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Brexit-Verlängerung wahrscheinlich – aber bis wann?


Aktualisiert am 10.04.2019Lesedauer: 4 Min.
Theresa May auf ihrer Brexit-Verlängerungs-Werbetour am Dienstag in Berlin bei Angela Merkel: Von deutscher Seite wird es wohl keinen Widerstand gegen einen erneuten Aufschub des Brexits geben.Vergrößern des Bildes
Theresa May auf ihrer Brexit-Verlängerungs-Werbetour am Dienstag in Berlin bei Angela Merkel: Von deutscher Seite wird es wohl keinen Widerstand gegen einen erneuten Aufschub des Brexits geben. (Quelle: Sean Gallup/Getty Images)

Ein No-Deal-Brexit am Freitag scheint abgewendet. Die EU will Großbritannien einen weiteren Aufschub gewähren – unter harten Auflagen. Mehrere Brexit-Termine sind nun möglich.

Kurz vor Beginn des EU-Sondergipfels zum Brexit gibt es kaum noch Zweifel, dass der Termin für den britischen EU-Austritt noch einmal verschoben wird. Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen den Briten mehr Zeit für einen geordneten EU-Ausstieg geben, wie aus einem Entwurf der Abschlusserklärung hervorgeht.

Eine Bedingung für den Aufschub sei jedoch, dass Großbritannien an der Europawahl Ende Mai teilnimmt, heißt es in dem Dokument, das der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. Dies soll sicherstellen, dass es keine rechtlichen Schwierigkeiten gibt, wenn Großbritannien im Sommer doch noch EU-Mitglied ist, aber keine Abgeordneten gewählt hat.

Damit ergeben sich mehrere neue Deadlines für den Brexit. Eine Übersicht:

Brexit am 12. April

Sollte sich die EU überraschend doch nicht auf eine Verlängerung der Austrittsfrist einigen und Großbritannien bis zum 12. April das ausgehandelte Abkommen nicht unterzeichnen, scheiden die Briten ohne Deal am Freitag aus. Diese Option scheint im Moment wenig wahrscheinlich, kann aber nicht vollkommen ausgeschlossen werden.

Brexit am 1. Juni

Grundbedingung für eine Verlängerung ist die Teilnahme des Vereinigten Königreiches an den Europawahlen. Sollten die Briten diese Zusage nicht einhalten, wird der Brexit automatisch am 1. Juni vollzogen. Auch das wäre dann wohl ein Ausstieg ohne Abkommen. Angesichts des Chaos in der britischen Politik baut sich die EU mit dieser Frist eine Rückversicherung ein, sollte es in Großbritannien unüberwindbaren Widerstand gegen die Teilnahme an der Europawahl geben. Ob es zu diesem Szenario kommt, kann niemand vorhersehen – weil niemand weiß, was in den nächsten Wochen im britischen Parlament geschieht.

Brexit am 30. Juni

Das ist der von Theresa May favorisierte Termin für die zweite Brexit-Verlängerung. Viele EU-Staaten stehen diesem Ansinnen allerdings ablehnend gegenüber, weil sie befürchten, dass die Briten auch bis zu diesem Termin ihre innenpolitischen Konflikte nicht beilegen können. Zudem könnte es in der Folge zu einer Reihe von Krisengipfeln kommen, wenn es in Großbritannien erneut zu keiner Einigung kommt. Dies würde fast sicher die restliche Arbeit der EU in den kommenden Monaten überschatten. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass die EU Mays Bitte entspricht.

Brexit innerhalb eines Jahres

Eine flexible Verlängerung – die "Flextension" – ist derzeit der Favorit der EU. EU-Ratspräsident Donald Tusk brachte einen Aufschub um bis zu ein Jahr ins Gespräch. Falls beide Seiten den Brexit-Vertrag vor Ablauf der neuen Frist ratifizieren, könnte Großbritannien auch früher aus der EU ausscheiden. Der Austritt würde dann am ersten Tag des Folgemonats wirksam werden. Für einen geregelten Austritt ist die Zustimmung des britischen Unterhauses zum Brexit-Vertrag zwingend notwendig.

Diese langfristige und flexible Verlängerung soll mit harten Vorgaben verknüpft werden. Vor allem Frankreich steht dieser Variante bisher skeptisch gegenüber. Paris pocht bei einem Aufschub darauf, dass das gute Funktionieren der EU nicht gestört wird. Genau damit hatte der Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg auf Twitter gedroht. Er schrieb, dass sich Großbritannien im Falle einer langfristigen Verlängerung so schwierig wie möglich verhalten solle. Als Beispiele nannte er ein Veto bei der Erhöhung des EU-Budgets, Widerstand gegen eine EU-Armee und gegen Emmanuel Macrons EU-Reformen.

Daher wollen die Mitgliedstaaten erreichen, dass sich die britische Regierung verpflichtet, nicht mehr aktiv in EU-Entscheidungen einzugreifen. Relevant könnte dies zum Beispiel bei der Ernennung des nächsten EU-Kommissionspräsidenten oder den Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis Ende 2027 sein.

In dem Entwurf zur Abschlusserklärung wird auch gefordert, Großbritannien müsse sich bereiterklären, bis zum endgültigen Austritt "konstruktiv" und "verantwortungsvoll" zu handeln. Das Land müsse alles unterlassen, was die Erreichung der von der EU gesteckten Ziele in Gefahr bringe. Die Flextension ist derzeit die wahrscheinlichste Variante für eine Brexit-Verschiebung. Die EU sichert sich damit umfassend gegen alle in Großbritannien noch zu erwartenden Wendungen ab und gibt den Briten genügend Zeit, endlich herauszufinden, was für einen Brexit sie denn nun wollen.

Gar kein Brexit

Auch diese Option ist noch denkbar. Großbritannien hat das Recht, vom Brexit zurückzutreten. Dieser Rücktritt würde wohl sofort in Kraft treten und müsste nicht von der EU gebilligt werden. May könnte diese Maßnahme ergreifen, wenn es – ob mit oder ohne Labour – keine Zustimmung zu ihrem mit der EU ausgehandelten Deal gibt und sich das britische Parlament auch auf keine Alternative dazu verständigen kann. Dass May diesen Weg geht, ist höchst unwahrscheinlich. Es wäre das Eingeständnis des totalen Scheiterns. Doch beim derzeitigen Politik-Chaos in Großbritannien sollte man auch das Unwahrscheinlichste nicht ausschließen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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