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Autobomben in Nordirland: Brexit lässt den IRA-Terror neu aufflammen


Autobomben in Nordirland
Der Brexit lässt den IRA-Terror neu aufflammen

Von afp, dpa, reuters, jmt

Aktualisiert am 22.01.2019Lesedauer: 3 Min.
Autobombenanschlag in Londonderry: Das Bild aus einer Überwachungskamera zeigt die Explosion am Wochenende – nun wurden weitere Kleinbusse entführt.Vergrößern des Bildes
Autobombenanschlag in Londonderry: Das Bild aus einer Überwachungskamera zeigt die Explosion am Wochenende – nun wurden weitere Kleinbusse entführt. (Quelle: Psni/Press Association Images/dpa)

Schlimmste Befürchtungen scheinen wahr zu werden: Der Brexit gefährdet den sicher geglaubten Frieden in Nordirland. Nach der Explosion über einer Autobombe mehren sich Berichte über weitere Anschlagsversuche.

Vier nach der Explosion einer Autobombe im nordirischen Londonderry festgenommene Männer sind wieder auf freiem Fuß. Ein 50-jähriger Verdächtiger bleibe aber weiter in Gewahrsam, teilte die nordirische Polizeibehörde PSNI am späten Montagabend via Twitter mit. Die fünf Männer waren unter dem Verdacht festgenommen worden, der militanten Gruppierung Neue IRA anzugehören.

Der Sprengsatz war am Samstagabend im Zentrum Londonderrys vor einem Gericht detoniert. Verletzt wurde niemand - wohl auch deshalb, weil 15 Minuten vor der Explosion eine Warnung bei den Behörden eingegangen war und umliegende Gebäude geräumt wurden. Videoaufnahmen zeigten, wie gefährlich die Lage war: Noch wenige Minuten vor dem Anschlag ging eine Gruppe von Menschen an dem Fahrzeug vorbei. Am Montag versetzte dann der Raub zweier Autos durch bewaffnete und maskierte Männer die Polizei erneut in Alarmbereitschaft. Einer der Wagen wurde vorsichtshalber kontrolliert gesprengt. Drei maskierte Männer hätten Zeugen zufolge einen Lieferwagen entführt und ein Objekt hineingeworfen, bevor sie das Fahrzeug stehenließen. Später am Nachmittag sprengte die Polizei das Fahrzeug kontrolliert.

Straßensperren dauern an

Die Journalistin Leona O'Neill vom "Belfast Telegraph" hatte bereits am frühen Nachmittag ein Video veröffentlicht, das einen Entschärfungsroboter zeigte, der einen Straßenzug nahe des zurückgelassenen Fahrzeuges entlang rollte.

"Wir gehen von erheblichen Störungen für die örtliche Gemeinde aus, während wir daran arbeiten, das Gebiet zu sichern", teilte die Polizei mit. Später folgte wegen eines Berichts über ein weiteres entwendetes Fahrzeug eine zweite Sicherheitswarnung. Demnach sollen sich vier maskierte Männer einen weiteren Lieferwagen angeeignet haben. Einer der Männer sei bewaffnet gewesen, hieß es. Am Abend twitterte die Journalistin O'Neill, die Sperrungen dauerten weiterhin an.

Die Entwicklungen der jüngsten Tage lassen in Nordirland Erinnerungen an dunkle Zeiten wach werden, in denen die IRA jahrzehntelang einen Guerillakrieg gegen den britischen Staat und protestantische Paramilitärs führte. Nach der Explosion der ersten Autobombe in der nordirischen Stadt Londonderry wurden fünf Männer festgenommen, die der militanten Gruppierung "Neue IRA" angehören sollen. Am Sonntag wurden vier Männer im Alter von etwa 20 bis 42 Jahren festgesetzt. Am Montag meldete die Polizei die Festnahme eines 50-Jährigen. Im britischen Nordirland treiben diverse Gruppierungen ihr Unwesen.

Nach Ansicht Michael Dohertys kann der geplante EU-Austritt Großbritanniens solche Vorfälle anfachen. Er vermittelt seit Jahrzehnten bei Konflikten zwischen Protestanten und Katholiken. Er steht dafür auch in Kontakt mit Paramilitärs in Londonderry und wurde für seine Arbeit bereits ausgezeichnet. "Der Brexit wird zweifellos als Ausrede für Republikaner angesehen werden, um den britischen Staat mit Gewalt von der irischen Insel zu vertreiben", sagte Doherty.

Grenzkontrollen sind das zentrale Problem

Ein großes Problem könnte nach einem Brexit die mögliche Einführung von Grenzkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland werden. In Nordirland hatten sich seit den Sechziger Jahren irisch-katholische Nationalisten und protestantische Loyalisten bekämpft. 3500 Menschen starben. Der Nordirland-Konflikt endete 1998 durch das Karfreitagsabkommen, das unter anderem eine Grenze ohne Kontrollen zum Nachbarn vorsieht.

Die britische Premierministerin Theresa May versicherte denn auch schnell, im Streit über den Brexit nicht das Friedensabkommen für Nordirland gefährden zu wollen. Vor dem Parlament sagte sie am Montag: "Dieses Haus steht zusammen mit den Menschen in Nordirland in der Überzeugung, niemals zur Gewalt und Terror der Vergangenheit zurückzukehren."

Widerstreitende Interessen zu den Grenzen

Das Abkommen solle im Zuge der Brexit-Verhandlungen nicht aufgeschnürt werden, versicherte May – gleichzeitig will sie aber mit der EU nachverhandeln, die eine nordirisch-irische Grenze ohne Kontrollen nicht mittragen kann, wenn es gleichzeitig keine Kontrollen zwischen Nordirland und dem britischen Festland gibt. Eine harte Grenze hingegen zwischen Nordirland und dem britischen Festland wollen die nordirischen Loyalisten keinesfalls mittragen – in einem solchen Falle sähen sie die Einigkeit des Königreichs gefährdet.


Am Samstagabend hatte sich vor einem Gerichtsgebäude im Zentrum der zweitgrößten Stadt Nordirlands eine Explosion ereignet. Verletzt wurde niemand. Die Polizei vermutet eine Splittergruppe der früheren militanten Untergrundorganisation IRA hinter dem Attentat im Stadtzentrum von Londonderry. Die "New IRA" hat in den vergangenen Jahren immer wieder sporadisch Anschläge verübt. Die Nationalisten lehnen das 1998 geschlossene Friedensabkommen ab, das weitgehend einen Schlussstrich unter drei gewaltgeladene Jahrzehnte zog.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa, Reuters
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