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Brexit-Streit: Johnson schlägt Übergangslösung für irische Grenze vor


Premier schreibt Brief an die EU
Johnson will Übergangslösung für irische Grenze

Von dpa, reuters, aj

Aktualisiert am 20.08.2019Lesedauer: 3 Min.
Boris Johnson rauft sich die Haare: Der britische Premierminister hat schwierige Verhandlungen mit der EU vor sichVergrößern des Bildes
Boris Johnson rauft sich die Haare: Der britische Premierminister hat schwierige Verhandlungen mit der EU vor sich. (Quelle: Toby Melville/reuters)

Großbritanniens Premierminister dringt auf einen Kompromiss der EU im Brexit-Streit – und macht einen Vorschlag für die irische Grenze, die einem Abkommen im Wege steht. Dass er damit überzeugen kann, ist unwahrscheinlich.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat in einem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk abermals Änderungen am EU-Austrittsabkommen verlangt. Ziel müsse es sein, die umstrittene Backstop-Regelung aus der Vereinbarung zu streichen, führte Johnson in dem vierseitigen Schreiben aus, das am Montagabend veröffentlicht wurde. Die Änderungen sollen nach Johnsons Darstellung einen ungeregelten Brexit Ende Oktober verhindern. "Ich hoffe sehr, dass wir mit einem Deal ausscheiden werden", schrieb der Regierungschef.

Die EU hatte erneute Gespräche über den Vertrag allerdings immer wieder ausgeschlossen. Sie besteht auf dem sogenannten Backstop, um auszuschließen, dass nach dem Brexit Warenkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland eingeführt werden müssen.

Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist, die Kontrollen überflüssig macht. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Die Brexit-Hardliner in der Tory-Partei fürchten, dass Großbritannien durch den Backstop dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben könnte. Eine eigenständige Handelspolitik wäre so unmöglich.

Johnson will Backstop streichen

Johnson schlägt nun vor, den Backstop zu streichen. Stattdessen sollen sich beide Seiten rechtlich verpflichten, keine Grenzkontrollen zwischen den beiden Teilen Irlands einzuführen. Bis zum Ende einer Übergangsperiode sollen dann "alternative Vereinbarungen" getroffen werden, die den Backstop überflüssig machen und Teil eines künftigen Handelsabkommens wären. Für den Fall, dass dies nicht rechtzeitig gelingt, wäre Johnson bereit, "konstruktiv und flexibel zu schauen, welche Verpflichtungen helfen könnten". Was er damit meint, blieb offen.

Von Tusk und von der EU-Kommission gab es am Montagabend auf Anfrage zunächst keine Reaktion auf Johnsons Brief. Der britische "Guardian" berichtete unter Berufung auf Quellen in Brüssel, dass die EU auch nach Johnsons Vorschlag weiterhin jegliche Neuverhandlung des Brexit-Deals ausschliessen würde. "Es gab einen zweieinhalbjährigen Verhandlungsprozess, in dem die EU einen Kompromiss eingegangen ist, auch in Bezug auf die Frage des Backstops", zitiert der "Guardian" eine Quelle. Der Deal inklusive Backstop bleibe weiterhin ein zentraler Bestandteil des Abkommens für die EU.

Johnson reist nach Deutschland und Frankreich

Nur wenige Tage vor seinen Besuchen in Deutschland und Frankreich äußerte der britische Premierminister zudem die Hoffnung, dass die beiden EU-Schwergewichte sich auf einen Kompromiss einlassen. “Wir sind bereit für den Austritt am 31. Oktober – mit oder ohne Abkommen”, sagte Johnson am Montag. “Natürlich sind unsere Freunde und Partner auf der anderen Seite des Kanals etwas zögerlich, ihre Position zu ändern. Na gut. Ich bin zuversichtlich, dass sie es tun werden."

Der neue britische Regierungschef bricht in dieser Woche zu seiner ersten Auslandsreise auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt ihn am Mittwoch in Berlin. Es folgt am Donnerstag ein Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris. Die EU schließt Neuverhandlungen über den mit Johnsons Vorgängerin Theresa May vereinbarten Austrittsvertrag aus. Der neue Premierminister hingegen pocht auf eine neue Vereinbarung. “Ich will ein Abkommen”, sagte er. “Aber wenn man ein gutes Abkommen für das Vereinigte Königreich will, muss man sich gleichzeitig auch darauf vorbereiten, dass man am Ende keines bekommt.”

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Im Unterhaus stößt Johnson auf Widerstand

Aber auch im Londoner Unterhaus stößt Johnson mit seinem harten Brexit-Kurs auf Gegenwind. Labour-Chef Jeremy Corbyn will kommende Woche mit den Spitzen anderer Oppositionsparteien über Wege beraten, wie sich ein Brexit ohne Abkommen noch verhindern lässt. Das kündigte Labours finanzpolitischer Sprecher John McDonnell im Gespräch mit dem Sender BBC an. Seinen Worten zufolge gibt es im Parlament weiterhin eine Mehrheit gegen einen ungeregelten EU-Austritt. McDonnell forderte zugleich, das Parlament müsse seine regulär am 3. September ablaufende Sommerpause vorzeitig beenden und umgehend über den Brexit beraten.


Vergangene Woche hatte Corbyn in einem Brief an die Chefs der anderen Oppositionsparteien Vorschläge für einen Sturz Johnsons unterbreitet. Das Schreiben ging auch an mehrere einflussreiche Unterhaus-Abgeordnete der regierenden Konservativen, die Johnsons Kurs ablehnen. Oppositionsführer Corbyn will den Premierminister mit Hilfe eines Misstrauensantrags zu Fall bringen und eine Übergangsregierung unter seiner Führung bilden. Diese soll umgehend Neuwahlen ansetzen und ein zweites Referendum über den Ausstieg aus der EU auf den Weg bringen. Aus anderen Parteien wurde zwar grundsätzliche Bereitschaft laut, über eine Kooperation zur Verhinderung eines No-Deal-Brexits zu sprechen. Der Vorschlag, Corbyn zum Regierungschef zu machen, stieß aber eher auf Ablehnung.

Verwendete Quellen
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