Internationale Recherche Bericht: Deutscher Putin-Biograf verschwieg Gelder aus Russland
Der Journalist und Putin-Biograf Hubert Seipel soll mutmaßlich Hunderttausende Euro aus Putins Umfeld erhalten haben. Nun stoppt der Verlag den Buchverkauf.
Der bekannte und preisgekrönte Journalist Hubert Seipel soll für seine Arbeit Hunderttausende Euro aus Russland erhalten haben und dies vor der Öffentlichkeit verschwiegen haben. Das geht aus einer internationalen Recherche verschiedener Medienhäuser hervor, an der in Deutschland etwa der "Spiegel" und das ZDF beteiligt waren.
Seipel soll demnach einen "Sponsorenvertrag" für ein Buchprojekt unterschrieben haben, der ihm 600.000 Euro eingebracht haben soll. Dafür sollte er laut Vertrag ein Buch "über das politische Umfeld in der russischen Föderation" schreiben. Bei Seipels Vertragspartner soll es sich um eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln gehandelt haben, hinter dem der russische Oligarch Alexej Mordaschow stehen soll. Mordaschow steht seit Februar 2022 auf der Sanktionsliste der Europäischen Union aufgrund seiner Nähe zum russischen Präsident Wladimir Putin.
Der Hamburger Verlag Hoffmann und Campe habe sich "dazu entschlossen, dessen Bücher nicht mehr zum Verkauf anzubieten". Das teilte der Verlag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Hoffmann und Campe habe keine Kenntnis von dem Sachverhalt gehabt.
Verlag und Sender prüfen weitere Schritte
Seipel hatte 2015 auch eine Biografie über den russischen Präsidenten veröffentlicht. Ein handschriftlicher Vermerk auf seinem "Sponsorenvertrag" soll nahelegen, dass Seipel für die Putin-Biografie im Jahr 2013 eine ähnliche Vereinbarung getroffen haben könnte. 2021 veröffentlichte er darüber hinaus das Buch "Putins Macht. Warum Europa Russland braucht."
Seipel, der auch Putin für den NDR mehrfach interviewt hatte, räumte laut der Recherche die Bezahlung durch Mordaschow ein. Dass der Oligarch allerdings Einfluss auf den Inhalt seiner Arbeit gehabt habe, verneinte der Journalist. Tatsächlich soll es auch in dem Vertrag heißen, dass sein Sponsor keinerlei Einfluss auf Seipels Arbeit habe.
NDR: "Zieht Seipels journalistische Unabhängigkeit in Zweifel"
Auch der NDR teilte mit, von den Zahlungen nichts gewusst zu haben. Weitere Schritte werde man prüfen. In der NDR-Mitteilung hieß es, der Sender habe mit dem Autor sowie Verantwortlichen der Produktionsfirma Kontakt aufgenommen. "Seipel hat dabei dem NDR gegenüber eingeräumt, er habe über zwei "Sponsoring-Verträge" 2013 und 2018 Geld von Alexey Mordashov erhalten und erklärt, es sei für zwei Buchprojekte gewesen."
Den Abschluss der Verträge habe Seipel dem NDR gegenüber damals nicht offengelegt: "Der Sender sieht hierin einen erheblichen Interessenskonflikt, der Seipels journalistische Unabhängigkeit in Zweifel zieht." Den Abschluss hätte der Journalist demnach der Produktionsfirma und dem Sender gegenüber offenlegen müssen. Seipel sei zuletzt 2019 für den öffentlich-rechtlichen NDR tätig gewesen.
NDR-Intendant Joachim Knuth äußerte sich ebenfalls zu den Vorwürfen: "Es besteht der Verdacht, dass wir und damit auch unser Publikum vorsätzlich getäuscht worden sind. Dem gehen wir jetzt nach und prüfen rechtliche Schritte." Die Vorgänge um die Beauftragung und Umsetzung der Filme, die Seipel für den NDR realisiert habe, werde man gründlich überprüfen. Dafür sei der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur Steffen Klusmann gewonnen worden.
Der NDR verlange in Produktionsverträgen und Compliance-Regeln, dass mögliche Interessenskonflikte offengelegt werden und die journalistische Arbeit frei vom Einfluss Dritter durchgeführt wird, hieß es weiter. Keiner der Filme Seipels befinde sich aktuell in der ARD-Mediathek. Alle russischen Beteiligten inklusive Wladimir Putin äußerten sich auf Nachfrage nicht zu den Recherchen.
- spiegel.de: "Preisgekrönter deutscher Journalist erhielt Hunderttausende Euro aus Russland" (kostenpflichtig)
- Nachrichtenagentur dpa