Streit um Brexit Ex-Außenminister Johnson beim Parteitag gefeiert
Während Ex-Außenminister Boris Johnson gegen die Brexit-Pläne von Premierministerin May wettert, stellt die ihre neue Einwanderungspolitik vor: Für EU-Bürger werden England-Reisen kompliziert.
Der ehemalige britische Außenminister Boris Johnson ist am Dienstag mit großem Beifall von seinen Anhängern beim Parteitag der Konservativen in Birmingham gefeiert worden. Bei einer Rede vor etwa 1000 Menschen rief Johnson zu mehr Selbstbewusstsein bei den Brexit-Verhandlungen auf.
Die May-Pläne seien eine Unverschämtheit der Verfassung gegenüber und eine Demütigung für das Vereinigte Königreich, sagte Johnson auf dem Parteitag der Torys. Sie ließen das Land für künftige Generationen weiter unter der Herrschaft der EU. Johnson warnte zudem eindringlich vor einem zweiten Brexit-Referendum. Die Forderung danach sei "infam". Auch die Idee, die Loslösung von Brüssel schrittweise zu gestalten, sei ein Trugschluss. Der klare Bruch mit Brüssel müsse sofort vollzogen werden, sagte der Ex-Außenminister.
Johnson hatte bereits zum Auftakt des Parteitags am Sonntag die Brexit-Pläne von Premierministerin Theresa May heftig kritisiert. In einem Gastbeitrag in der "Sunday Times" bezeichnete er die Vorschläge der Premierministerin als Ergebnis "geistiger Verwirrung" und "lächerlich". Johnson und andere Brexit-Hardliner fordern einen klaren Bruch mit Brüssel.
May-Regierung veröffentlich zeitgleich neue Einwanderungspolitik
Unterdessen legte die britische Regierung am Rande des Parteitags die Grundzüge ihrer neuen Einwanderungspolitik für die Zeit nach dem Brexit vor. Darin wird ausgeführt, wie London die Einwandererzahlen massiv senken will. Dass die Pläne am Dienstagmorgen vorgestellt wurden, werteten britische Medien als Ablenkungsmanöver um der Rede von Ex-Außenminister Johnson, dem schärfsten innerparteilichen Rivalen von May den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Nach den neuen Regelungen sollen EU-Bürger keine bevorzugte Behandlung mehr vor Einwanderern aus anderen Teilen der Welt erhalten. Vor allem Arbeitssuchende mit niedriger Qualifikation dürften es künftig viel schwerer haben. Wer in Großbritannien leben und arbeiten möchte, muss in Zukunft ein Mindestgehalt vorweisen. Familiennachzug soll nur mit Hilfe des Arbeitgebers möglich sein.
May schloss in einem BBC-Interview aber nicht aus, dass durch Handelsabkommen mit der EU und anderen Partnern Erleichterungen für die Einreise vereinbart werden könnten. Auch für Touristen soll das Reisen schwieriger werden; sie müssen sich künftig – ähnlich wie in den USA – vorab einer Sicherheitsprüfung unterziehen.
Außenminister Hunt schockiert mit Sowjet-Vergleich
Studenten sind von den Einreisebeschränkungen ausgenommen. Sie müssen nur nachweisen, dass sie für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Die etwa drei Millionen EU-Bürger, die schon in Großbritannien leben, sollen ebenfalls nicht von den neuen Regelungen betroffen sein.
Großbritannien will am 29. März 2019 die Staatengemeinschaft verlassen. Doch die Verhandlungen zwischen Brüssel und London stecken in einer Sackgasse. Um die Gespräche voranzubringen, bereitet die EU den Entwurf einer politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen mit Großbritannien vor. EU-Diplomaten bestätigten entsprechende Informationen der Funke Mediengruppe.
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Geplant seien nur relativ knappe Eckpunkte der künftigen Beziehungen, die dann in der Brexit-Übergangszeit bis Ende 2020 in Vertragstexte gegossen werden sollen. Das Papier ist Teil des seit Monaten verhandelten Vertragspakets. Der Entwurf könnte kommende Woche in der EU-Kommission gebilligt und anschließend mit den EU-Staaten abgestimmt werden. Die EU hofft auf einen Durchbruch beim EU-Gipfel Mitte Oktober und eine finale Einigung Mitte November.
Der Ton auf dem viertägigen Parteitag der Konservativen ist scharf. May distanzierte sich am Dienstag von einem umstrittenen Vergleich ihres Außenministers Jeremy Hunt, der Parallelen zwischen der EU und der früheren Sowjetunion zog. "Die beiden Organisationen sind nicht das gleiche", sagte May dem Sender BBC. Hunt hatte am Sonntag in Birmingham betont, die EU müsse aus der Geschichte der Sowjetunion lernen. "Wenn Sie die EU in ein Gefängnis verwandeln, wird der Wunsch, da rauszukommen, nicht schwinden, sondern wachsen."
Führende Europaabgeordnete forderten Abbitte von Hunt für seinen Vergleich. "Herr Hunt, ich glaube, Sie sollten sich entschuldigen", sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, in Straßburg. Ähnlich äußerten sich der Brexit-Beauftragte des Parlaments, Guy Verhofstadt, sowie Sozialdemokraten, Grüne und Linke.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte nichts zum Verhandlungsstand, bekräftigte aber: "Wir wollen einen Deal." Wer glaube, ein Bruch ohne Vertrag wäre besser, sei sich der vielen damit verbundenen Probleme nicht bewusst.
- dpa, Reuters