Nahost Baerbock: Unterstützung für libanesische Armee wird erhöht
Die Spannungen zwischen Israel und der vom Libanon aus operierenden Schiitenmiliz Hisbollah nehmen zu. Die deutsche Außenministerin versucht zu deeskalieren. Zeitgleich werden israelische Häuser beschossen.
Deutschland stellt dem Libanon angesichts der wachsenden Spannungen zwischen Israel und der Schiitenmiliz Hisbollah weitere 15 Millionen Euro zur Verfügung, um die Armee des Landes besser aufzustellen.
Das Geld solle dafür sorgen, dass die libanesischen Soldaten an der Grenze zu Israel im Süden des Landes besser für Sicherheit sorgen könnten, sagte Außenministerin Annalena Baerbock beim Besuch der UN-Beobachtermission Unifil in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Die Grünen-Politikerin rief sowohl die Hisbollah als auch Israel zur Deeskalation auf, um einen Flächenbrand in der Region zu vermeiden.
Hintergrund der Auseinandersetzungen
Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober haben auch die Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon im Grenzgebiet beider Länder deutlich zugenommen. Die vom Iran unterstützte und mit der Hamas verbündete Hisbollah feuert aus dem Libanon vermehrt Geschosse auf Israel ab.
Israel reagiert darauf meist mit Angriffen auf Hisbollah-Stellungen im Libanon. Auslöser des Gaza-Kriegs war der beispiellose Überfall der Hamas und anderer palästinensischer Terrorgruppen auf Grenzorte in Israel am 7. Oktober.
Baerbock: Handlungsfähige Armee unverzichtbar
Je stärker Unifil unterstützt werde, "desto stärker kann unser gemeinsamer Beitrag zu einer Deeskalation sein", sagte Baerbock. Eine gut ausgestattete und ausgebildete libanesische Armee, deren Soldaten wie in jeder anderen Armee bezahlt würden, "ist genauso wichtig wie eine handlungsfähige libanesische Regierung".
Dies sei unverzichtbar, um wirksame Kontrolle über libanesisches Territorium auszuüben und bewaffnete Milizen und Terrororganisationen einzudämmen. Dabei sei die Zusammenarbeit der Unifil mit der libanesischen Armee zentral.
Mit den 15 Millionen Euro soll etwa die Beschaffung von Treibstoff bezahlt werden. Es geht aber auch um mittelfristige Maßnahmen, etwa eine bessere Grenzüberwachung auf der Landseite. Die Aufstockung erfolge in enger Abstimmung mit internationalen Partnern, insbesondere den USA, Frankreich und Großbritannien, hieß es. Sie sei auch mit Israel abgesprochen.
Baerbock verlangt "maximale militärische Zurückhaltung"
Die Bundesaußenministerin forderte von allen Seiten eine "maximale militärische Zurückhaltung. Wir brauchen Deeskalation von allen Seiten." Die Hisbollah müsse sich von der blauen Linie zurückziehen, der Demarkationslinie an der Grenze.
"Der Krieg in Gaza gegen die Hamas darf nicht zum Vorwand genutzt werden, eine weitere Front zu eröffnen und einen regionalen Krieg zu provozieren", warnte sie.
Zeitung: Israelische Häuser mit Panzerabwehrraketen beschossen
Die Schiitenmiliz Hisbollah im Südlibanon setzt nach einem Bericht der israelischen Zeitung "Haaretz" in ihrem Kampf gegen Israel ungewöhnlich viele Panzerabwehrraketen gegen Wohnhäuser ein. Diese Waffen wurden eigentlich zur Bekämpfung gepanzerter Fahrzeuge entwickelt und haben zwar nur eine relativ geringe Reichweite, können dafür aber sehr präzise vom Schützen ins Ziel gelenkt werden.
Die israelische Armee habe große Probleme, diese Waffen abzufangen, schrieb die Zeitung weiter. Hunderte Häuser in den seit Wochen evakuierten grenznahen Orten in Nordisrael wie Metula, Manara oder Avivim seien bereits von Geschossen aus dem Libanon getroffen oder von den Druckwellen israelischer Artillerie beschädigt worden, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Bewohner. Die Menschen hätten Angst und könnten nicht in ihre Heimatorte zurück.
Pufferzone seit Ende 2006
Bereits mit Ende des zweiten Libanon-Krieges 2006 war eine Pufferzone im Südlibanon eingerichtet worden. Die UN-Resolution 1701 verbot den Einsatz libanesischer Hisbollah-Milizen südlich des Litani-Flusses, dem Grenzgebiet zu Israel. Das libanesische Militär sollte im Südlibanon stationiert werden. Die israelischen Truppen wiederum mussten sich hinter die Blaue Linie - die Grenze - zurückziehen.
Israel fordert den Rückzug der Hisbollah gemäß der Resolution 1701 nördlich des Litani-Flusses, der etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernt liegt. Bisher hat die Hisbollah dem nicht zugestimmt.
Älteste aktive UN-Blauhelmmission
Unifil überwacht seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Der Blauhelmeinsatz gilt als eine der ältesten aktiven UN-Beobachtermissionen. Gegenwärtig sind etwas mehr als 10 000 Soldaten am Einsatz beteiligt. Die Bundeswehr ist aktuell mit rund 200 Soldaten bei der Mission dabei, das Mandat lässt bis zu 300 zu.
Besuch auf der deutschen Fregatte "Baden-Württemberg"
Im Hafen von Beirut informierte sich Baerbock auf der deutschen Fregatte "Baden-Württemberg" über die Arbeit der Bundeswehrsoldaten. Das Schiff ist mit rund 120 Soldaten seit dem 20. Oktober im Unifil-Einsatz.
Die Mission soll die libanesische Regierung dabei unterstützen, die Seegrenzen zu sichern und den Waffenschmuggel über See zu verhindern. Für das 2019 in Dienst gestellte Schiff des neuen Fregatten-Typs F125 ist es der erste Einsatz überhaupt.
Weiterflug auf die Philippinen
Am Nachmittag will die Bundesaußenministerin nach Südostasien weiterreisen. Baerbock will angesichts des immer aggressiveren Auftreten Chinas in der Region für eine engere Kooperation mit Partnern in Südostasien werben.
"Die Freiheit der Seewege, die Sicherheit von Lieferketten und damit die globale Wirtschaftsentwicklung stehen hier auf dem Spiel – in einem Gebiet, durch das ein Drittel des globalen Seehandels fließt", warnte die Grünen-Politikerin vor ihrem Abflug aus dem libanesischen Beirut.
In den vergangenen Jahren ist es immer wieder zu Zwischenfällen zwischen China und den Philippinen im Südchinesischen Meer gekommen. Es geht neben geopolitischen Fragen um Fischgründe, Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas, sowie um die Sicherheit der Seewege.
Baerbock kündigte auch an, mit den Philippinen noch enger beim Klimaschutz zusammenarbeiten zu wollen. Großes Potenzial berge auch die Fachkräftekooperation. Tausende philippinische Pflegekräfte leisteten in Deutschland unverzichtbare Arbeit.
- Nachrichtenagentur dpa