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China-Bevölkerung schrumpft erstmals seit 60 Jahren | Experten: "Unvorstellbare" Krise


Experten warnen vor "unvorstellbarer" Krise
Chinas Bevölkerung schrumpft erstmals seit 60 Jahren

Von dpa
Aktualisiert am 17.01.2023Lesedauer: 3 Min.
China leidet unter einem starken Geburtenrückgang und einer Überalterung der Bevölkerung.Vergrößern des Bildes
China leidet unter einem starken Geburtenrückgang und einer Überalterung der Bevölkerung. (Quelle: Uncredited)
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Die Einwohnerzahl Chinas sinkt erstmals seit mehr als 60 Jahren. Die Folgen der Bevölkerungskrise für die zweitgrößte Volkswirtschaft sind enorm.

Chinas Bevölkerung ist im vergangenen Jahr erstmals seit sechs Jahrzehnten geschrumpft. Ende Dezember habe das bevölkerungsreichste Land der Welt 1,411 Milliarden Einwohner gehabt und damit rund 850.000 weniger als ein Jahr zuvor, teilte das Statistikamt in Peking mit. Experten sprechen von einem "Wendepunkt" in Chinas Geschichte und warnen vor verheerenden Folgen einer "unvorstellbaren" Bevölkerungskrise.

Es ist der erste Bevölkerungsrückgang seit 1960 und 1961, berichtete das Statistikamt, ohne die Zahlen gesondert zu kommentieren. Damals waren in den verheerenden Hungersnöten als Folge der irregeleiteten Industrialisierungskampagne des "Großen Sprungs nach vorn" von Mao Tsetung viele Millionen Menschen ums Leben gekommen.

Die Geburtenrate lag im vergangenen Jahr nur noch bei 6,77 Neugeborenen auf 1.000 Menschen – ein historischer Tiefpunkt. Erstmals in der Geschichte der Volksrepublik lag die Zahl der Geburten unter 10 Millionen. Nur 9,56 Millionen Babys wurden geboren, während 10,41 Millionen Menschen starben, wie das Statistikamt berichtete.

Die wirtschaftlichen Aussichten sind düster

"Chinas demografische und wirtschaftliche Aussichten sind düsterer als erwartet", meint der US-Sozialwissenschaftler Yi Fuxian von der Universität von Wisconsin. "China wird eine Schrumpfung durchlaufen müssen." Auch müsse es seine Sozial- und Wirtschaftspolitik ändern. Auf den Überschuss an Werktätigen, der Chinas Wirtschaftswunder als "Werkbank der Welt" angekurbelt hatte, folgt jetzt Arbeitskräftemangel: "Chinas Produktionssektor wird unterbesetzt sein und überaltern – und so schnell schrumpfen wie der Japans", so Yi Fuxian.

Der unabhängige Forscher Yi Fuxian, der seit Langem die chinesische Bevölkerungsentwicklung kritisch verfolgt, hält die jetzigen Zahlen unverändert für geschönt. Nach seinen Berechnungen nimmt die chinesische Bevölkerungszahl bereits seit vier Jahren ab. Anders als vor sechzig Jahren sei der Trend jetzt allerdings "unumkehrbar".

Unaufhaltsam gehen seit Jahren die Geburten zurück, während die Gesellschaft überaltert. Die Auswirkungen der seit 1979 verfolgten "Ein-Kind-Politik" werden immer spürbarer. Die Aufhebung der umstrittenen Geburtenkontrolle führte 2016 nur kurzzeitig zu einem leichten Anstieg der Geburten. Nur ein Kind zu haben, ist in China heute die soziale Norm. Zwei Generationen haben es nie anders erlebt, sodass das Modell tief in der Gesellschaft verankert ist.

Rentenkrise könnte zu humanitärer Katastrophe werden

Daneben sehen Experten die hohen Kosten für Wohnraum, Bildung und Gesundheitsversorgung in China sowie die schwindende Bereitschaft zur Heirat als wesentliche Gründe für die beunruhigende Entwicklung. Die Corona-Pandemie und hohe Arbeitslosigkeit gerade unter jungen Menschen schufen weitere Unsicherheiten, die den Trend noch beschleunigt haben dürften.

Als Reaktion auf den Geburtenrückgang und die rapide Überalterung wurden 2021 drei Kinder erlaubt. Außerdem bemüht sich die Regierung seither, es jungen Paaren leichter zu machen, für Kinder zu sorgen. Die Kosten für Kindergärten und Schulbildung wurden gesenkt. Finanzhilfen wurden gewährt, Mutterschafts- und Elternurlaub erleichtert. Viele Frauen befürchten, dass sich eine Mutterschaft negativ auf ihre berufliche Karriere auswirkt.

Die Folgen der Bevölkerungskrise für die zweitgrößte Volkswirtschaft sind enorm. Schon länger müssen immer weniger Werktätige immer mehr alte Leute versorgen. Jeder fünfte Chinese ist heute älter als 60 Jahre. Unterstützten 2020 fünf Beschäftigte zwischen 20 und 64 Jahren einen älteren Menschen über 65 Jahre, werden es 2050 nur noch 1,5 Arbeitnehmer sein. "Ohne soziales Netz, ohne die Sicherheit der Familie wird sich eine Rentenkrise zu einer humanitären Katastrophe entwickeln", warnt Forscher Yi Fuxian.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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