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Michail Saakaschwili abgemagert: Selenskyj kämpft für Georgiens Ex-Präsidenten


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Ex-Präsident in Haft
Diese Bilder entfachen Selenskyjs Wut


Aktualisiert am 04.07.2023Lesedauer: 5 Min.
Saakaschwili bei einer Gerichtsanhörung: Er hat seit seiner Inhaftierung wohl 60 Kilo abgenommen.
Saakaschwili bei einer Gerichtsanhörung: Er hat seit seiner Inhaftierung wohl 60 Kilo abgenommen. (Quelle: Glomex)
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2021 wurde Michail Saakaschwili in Georgien verhaftet. Seither zeigen Bilder seinen körperlichen Verfall. Schon die Vergangenheit des Ex-Präsidenten war turbulent.

Michail Saakaschwilis Wangen sind eingefallen, seine Rippen stehen heraus, seine Arme wirken zerbrechlich. Seit der georgische Ex-Präsident inhaftiert ist, soll er rund 60 Kilogramm abgenommen haben. Neue Aufnahmen von Saakaschwili aus dem Gefängniskrankenhaus führen jetzt zu einem internationalen Aufschrei – vor allem aus der Ukraine.

Aber worum geht es im Fall Saakaschwili? Was steckt hinter dem neu veröffentlichten Video? Und welche Verbindung hat er zu Präsident Wolodymyr Selenskyj?

Wer ist Michail Saakaschwili?

Michail Saakaschwili war von 2004 bis 2013 Präsident der an Russland grenzenden Ex-Sowjetrepublik Georgien. Seine Politik war westorientiert: Er setzte sich etwa für die Aufnahme Georgiens in die Nato und in die EU ein – scheiterte jedoch mit beiden Vorhaben.

In Saakaschwilis Amtszeit fiel der Kaukasuskrieg im Jahr 2008 zwischen Tiflis und Moskau um die abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien. Damals unterlag Georgien. In beiden Regionen hat Russland seither eine starke Militärpräsenz.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wirft Saakaschwili Georgiens aktueller Regierung unter Präsidentin Salome Surabischwili vor, sich in Kriegszeiten nicht klar genug an die Seite der Ukraine zu stellen.

Ukrainisches Exil

Nach seiner Abwahl verließ Saakaschwili Georgien – die georgische Generalstaatsanwaltschaft setzte ihn auf die interne Fahndungsliste und ordnete Untersuchungshaft an. Zuerst lebte Saakaschwili in den USA, dann verbrachte er einen großen Teil seines Exils in der Ukraine – und wurde dort ebenfalls politisch aktiv.

2015 nahm er die ukrainische Staatsbürgerschaft an, wurde unter dem damaligen Präsidenten Petro Poroschenko Gouverneur der Region Odessa. Seine georgische Staatsbürgerschaft wurde ihm im Dezember 2015 per Dekret entzogen.

Doch Saakaschwili kam gegen die korrupten Strukturen in der Hafenstadt nicht an. Unter den aktuellen Bedingungen seien Reformen unmöglich, sagte er damals zu seinem Rücktritt. Mit seinem einstigen Studienfreund Poroschenko zerstritt er sich, seine ukrainische Staatsbürgerschaft verlor er ebenfalls.

Verurteilung in Abwesenheit

So war Saakaschwili zwischenzeitlich staatenlos. Poroschenko begründete den Entzug damit, dass Saakaschwili verschwiegen habe, in seiner Heimat Georgien strafrechtlich verfolgt zu werden.

Doch der Ex-Präsident kämpfte für sein Aufenthaltsrecht in der Ukraine: Im September 2017 reiste er illegal über die polnisch-ukrainische Grenze ein. Mit seinen Anhängern stürmte er einen Kontrollpunkt. Später versuchte der ukrainische Inlandsgeheimdienst mehrmals vergeblich, Saakaschwili festzunehmen: Als Anführer wöchentlicher Proteste gegen den damaligen Präsidenten Poroschenko machte er von sich reden.

Erst im Februar 2018 nahm ihn die Grenzpolizei fest – Saakaschwili musste nach Polen ausreisen. Dort und in den Niederlanden lebte er knapp eineinhalb Jahre. Seine Frau ist Niederländerin, er bekam deshalb eine Aufenthaltserlaubnis. In dieser Zeit, im Juni 2018, verurteilte das Städtische Gericht im georgischen Tiflis Saakaschwili in Abwesenheit zu sechs Jahren Haft, weil er 2005 angeordnet haben soll, einen oppositionellen Politiker zusammenschlagen zu lassen.

Ein weiterer Vorwurf: Machtmissbrauch. Saakaschwili soll vier Polizeivertreter begnadigt haben, die wegen Mordes an einem georgischen Bankier in Haft saßen. Auch dafür bekam er eine Gefängnisstrafe.

Selenskyj gab ihm seinen Pass zurück

2019 dann die erneute Wende in Saakaschwilis Leben: Der nun amtierende ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gab ihm seinen ukrainischen Pass zurück, stellte ihn als Reformbeauftragten an. 2020 bot er Saakaschwili an, stellvertretender Premierminister zu werden.

Dieser aber entschied sich im Oktober 2021 dazu, in seine Heimat zurückzukehren – wohl wissend, dass er dort ins Gefängnis kommen würde. Er wurde kurz nach seiner Einreise festgenommen.

Heute ist der prowestliche Reformpolitiker Saakaschwili der prominenteste Vertreter der georgischen Opposition gegen die von der Partei Georgischer Traum geführte Regierung. Beobachter werfen der Partei, die seit 2012 das Land regiert, vor, die Opposition mundtot zu machen.

Was passiert mit Saakaschwili in Haft?

Seit seiner Inhaftierung hat Saakaschwili physisch erheblich abgebaut – und vermutlich auch psychisch. Unterstützer und Angehörige werfen der georgischen Regierung vor, den Ex-Präsidenten in Haft zu foltern. Sie sehen ihn als politischen Gefangenen.

Der Aufschrei um Saakaschwilis Zustand ist immer dann besonders groß, wenn wieder neue Aufnahmen von ihm erscheinen. Dies ist zumeist der Fall, wenn er zu Gerichtsverhandlungen per Video zugeschaltet wird.

Nach einem 50-tägigen Hungerstreik war der Ex-Präsident im vergangenen Jahr in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er seitdem inhaftiert ist. "Mich ins Gefängnis zu stecken, wird mich nicht brechen. Ich werde mich aktiv an der georgischen Politik beteiligen", sagte Saakaschwili in dem Video, das live von mehreren Fernsehsendern übertragen wurde. "Ich habe kein Verbrechen begangen", bekräftigte er.

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Vergiftet?

Saakaschwilis Ärzte warnen seit Monaten davor, dass sich der 55-Jährige in Lebensgefahr befinde. Er leide unter verschiedenen gravierenden Krankheiten und habe unter anderem eine Schwermetallvergiftung erlitten. Eine in den USA ansässige Ärztegruppe untersuchte Saakaschwili vor Ort und erklärte, sein sich verschlechternder Gesundheitszustand sei das Ergebnis von "Folter" in Haft. Der ehemalige Staatschef müsse sofort in eine medizinische Einrichtung im Ausland verlegt werden.

Nun stoßen Aufnahmen vom jüngsten Gerichtstermin weitere Spekulationen um Saakaschwilis Gesundheitszustand an. Darauf ist zu sehen, dass sein Gesicht weiter eingefallen ist, er hat noch mehr abgenommen. Saakaschwili lüftete sein T-Shirt und brachte seine hervorstehenden Rippen und seinen hohlen Bauch zum Vorschein.

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Die georgischen Behörden bestehen hingegen darauf, dass Saakaschwili angemessen medizinisch versorgt werde. Im Februar entschied ein Gericht in der Hauptstadt Tiflis, der Ex-Präsident müsse in Haft bleiben.

Über Twitter ließ Saakaschwili mitteilen: "Ich habe meine körperliche Verfassung nicht gezeigt, um jemandem ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern um die Lügen der Putinisten aufzudecken." Er habe nie vorgehabt, zu sterben – obwohl er auch keine Angst davor habe. "Ich werde für Georgien und die Ukraine leben", hieß es in dem Beitrag von Montag weiter.

Wie reagiert Selenskyj auf Saakaschwilis Zustand?

Seit Saakaschwilis Inhaftierung pocht der ukrainische Präsident Selenskyj immer wieder darauf, dass der ukrainische Staatsbürger für die nötige Behandlung und Pflege in die Ukraine gebracht werden solle. In seiner Videobotschaft von Montag rief er die internationale Gemeinschaft erneut auf, die Lage nicht zu ignorieren, sondern "diesen Mann zu retten".

"Keine Regierung in Europa hat das Recht, Menschen zu exekutieren, Leben ist ein grundlegender europäischer Wert", sagte Selenskyj. Der Präsident hatte immer wieder betont, dass Saakaschwili in georgischer Haft "langsam getötet" werde. Dies sei eine "Schande".

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Am Montag wies Selenskyj Außenminister Dmytro Kuleba an, dem georgischen Botschafter in der Ukraine den Protest der ukrainischen Regierung auszusprechen und ihm die Ausreise nahezulegen, damit der Diplomat in Tiflis Gespräche führen könne.

Der Präsident adressierte in seinen Vorwürfen auch Kremlchef Wladimir Putin. Die Welt habe "einmal mehr" sehen können, wie "der Kreml – mithilfe der derzeitigen georgischen Regierung – den ukrainischen Staatsbürger Michail Saakaschwili tötet", schrieb Selenskyj im Onlinedienst Telegram.

Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili, eine einstige Weggefährtin und spätere Rivalin Saakaschwilis, gab im Dezember bekannt, dass die Frage nach einer möglichen Begnadigung "mit der Zeit beantwortet" werde. Zuvor hatte sie es noch kategorisch abgelehnt, Saakaschwili jemals zu begnadigen. Georgien unterstützt zum Ärger Selenskyjs auch die Sanktionen des Westens gegen Moskau nicht.

Verwendete Quellen
  • twitter.com: Beiträge von @ZelenskyyUa, @SaakashviliM
  • tagesschau.de: "Einst Präsident, jetzt staatenlos"
  • spiegel.de: "Saakaschwili tritt als Gouverneur zurück"
  • mdr.de: "Krawall-Politiker Saakaschwili darf in die Ukraine zurück"
  • bpb.de: "Analyse: Micheil Saakaschwili – 'Reformator' oder 'Scharlatan'?"
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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