Finanzermittlungen Schottische Ex-Regierungschefin nach Festnahme wieder frei
Seit 2021 laufen Ermittlungen gegen die schottische Regierungspartei SNP. Nun geriet auch die Ex-Vorsitzende Nicola Sturgeon ins Visier der Polizei.
Die frühere schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon ist kurz nach ihrer Festnahme wieder auf freien Fuß gekommen. Gegen sie seien keine formellen Anschuldigungen erhoben worden, teilte die schottische Polizei am Sonntagabend mit. Die Ermittlungen dauerten weiter an, hieß es.
Die 52-Jährige war rund sieben Stunden zuvor als Verdächtige im Zuge von Ermittlungen zu finanziellen Ungereimtheiten in ihrer Partei SNP festgenommen worden. Sturgeon befand sich in Gewahrsam und wurde von Ermittlern befragt, teilte die schottische Polizei am Sonntag mit. Die Politikerin erklärte anschließend, sie sei sich zweifelsfrei sicher, dass sie sich nichts zuschulden habe kommen lassen.
"Ich würde nie etwas tun, was der SNP oder dem Land schadet", schrieb Sturgeon auf Twitter. Weil sie sich sicher sei, keine Straftat begangen zu haben, empfinde sie die gegenwärtige Situation als schockierend und zutiefst erschütternd.
Auch Sturgeons Ehemann wurde bereits festgenommen
Eine Sprecherin der Politikerin bestätigte die Angaben zur Befragung und betonte, Sturgeon habe stets klargemacht, dass sie bei den Ermittlungen kooperieren werde, wenn ihre Mitwirkung nötig sei. Dies werde sie weiterhin tun. Auch vonseiten der SNP hieß es, man kooperiere vollständig mit den Behörden.
Im April war bereits Sturgeons Ehemann, Peter Murrell, vorübergehend festgenommen worden. Murrell war als langjähriger "Chief Executive Officer" der Partei auch für die SNP-Finanzen verantwortlich. Er war ohne Anklage, aber "vorbehaltlich weiterer Untersuchungen" freigelassen worden. Die Polizei untersuchte im Rahmen der Ermittlungen bereits das SNP-Hauptquartier sowie Sturgeons und Murrells Haus.
Finanzielle Ungereimtheiten
Die Behörden beschlagnahmten ein Wohnmobil, das die SNP 2021 als Kampagnenbus angeschafft haben soll. Auch SNP-Schatzmeister Colin Beattie war damals festgenommen und später ohne Anschuldigungen wieder freigelassen worden.
Die schottische Regierungspartei SNP hat seit Monaten mit Turbulenzen wegen finanzieller Ungereimtheiten zu kämpfen. Bei den seit 2021 laufenden Ermittlungen geht es um eine mögliche Zweckentfremdung von Spenden in Höhe von knapp 667.000 Pfund (rund 780.000 Euro), die für die Unabhängigkeitskampagne der SNP vorgesehen waren.
Sturgeon trat im Februar zurück
Sturgeon hatte nach mehr als acht Jahren im Amt im Februar überraschend ihren Rücktritt von der Spitze der Partei und Regierung angekündigt. Im folgenden Wahlkampf präsentierte sich die Partei gespalten und teils chaotisch. Nun steht der 37-jährige Humza Yousaf an der Spitze.
Politisch betrachtet bedeutet Sturgeons zwischenzeitliche Festnahme einen schweren Schlag für die SNP. Yousaf habe versucht, den Fokus weg von Festnahmen und polizeilichen Ermittlungen und wieder hin zu Politik und Visionen der Partei zu richten, analysierte etwa BBC-Korrespondent Nick Eardley. Es sei unvermeidlich, dass sich Yousaf nun tagelang Fragen über die Festnahme und deren Bedeutung für die Partei gefallen lassen müsse.
Als wichtigstes Ziel sieht die regierende SNP, Schottland vom Vereinigten Königreich zu lösen und als unabhängiges Land zurück in die EU zu führen. Da London jedoch ein neues Referendum blockiert, ist der Weg steinig. "Ich glaube nicht, dass wir aktuell die Unabhängigkeit erreichen können", sagte SNP-Präsident Mike Russell im Interview. Es sei nötig, eine neue Unabhängigkeitsbewegung zu bilden und koordiniert für das Ziel zu werben. "Das ist erreichbar", sagte Russell. Es sei notwendig, einen Weg zu finden.
- news.sky.com: "Nicola Sturgeon in custody after being arrested in connection with SNP investigation, police say" (englisch)
- twitter.com: Beiträge von @PoliceScotland
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters