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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage


Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Von dpa
Aktualisiert am 17.01.2024Lesedauer: 4 Min.
Wolodymyr SelenskyjVergrößern des Bildes
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum Weltwirtschaftsforum nach Davos gereist. (Quelle: Hannes P. Albert/dpa/dpa-bilder)

In Davos warnt Präsident Selenskyj einmal mehr vor den möglichen Folgen einer Niederlage auf dem Schlachtfeld. Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland wird die Ukraine aber weiterhin nicht erhalten. Der Überblick.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor einer weiteren Verzögerung westlicher Hilfen für sein von Russland angegriffenes Land.

"Es wird eine große Krise für ganz Europa geben", sagte der Staatschef vor Journalisten beim Weltwirtschaftsforum in Davos (Schweiz). Die Ukraine werde zwar weiterkämpfen - doch ohne Hilfsgelder könne Russland in der Lage sein, die Ukraine zu erobern. "Und sobald sie uns erobert haben, glauben Sie mir, wird das ein Krieg zwischen Nato und Russland", führte Selenskyj aus. Der russische Präsident Wladimir Putin habe einen solchen Angriff auf das Militärbündnis im Blick.

Selenskyj: "Riesige Zahl an toten und verletzten Menschen"

Eine direkte Folge ausbleibender westlicher Unterstützung werde eine Schwächung auf dem Schlachtfeld sein, sagte Selenskyj in Davos: "Wir werden einen riesigen Artilleriemangel haben." Ebenso werde die Luftverteidigung mangels Raketen schwächer. "Es wird eine riesige Zahl an toten und verletzten Menschen geben", warnte er.

Im Falle einer ukrainischen Niederlage drohten Europa zudem nicht nur neue Flüchtlingsströme. Auch würden Getreide- und Stromlieferungen ausfallen, warnte Selenskyj.

Die Ukraine wehrt seit knapp zwei Jahren mit westlicher Unterstützung eine russische Invasion ab. Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zufolge belaufen sich die Gesamthilfen für die Ukraine bereits auf über 240 Milliarden Euro. Die Gewährung neuer Milliardenhilfen vom wichtigsten Unterstützer USA jedoch steckt momentan wegen eines innenpolitischen Streits fest. Auch die EU konnte ein eigentlich geplantes Ukraine-Hilfsprogramm in Höhe von 50 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre wegen eines ungarischen Vetos bislang nicht freigeben.

Bundestag gegen Taurus-Lieferung an die Ukraine

In der Debatte über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine stellte sich der Bundestag indessen gegen entsprechende Forderungen von CDU und CSU. Ein Antrag der Unionsfraktion, der die Bundesregierung ausdrücklich zur Taurus-Lieferung auffordert, wurde am Mittwochabend mehrheitlich abgelehnt.

Abgeordnete von Grünen und FDP, die in der Koalition seit längerem auf eine solche Lieferung dringen, begründeten ihre Ablehnung damit, dass der Antrag der Union mit einer Plenardebatte über den Jahresbericht der Wehrbeauftragten verknüpft wurde. So erklärte etwa der FDP-Parlamentarier Nils Gründer: "Natürlich ist die FDP-Fraktion für die Lieferung von Taurus (...), aber ich finde es schon schwach, dass wir diese Debatte auf dem Rücken der Anliegen unserer Soldatinnen und Soldaten heute austragen."

Der Taurus ist einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe und kann Ziele wie eine Bunkeranlage auch aus großer Höhe und Entfernung zerstören. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Anfang Oktober entschieden, diese Waffe vorerst nicht an die Ukraine zu liefern. Dahinter steckte die Befürchtung, dass wegen der Reichweite von 500 Kilometern auch russisches Territorium getroffen werden könnte. Bei Grünen und FDP gibt es allerdings erheblichen Widerstand gegen die Haltung des Kanzlers.

Führender Nato-Admiral mahnt neues Denken an

Der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses mahnte eine stärkere gesellschaftliche Anpassung an das neue sicherheitspolitische Umfeld mit Russlands Krieg gegen die Ukraine an. Die Verantwortung für die Freiheit liege nicht allein auf den Schultern von Menschen in Uniform, sagte Admiral Rob Bauer zum Auftakt einer zweitägigen Sitzung des Militärausschusses in Brüssel. Um die gemeinsame Verteidigung zu stärken und gleichzeitig die Ukraine in ihrem Existenzkampf zu unterstützen, sei ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz nötig.

"Wir brauchen öffentliche und private Akteure, die ihre Denkweise gegenüber einer Zeit ändern, in der alles planbar, vorhersehbar, kontrollierbar und auf Effizienz ausgerichtet war", erklärte Bauer. Nun lebe man in einer Zeit, in der jederzeit alles passieren könne und in der man mit dem Unerwarteten rechnen müsse. Dafür sei auch die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor wichtig.

Zu Russlands Krieg gegen die Ukraine sagte Bauer, in diesem sei es nie um eine echte Sicherheitsbedrohung für Russland gegangen, sondern darum, dass die dortige Führung die Demokratie fürchte, die mächtiger sei als jede physische Waffe auf der Erde.

Lawrow will zu UN-Sicherheitsrat nach New York fliegen

Der russische Außenminister Sergej Lawrow wird zu den Sitzungen des UN-Sicherheitsrates vom 22. bis 24. Januar nach New York reisen. Er wolle vor allem an den Debatten zum Nahen Osten und zur Ukraine teilnehmen, kündigte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa in Moskau an. Lawrow wolle der Weltöffentlichkeit zur Ukraine die russische Sichtweise nahebringen - auch was Wege zu einer politischen Lösung "unter Berücksichtigung rechtmäßiger russischer Sicherheitsinteressen" betreffe. Unter legitimes Sicherheitsinteresse versteht Russland seine Forderung nach einer Abrüstung der Ukraine und nach einem neutralen Status für das Land.

Verletzte nach Beschuss von Odessa

Der Krieg in der Ukraine geht unterdessen unvermindert weiter. Russland attackierte nach Angaben der regionalen Militärverwaltung von Odessa die gleichnamige ukrainische Hafenstadt am Schwarzen Meer mit Angriffsdrohnen. Bei dem Angriff in der Nacht seien Wohngebäude beschädigt und mindestens drei Menschen verletzt worden, teilte die Militärverwaltung bei Telegram mit.

Ein 62 Jahre alter Mann habe eine Schrapnellwunde erlitten, zwei 1955 und 1995 geborene Frauen seien ebenfalls verwundet worden. Rund 130 Zivilisten hätten zudem aus beschädigten Wohnungen evakuiert werden müssen, hieß es weiter. Die Angaben lassen sich bisher nicht unabhängig prüfen.

Verletzte nach Raketenangriff auf Charkiw

Bei einem russischen Raketenangriff auf Charkiw waren bereits zuvor mindestens 17 Menschen verletzt worden. "Zwei Frauen davon sind schwerverletzt", teilte der Militärgouverneur der Region Charkiw, Oleh Synjehubow am späten Dienstagabend auf seinem Telegram-Kanal mit. Zwölf weitere Personen seien ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Demnach sind zwei umfunktionierte Flugabwehrraketen vom Typ S-300 im Stadtzentrum der Millionenstadt eingeschlagen. Die Raketen hätten einen Ort getroffen, an dem es viele Wohnhäuser gibt, klagte Bürgermeister Ihor Terechow. Die Behörden sprechen zudem von Schäden an ziviler Infrastruktur.

Russland: Raketen und Drohnen abgewehrt

Russland will indes nach eigenen Angaben in der Nacht erneut mehrere ukrainische Geschosse über der Grenzregion Belgorod abgewehrt haben. Dabei habe es sich um sieben Raketen und vier Drohnen gehandelt, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau in den frühen Morgenstunden bei Telegram mit.

Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Über Schäden und Verletzte war zunächst nichts bekannt. Bereits in der Nacht zum Dienstag hatte die russische Luftwaffe mehrere Geschosse über Belgorod sowie über dem Gebiet Woronesch abgewehrt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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