Historische Niederlage Theresa Mays Brexit-Deal fällt krachend durch
Das britische Parlament hat den Brexit-Deal der Premierministerin abgelehnt. Es ist eine historische Niederlage für Theresa May.
Die britische Premierministerin Theresa May hat bei der Abstimmung über das Brexit-Abkommen eine historische Niederlage eingesteckt. Das britische Parlament hat sich mehrheitlich gegen den Deal ausgesprochen, den May mit der Europäischen Union ausgehandelt hatte. Mit 432 zu 202 Stimmen votierten die Abgeordneten dagegen. Damit fällt die Niederlage deutlicher aus, als Experten prognostiziert hatten.
Der Labour-Chef Jeremy Corbyn sprach von dem größten Scheitern einer Regierung seit den 1920er Jahren. Er kündigte an, ein Misstrauensvotum gegen die Premierministerin einzubringen. Es soll am Mittwoch um 20 Uhr unserer Zeit im Parlament darüber abgestimmt werden. Dann könnten die Abgeordneten ihre Sicht auf die "Inkompetenz der Regierung" deutlich machen, sagte Corbyn.
May will auf Opposition zugehen
Theresa May kündigte kurz vorher an, nun mit den oppositionellen Parteien und der EU über Alternativen sprechen zu wollen. Sie kritisierte: "Es ist klar, dass das Haus dieses Abkommen nicht unterstützt, aber die Abstimmung von heute Abend sagt uns nichts darüber, was es denn unterstützt."
May hatte zuvor noch bis zuletzt versucht, die Abgeordneten mit leidenschaftlichen Appellen umzustimmen. Nur die Zustimmung zu dem mit der EU ausgehandelten Abkommen könne einen ungeordneten EU-Austritt oder eine Abkehr vom Brexit verhindern, warnte May mehrfach.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, mit der Ablehnung des Brexit-Vertrags sei die Gefahr eines "ungeordneten Austritts" ohne Abkommen gestiegen. EU-Ratspräsident Donald Tusk bedauerte das Scheitern. Auf Twitter fragte er: "Wenn ein Deal unmöglich ist und niemand einen No-Deal will, wer wird den Mut haben zu sagen, wie die einzige positive Lösung aussieht?"
Streit um "Backstop"
In der Debatte vor der Abstimmung wurde erneut deutlich, dass vor allem die als Backstop bezeichnete Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland umstritten ist. Die Regelung soll im Notfall die Einführung von Grenzkontrollen verhindern. Befürchtet wird sonst ein Wiederaufflammen des Konflikts in der früheren Bürgerkriegsregion.
Der Backstop sieht vor, dass das ganze Land so lange in einer Zollunion mit der EU bleibt, bis eine andere Lösung gefunden worden ist. Nordirland müsste zudem in Teilen des Binnenmarkts bleiben. Das stößt auf Widerstand bei der DUP. Sie lehnt jegliche Sonderbehandlung der Provinz ab.
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Brexit-Hardliner bei den Konservativen befürchten, dass Großbritannien durch die Regelung dauerhaft im Orbit der EU gehalten werden könnte. Ex-Außenminister Boris Johnson warnte sogar davor, dass sein Land sich zum "Vasallenstaat" der EU entwickele. Solange Großbritannien die Außenzölle der EU anwendet, kann London keine Handelsabkommen mit Drittländern – zum Beispiel den USA – abschließen.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters