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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das sagt die Presse über Kurz' Skandal "Nichts anderes als bezahlte Propaganda"
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz steht im Verdacht, Ämter an Bekannte vergeben und die Medien beeinflusst zu haben. So blicken Journalisten im In- und Ausland auf die jüngsten Ermittlungen.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) macht erneut Negativ-Schlagzeilen. Nun wird auch in einem zweiten Verfahren gegen ihn ermittelt. Diesmal geht es um den Verdacht der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung. Konkret sollen Kurz und sein Team seit 2016 im Gegenzug für geschönte Umfragen Anzeigen in einer Zeitung finanziert haben - mit Geldern des konservativ geführten Finanzministeriums. Dies soll Teil eines Plans gewesen sein, mit dem Kurz schließlich Kanzler wurde.
Zeitungen und Nachrichtenportale urteilen zum großen Teil hart – nicht nur über Kurz, sondern auch über die österreichische Medienlandschaft.
Die Wiener Zeitung "Der Standard" kommentiert die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, dass Kanzler Sebastian Kurz auf dem Weg zur Macht auch zu verbotenen Mitteln gegriffen haben soll:
"Kurz hat die Operation Bundeskanzleramt generalstabsmäßig angelegt. Das wusste man. Er ist äußerst machtbewusst, über den Grad der Skrupellosigkeit kann man nur spekulieren. Er und sein Team, das aus loyalen Freunden und ergebenen Mitarbeitern besteht, haben nichts dem Zufall überlassen. Sie sind bei ihrem Vorhaben, Kurz ins Kanzleramt zu hieven, offenbar über Grenzen gegangen, möglicherweise auch über jene, die das Strafgesetzbuch zieht. (...)
Dass manche Medien, die eigentlich eine Kontrollfunktion haben, hier mitspielen, ist bitter. (...) Das kann und darf so nicht durchgehen. Die Staatsanwaltschaft muss ihre These jetzt untermauern und eine Anklage vorbereiten. Und möglicherweise ist das noch gar nicht alles. Angesichts dessen, was schon bekannt ist, muss sich Sebastian Kurz überlegen, wann er Konsequenzen zieht."
Die "Kronen"-Zeitung ist vorsichtiger in ihrer Wertung, nimmt Kurz auch teils in Schutz. Sie fragt:
"Wer hat hier Grenzen überschritten? Der Kanzler und seine engsten Verbündeten? Oder doch die Justiz? Welche Grenzen werden da noch gesprengt?" Für Kurz und sein Umfeld sei 'alles ein einziger großer Vernichtungsfeldzug'. Nur wenn Kurz tatsächlich keine Grenzen überschritten habe, werde er diesen Feldzug überstehen können.
Die deutsche "Süddeutsche Zeitung" bewertet die Vorwürfe gegen Kurz als "hammerhart", die Bestechlichkeit der Medien in Österreich aber nicht nur als Problem unter der Kurz-Regierung:
"Korruption in großem Stil ist auch die Medienförderung in Österreich, die Boulevardzeitungen mit Geld überschüttet und Qualitätsmedien mit Brosamen abspeist. Erst einmal werden in den kommenden Wochen das Schicksal von Sebastian Kurz und das mögliche Scheitern seiner Regierung die Schlagzeilen bestimmen; gut möglich, dass es Neuwahlen gibt. Aber danach muss die Inseratenkorruption abgestellt werden. Sie ist nichts anderes als bezahlte Propaganda."
In seiner "Morgenlage" blickt auch der "Spiegel" kurz nach Österreich und empfiehlt den Christdemokraten hierzulande, sich von Kurz zu distanzieren:
"Manch deutscher Christdemokrat forderte jüngst, die Union möge sich bei ihrer Neuorientierung den österreichischen Bundeskanzler und seine ÖVP zum Vorbild nehmen. Spätestens jetzt sollten sie darüber noch einmal nachdenken. (...)
'Selbstverständlich bleibe ich Kanzler', gibt sich Kurz im Angesicht der harten Vorwürfe demonstrativ gelassen. Die Frage ist, wie lange er das noch selbst in der Hand hat."
- Süddeutsche Zeitung: Es könnte eng werden für Sebastian Kurz
- Spiegel: Morgenlage
- Krone.at: Grenze überschritten?
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa