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Tory-Kongress in Birmingham: Dieser Parteitag könnte zum Showdown für May werden


Tory-Kongress im Zeichen des Brexit
Dieser Parteitag könnte zum Showdown für May werden

rtr, Tom Körkemeier

Aktualisiert am 30.09.2018Lesedauer: 4 Min.
Die britische Premierministerin Theresa May: Ihre Tories kommen zu einem viertägigen Parteitag in Birmingham zusammen.Vergrößern des Bildes
Die britische Premierministerin Theresa May: Ihre Tories kommen zu einem viertägigen Parteitag in Birmingham zusammen. (Quelle: Eduardo Munoz/Reuters-bilder)
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Theresa May will ihre Brexit-Pläne auf dem Parteikongress der Tories verteidigen. Kann sich die Regierungschefin aus dem Klammergriff der EU und der Brexit-Hardliner in ihrer Partei befreien?

Vermutlich ist "Richard III." das Drama von William Shakespeare mit den meisten Intrigen. Der anstehende Parteitag der britischen Konservativen könnte ein Schauspiel von ähnlichem Ausmaß bieten. Einmal mehr muss sich dort Premierministerin Theresa May ihren vielen Gegnern innerhalb der Tory-Partei stellen und ihre Brexit-Pläne verteidigen.

Doch anders als in den Shakespeare-Dramen, die für die Protagonisten oft tragisch enden, ist das Ende in diesem Fall völlig offen. Genau sechs Monate vor dem geplanten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union steht nur fest, dass gar nichts feststeht. Bis zum 29. März 2019 ist ein geordneter Abschied der Briten aus der EU genauso möglich wie ein chaotischer Austritt; ein Sturz Mays und vorgezogene Neuwahlen sind ebenso eine Option wie ein zweites Brexit-Referendum.

Niemand kommt May entgegen

Ein weiterer Akt in diesem langen Brexit-Drama wird beim Parteikongress der Tories vom 30. September bis 3. Oktober in Birmingham gegeben. May will dort ihre Linie in den Verhandlungen mit der EU verteidigen und Stärke demonstrieren. Nach dem EU-Gipfel in Salzburg, bei dem es vorige Woche keine Annäherung gab, sah sie sich allerdings heftiger Kritik der britischen Presse ausgesetzt. Die EU wiederum gab seitdem wiederholt zu verstehen, dass May ihre Pläne so nicht durchbringen wird.

Die im Juli im Landhaus Chequers nach langen internen Auseinandersetzungen vereinbarten Pläne der britischen Regierung umfassen unter anderem ein Freihandelsabkommen mit der EU für Waren, nicht aber für Dienstleistungen. Zudem soll die EU-Gerichtsbarkeit nicht mehr auf den britischen Inseln gelten, in einigen wichtigen Bereichen die EU-Regeln aber beibehalten werden.

Hardliner wollen May loswerden

May will zudem den Zuzug von EU-Bürgern stoppen, was gegen das EU-Prinzip der Personenfreizügigkeit verstößt. Umstritten ist auch der Umgang mit der Landesgrenze zwischen dem zur EU gehörenden Irland und der britischen Provinz Nordirland. Die EU und Großbritannien wollen dort eine feste Grenze mit dauerhaften Kontrollen verhindern; wie das erreicht werden soll, ist bisher unklar.

Mit der harten Haltung der EU im Nacken steht die Regierungschefin in Birmingham Parteifreunden gegenüber, die ihr mindestens genauso zusetzen. Die Befürworter eines harten Brexit, also einer möglichst klaren Trennung von der EU, sind bei den Tories zahlreich und laustark. Angeführt werden sie vom früheren Außenminister Boris Johnson, dem Ex-Brexit-Minister David Davis sowie dem Abgeordneten Jacob Rees-Mogg. Der BBC zufolge diskutierte eine Gruppe von 50 Tory-Abgeordneten kürzlich, wie und wann man May am besten loswerden könnte. Rees-Mogg wies den Bericht zurück.

Dutzende Gegner in den eigenen Reihen

Die Abweichler innerhalb der Tories werden für May spätestens dann zum Problem, wenn es im Unterhaus zum Schwur kommt, also zur Abstimmung über das Austrittsabkommen mit der EU. May benötigt die Stimmen von 320 der 650 Abgeordneten. Das sind fünf mehr als ihre eigene Partei besitzt. Allerdings wollen ihr nach Angaben von Davis mindestens 40 Tories die Gefolgschaft verweigern, wenn May an den "Chequers"-Plänen festhält.

Verlässliche Zahlen zu den möglichen Abweichlern gibt es nicht. Vor wenigen Wochen sprach ein anderes ehemaliges Regierungsmitglied, Steve Baker, gar von 80 Gegenstimmen. Und Johnson, dem schon lange Ambitionen auf die Partei- und Regierungsspitze nachgesagt werden, verdammte die "Chequers"-Vorschläge zuletzt mit drastischen Vergleichen – etwa, dass May dem Königreich damit eine Sprengstoffweste umgehängt habe.

Zwischen EU, Tories und Labour

Zu diesem internen Druck kommt für May die neue Positionierung der oppositionellen Labour-Partei hinzu. Deren Chef Jeremy Corbyn kündigte an, dass die Labour-Abgeordneten im Unterhaus gegen "Chequers" stimmen werden. Falls Mays Linie im Parlament keine Mehrheit findet, strebt Labour Neuwahlen an – und schließt auch ein zweites Referendum nicht aus. Bei der Brexit-Frage ist die Partei aber genauso gespalten wie die Tories. Eigentlich stehen die nächsten Parlamentswahlen erst 2022 an, also weit nach dem angepeilten Brexit.

Eine weitere Option ist die Verlängerung der im März auslaufenden Brexit-Frist. Angesichts der stockenden Verhandlungen zwischen London und Brüssel und der Tatsache, dass ein ungeordneter Brexit für keine Seite Vorteile bringt, ist das eine Möglichkeit, der allerdings alle 28 EU-Staaten zustimmen müssten. Bei den Brexit-Hardlinern würde das wohl zu einem Aufschrei führen.

Böse Erinnerungen

Auf EU-Seite hoffen Diplomaten deshalb, dass nach dem Tory-Parteitag Bewegung in die Gespräche kommt. Einige rechnen aber damit, dass sich die Verhandlungen über einen geplanten EU-Sondergipfel Mitte November hinaus bis Weihnachten hinziehen.

Für May wird der Auftritt in Birmingham also zu einer Gratwanderung. Bei ihrer Rede auf dem Tory-Kongress im vorigen Jahr hatte sie nicht nur gegen ihre Kritiker zu kämpfen: May versagte wegen eines Hustenanfalls wiederholt die Stimme, ein Komiker überreichte ihr während der Ansprache ein Kündigungsschreiben und hinter ihr brachen auf der Bühne Buchstaben aus dem Parteislogan ab.

Verwendete Quellen
  • Reuters
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