Hunderttausende protestieren gegen Brexit "Das Land versinkt im Chaos"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Der Druck auf Theresa May wächst. In London gehen bei einer Massendemonstration Hunderttausende gegen den Brexit auf die Straße und machen ihrem Ärger Luft. Der Protest könnte alle Rekorde brechen.
Mit "Bollocks to Brexit"- Rufen haben nach Angaben der Veranstalter mehr als eine Million Menschen gegen den Brexit protestiert. Auch Stunden nach dem offiziellen Start trafen immer noch Menschen ein, um auf der Route zwischen Hyde Park, Trafalgar Square und Parlament gegen den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu demonstrieren. Während die einen eine neue Volksabstimmung forderten, wollten andere den Brexit gleich ganz stoppen. "Stoppt Artikel 50", "Fromage statt Farage" oder "Verdammt nochmal, stoppt Brexit" stand unter anderem auf den Plakaten. Viele hatten sich blau gekleidet und sich sichtlich Mühe gegeben, möglichst originelle Plakate zu basteln.
Mit der Demonstration am Samstag hat der Brexit wohl schon wieder einen Rekord gebrochen. Die Veranstalter und auch einige britische Medien gingen davon aus, dass die Demonstration die größte Demonstration in der Geschichte des Landes werden könnte. Aus dem ganzen Land waren die Protestgruppen mit Zügen und Bussen angereist. Zudem gingen viele Londoner auf die Straße. Eingehüllt in eine blaue EU-Fahne lief die Britin Alison Hope zusammen mit einer Gruppe von Freunden im Demonstrationszug mit. "Ich will, dass meine Stimme gehört wird", sagte sie. Die Ost-Londonerin arbeitet für einen Verlag im Vertriebsbereich und spricht fließend Deutsch. "Ich bin zwei Mal im Monat in Deutschland, Österreich oder Dänemark. Für mich ist es wichtig, dass wir ein gutes Verhältnis mit der EU haben." Außerdem fühle sie sich als Europäerin. "Eigentlich hatten mein Mann und ich irgendwann vor, nach Deutschland oder Spanien zu ziehen, aber das ist nach dem Brexit nicht mehr ohne weiteres möglich." Auch deshalb gehe sie auf die Straße.
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Ihre Freundin Helen Murphy stimmte ihr zu. Sie arbeitet als Physikerin und sagt, der Brexit habe schon jetzt einen massiven Einfluss auf ihre Arbeit. "Wir haben schon so viele Talente verloren, die uns verlassen haben. Das kann so nicht weitergehen." Das Volk sei belogen worden und deshalb sei es völlig legitim ein zweites Referendum abzuhalten. "Anstatt dass wir uns um den Klimawandel und andere Dinge sorgen, verschwenden wir seit drei Jahren unsere Zeit mit dem Brexit. Dabei haben wir weit wichtigere Probleme, die wir dringend angehen müssten."
Neben Briten schlossen sich auch in London lebende EU-Bürger der Demonstration an. Katharina aus der Nähe von Augsburg mochte ihren Nachnamen lieber nicht sagen. Sie wisse nicht, ob ihr Arbeitgeber etwas dagegen haben könnte, wenn sie sich öffentlich zum Brexit äußert. Die junge Frau lebt seit 3,5 Jahren in London. "Das Land, in dem ich lebe, versinkt im Chaos. Ich bin richtig verzweifelt. Da ist es schön, mit so vielen gleichgesinnten netten Menschen auf die Straße zu gehen und etwas dagegen zu tun", sagte sie. Auch wenn sie selbst noch keine Anfeindungen als Deutsche erlebt hat, überlegt sie derzeit, zurück nach Deutschland oder in ein anderes Land auf dem Kontinent zu gehen. "Und der Brexit beeinflusst diese Entscheidung massiv."
"Du sprichst nicht für uns"
Auch zahlreiche Politiker schlossen sich dem Marsch an. Londons Bürgermeister Sadiq Khan sagte, die Uhr sei abgelaufen. "Es ist keine Zeit mehr für weitere Verhandlungen." Theresa May habe den guten Willen der europäischen Nachbarn mit ihrem chaotischen und verwirrenden Verhalten verschwendet. Auch der stellvertretende Labour-Vorsitzende Tom Watson rief die Regierung dazu auf, ein zweites Referendum anzusetzen. Adressiert an Theresa May sagte er, sie solle ihre Gardienen aufmachen und aus dem Fenster schauen. "Du sprichst nicht für uns", sagte er.
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Für Theresa May wird es nun zunehmend schwerer die Proteste in ihrem eigenen Land zu ignorieren. Eine Petition um den Brexit zu stoppen hat zudem innerhalb von wenigen Tagen mehr als 4 Millionen Unterschriften erreicht und gilt bereits jetzt als die erfolgreichste Petition seit dem Start des Online-Petitionssystems des britischen Parlaments.