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Brexit: Warum die Tories Theresa May bedrohen


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Frust, Fassungslosigkeit, Zorn
Warum die Tories ihre eigene Premierministerin bedrohen

Von Christiane Link, London

Aktualisiert am 12.12.2018Lesedauer: 3 Min.
Graham Brady, Vorsitzender des 1922-Komitees der Tories: Die Konservative Partei stimmt über die Zukunft der Premierministerin ab.Vergrößern des Bildes
Graham Brady, Vorsitzender des 1922-Komitees der Tories: Die Konservative Partei stimmt über die Zukunft der Premierministerin ab. (Quelle: Stefan Rousseau/PA/AP/dpa-bilder)

Die Konservativen arbeiten am Sturz der Premierministerin aus der eigenen Partei. Mögliche Nachfolger bringen sich in Stellung. Doch das Grundproblem bleibt.

Dass in Großbritannien gerade kein Stein mehr auf dem anderen steht, wurde auch dem Letzten klar, als der Labour-Abgeordnete Lloyd Russell-Moyle am Montagabend in die Mitte des Parlaments lief und den Zeremonienstab vom Tisch nahm. Der Stab symbolisiert die königliche Macht, die dem Parlament übertragen wurde. Russell-Moyle entmachtete also symbolisch das Parlament, um dagegen zu protestieren, dass Theresa May das Parlament entmachtet.

Der Abgeordnete wurde mit dem Stab an der Saaltür von zwei Ordnern gestoppt und bekam für den Rest des Tages Saalverbot, aber die Botschaft war angekommen: Das Parlament akzeptiert nicht, dass Theresa May die eigentlich für Dienstag geplante Abstimmung zum Austrittsabkommen mit der EU abgesagt hatte, weil sie befürchtete, keine Mehrheit zu bekommen.

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Während Theresa May am Tag darauf spontan nach Deutschland, die Niederlande und zur EU reiste, um sich mit den Staatschefs und EU-Vertretern zu treffen, entschieden sich Abgeordnete der Tories dazu, nun doch ein Misstrauensvotum gegen sie zu anzustreben. Wohl auch, weil sie die verschobene Abstimmung nicht mittragen wollten.

May kündigt einen Kampf an

In ihrer eigenen Partei regt sich seit Wochen Widerstand gegen ihre Brexit-Politik und so waren Beobachter kaum überrascht, als am Mittwochmorgen die "BBC" meldete, Abgeordnete der Konservativen hätten genug Briefe für ein Misstrauensvotum eingereicht. Zuvor war es Mays Gegnern nie gelungen, die Briefe von 48 Abgeordneten, die für solch ein Misstrauensvotum nötig sind, zusammen zu bekommen. Theresa Mays Entscheidung, das Parlament vorerst nicht über den Brexit-Deal abstimmen zu lassen, dürfte auch einige Gegner des Brexits unter der Tory-Abgeordneten erzürnt haben.

Als May dann am Morgen vor die Presse trat, zeigte sie sich kampfbereit. "Ich werde mit allem was ich habe um diese Abstimmung kämpfen", sagte sie. Eine Änderung in der Führung der konservativen Partei zu diesem Zeitpunkt würde die Zukunft des Landes gefährden und würde zu Unsicherheiten führen zu einer Zeit, wenn man sich das am wenigsten erlauben könne, warnte sie.

Mögliche Nachfolger werden gehandelt

Am Abend werden nun alle konservativen Abgeordneten über die Zukunft der Premierministerin abstimmen. Gewinnt sie die Abstimmung, wäre sie für weitere zwölf Monate sicher im Amt. Erst dann könnte nach den Regeln neu abstimmt werden. Verliert sie die Abstimmung aber, darf sie nicht mehr für das Amt kandidieren und ein Kandidatenrennen würde starten.

Schon jetzt bringen sich die ersten Kandidaten in Position. Vor allem jahrelange Gegner der Premierministerin wie der ehemalige Außenminister Boris Johnson und ihre ehemaligen Brexit-Minister David Davis und Dominic Raab rechnen sich Chancen aus. Aber auch nahe Vertraute Mays wie die Arbeitsministerin und ehemalige Innenministerin Amber Rudd werden als mögliche Nachfolger gehandelt. Der derzeitige Innenminister Sajid Javid steht ebenfalls auf der Liste möglicher Kandidaten.

Sollte May das Misstrauensvotum verlieren, könnte es einige Zeit dauern, bis eine neue Parteiführung im Amt ist, da erst zwei neue Kandidaten bestimmt werden müssten. Das würde bedeuten, dass das Königreich wenige Wochen vor dem Austritt aus der Europäischen Union ohne politische Führung dasteht, selbst wenn Theresa May übergangsweise erst einmal im Amt bliebe. Sie hatte in ihrer Ansprache am Morgen davor gewarnt, dass ein Führungswechsel auch bedeuten könne, dass der Ausstieg des Landes aus der EU verzögert werde.

Eine zerstrittene Partei

Theresa May hat aber durchaus Chancen, ein Misstrauensvotum zu gewinnen. Bereits am Morgen bekundeten Dutzende Abgeordnete und ihr gesamtes Kabinett ihre Unterstützung für die Premierministerin. Allerdings wird geheim abgestimmt und es gab in der Vergangenheit bereits mehrfach Abstimmungen, bei denen die vorher versprochene Loyalität durch Tory-Abgeordnete dann doch nicht eingehalten wurde. Auch wenn sie die Abstimmung gewinnt, bliebe ihre Partei zerstritten und uneins.

Das Grundproblem wäre nicht gelöst: Sie hat derzeit keine Mehrheit für das Brexit-Abkommen im Parlament, das Parlament muss aber in jedem Fall darüber abstimmen.


Die ersten Reaktionen auf die Ankündigung des Misstrauensvotums zeigen, dass das Land sich in einem Schockzustand befindet, in dem Fassungslosigkeit vorherrscht. Man hat sich in eine Sackgasse manövriert. Der Generaldirektor der Britischen Handelskammer sagte, Unternehmen würden die Entwicklungen in Westminster "mit völligem Entsetzen" beobachten. Es sei inakzeptabel, dass Politiker zu einem derart wichtigen Zeitpunkt für das Land, ihre eigenen Interessen vor die des Landes stellten. Die Geschichte werde nicht nett mit denjenigen umgehen, die ihre persönlichen Interessen vor die des Volkes stellten. Ob sich Theresa Mays Gegner davon allerdings beeindrucken lassen, ist fraglich.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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