportal Meduza. "Telegram, Wahtsapp und Youtube könnten nicht mehr funktionieren und App Stores auch." Bereits bei der Trauerfeier für den verstorbenen Oppositionellen Alexej Nawalny hatten Teilnehmer von Internetausfällen und extrem langsamen Surfgeschwindigkeiten berichtet. Zehntausende Unterstützer des Oppositionellen hatten sich damals in den Straßen Moskaus versammelt.
Dem russischen Exilmedium Meduza zufolge werden auch die meisten VPN-Clients geblockt. Das sind sichere Internetverbindungen, mit denen Bürger staatliche Internetzensur umgehen und so etwa in Russland gesperrte Webseiten aufrufen können. Das Portal rechnet auch damit, dass regierungsnahe Hacker versuchen werden, die Internetseiten unabhängiger Medien lahmzulegen. Sollte es selbst Opfer eines Hackerangriffs werden, will Meduza russischen Bürgern Nachrichten per SMS und E-Mail senden. Experten haben in den Monaten vor der Wahl eine zunehmende Zensur des Internets in Russland beobachtet.
Putin hatte 2020 eigens die Verfassung ändern lassen, um wieder als Kandidat antreten zu können. Nach derzeit gültiger Verfassung darf er auch 2030 wieder kandidieren, dann aber zum letzten Mal, und könnte theoretisch bis 2036 im Amt bleiben.
- Nachrichtenagentur dpa
- meduza.io: "How Meduza is preparing for full Internet censorship in Russia" https://meduza.io/en/feature/2024/03/12/how-meduza-is-preparing-for-full-internet-censorship-in-russia (englisch)
- nytimes.com: "Russia Strengthens Its Internet Controls in Critical Year for Putin" (englisch, kostenpflichtig)
- spiegel.de: "Erst Putin wählen, dann einen Screenshot an die Chefs" (kostenpflichtig)