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Brexit – Backstop-Alternative: Plötzlich scheint ein Deal doch noch möglich


Alternative für den Backstop
Und plötzlich scheint ein Brexit-Deal doch noch möglich

Von dpa, dru

Aktualisiert am 19.09.2019Lesedauer: 3 Min.
Jean-Claude Juncker und Boris Johnson: Kommt es doch noch zu einer Einigung?Vergrößern des Bildes
Jean-Claude Juncker und Boris Johnson: Kommt es doch noch zu einer Einigung? (Quelle: Olivier Matthys/ap)

Die Zeit wird knapp für Großbritannien und die EU: Wieder naht ein Austrittstermin, wieder kommen die Verhandlungen kaum vom Fleck. Nun aber wird vielleicht ein Ausweg diskutiert. Gibt es eine Chance?

Eigentlich kam Boris Johnson mit kaum mehr als leeren Händen nach Brüssel. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unterrichtete am Mittwoch das Europaparlament über sein Treffen mit dem britischen Premierminister und sagte dabei, dass die EU noch immer auf konkrete Vorschläge aus London warte, wie denn der umstrittene Backstop ersetzt werden könne. Nur sechs Wochen vor dem Austrittsdatum sieht Juncker unverändert die Gefahr eines Chaos-Brexits: "Das Risiko eines No-Deal bleibt sehr real."

Und dennoch gibt es vielleicht wieder so etwas wie Hoffnung, dass das britische Austritts-Drama am Ende doch glimpflicher ausgeht als befürchtet. Juncker sprach vor den Abgeordneten nun auch offiziell von neuen "Verhandlungen" mit der britischen Seite – obwohl die EU das lange ausgeschlossen hatte. Und er sagte auch: "Ich habe keine emotionale Bindung an den Backstop."

Die britische Seite wird das gern gehört haben. Und tatsächlich wird nun offenbar eine Option in den Verhandlungen besprochen, die schon früher einmal Thema war: Ein Sonderstatus für Nordirland nach dem Brexit. Von einer "Northern-Ireland-only"-Lösung berichtet die "Süddeutsche Zeitung" – einem Sonderwirtschaftsraum Nordirland also, der sich auch künftig weitgehend an EU-Regeln halten soll. Das britische Verhandlungsteam habe auch ausgearbeitete Papiere mit nach Brüssel gebracht, heißt es in dem Bericht.

Kann es ohne Backstop klappen?

Der Backstop, die von der EU geforderte Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland, ist der Dreh- und Angelpunkt im Streit zwischen London und Brüssel. Johnson will die Klausel streichen, nach der Großbritannien so lange in der EU-Zollunion bleibt, bis eine bessere Lösung gefunden ist. Johnson scheut die enge Bindung an die EU, die seinem Land eine eigene Handelspolitik verwehren würde. Wie er aber ohne den Backstop eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindern will, das hat er bislang noch nicht gesagt.

Juncker ließ Johnson am Mittwoch die Tür für eine gemeinsame Lösung offen. Allerdings bestand er darauf, dass die mit dem Backstop verbundenen Ziele erfüllt werden müssten. Deshalb habe er Johnson gebeten, schriftlich Alternativen vorzulegen. Die Verhandlungen sollten auf politischer Ebene geführt werden, also von EU-Chefunterhändler Michel Barnier.

Barnier selbst sagte ernsthafte Verhandlungen zu und warnte gleichzeitig noch einmal eindrücklich vor den erheblichen Folgen eines Brexits ohne Vertrag. Befürchtet werden unter anderem Versorgungsengpässe in Großbritannien und eine Konjunkturdelle, aber auch Jobverluste in Deutschland, wie der Industrieverband BDI in Erinnerung rief.

EU-Parlament ist für weiteren Aufschub

Das EU-Parlament plädierte am Mittwoch für einen weiteren Aufschub des Brexits, um einen chaotischen Bruch Ende Oktober abzuwenden. Die Grünen-Abgeordnete Terry Reintke räumte in der Debatte im Europaparlament ein, zwar hätten viele Menschen inzwischen die Nase voll von dem Thema. Doch wäre es ein "Alptraum", wenn der Aufschub nicht gewährt würde. Nötig sei mehr Zeit, um einen Ausweg aus der Blockade zu finden.

Die sozialdemokratische Fraktionschefin Iratxe García Pérez sagte: "Wenn Großbritannien noch mehr Zeit braucht oder ein neues Referendum durchführen möchte, können sie auf unsere Unterstützung zählen." Und auch der Fraktionschef der Christdemokraten, Manfred Weber, meinte: "Die Bürger in Großbritannien sollten über die Zukunft entscheiden." Das EU-Parlament stimmte dann mit 544 zu 126 Stimmen für eine Resolution, die einen weiteren Aufschub in Aussicht stellt.

Schottland will sich loslösen

In der unklaren Lage sechs Wochen vor dem Brexit-Termin 31. Oktober treibt Schottland seine eigene Agenda voran. Regierungschefin Nicola Sturgeon sprach sich bei einem Besuch in Berlin für ein neues Unabhängigkeitsreferendum schon im nächsten Jahr aus. "Ich würde vorhersagen, dass Schottland in den nächsten Jahren unabhängig wird und zu einem unabhängigen Mitglied der EU wird", sagte Sturgeon. Die Schotten hatten beim Brexit-Referendum 2016 mehrheitlich gegen den EU-Austritt gestimmt, und Sturgeon stemmt sich gegen den harten Kurs von Premierminister Johnson.


Der Regierungschef will den EU-Austritt unbedingt am 31. Oktober durchziehen, ob mit oder ohne Austrittsvertrag. Das britische Parlament hat ihn eigentlich verpflichtet, entweder bis 19. Oktober eine Einigung mit der EU zu erzielen oder einen weitere Fristverlängerung bis Ende Januar zu beantragen. Den Aufschub schließt Johnson allerdings aus – ohne zu sagen, wie das ohne Gesetzesbruch möglich sein soll. Stattdessen verbreitet er Zuversicht, ein Deal mit Brüssel werde beim EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober klappen.

Verwendete Quellen
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