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EU: Kommission plant Lockerung für genetisch veränderte Lebensmittel


"Frontalangriff" auf Landwirtschaft
EU-Kommission plant Lockerung bei Gentechnik

Von dpa
16.06.2023Lesedauer: 2 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230616-99-73236Vergrößern des Bildes
Ein Warnzeichen für gezüchtete Lebensmittel (Symbolbild): Der Entwurf der EU-Kommission über genetisch veränderte Pflanzen soll im Juli vorgestellt werden. (Quelle: Patrick Pleul)
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Viele genetisch modifizierte Lebensmittel könnten bald nicht mehr kennzeichnungspflichtig sein. Einige politische Akteure sehen eine Chance – andere wittern Gefahr.

Im Juli wird die EU-Kommission voraussichtlich ihre Pläne für eine Überarbeitung der europäischen Gentechnikregeln vorstellen. Nun ist ein Entwurf für das Vorhaben bekanntgeworden, von dem auch Verbraucher direkt betroffen wären.

Zahlreiche gentechnisch veränderte Lebensmittel könnten einem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zufolge künftig ungekennzeichnet auf den Tellern von Bürgerinnen und Bürgern landen. Das geht aus einem bislang unveröffentlichten Verordnungsentwurf der Kommission hervor, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt. Demnach will die Behörde vorschlagen, bestimmte gentechnisch veränderte Pflanzen von den strengen EU-Gentechnikregeln auszunehmen. Offiziell vorgestellt werden soll das Vorhaben voraussichtlich im Juli.

Konkret bedeuten die geplanten Regeln, dass etwa Verfahren wie die Crispr/Cas-Genschere keinen EU-Gentechnikregeln unterliegen, wenn die dadurch entstandene Sorten auch durch Verfahren wie Kreuzung oder Auslese hätten entstehen können. Solche Züchtungen würden den Plänen zufolge unter die sogenannte Kategorie 1 der durch neue Techniken (NGT) gezüchteten Pflanzen fallen. Für die Bio-Landwirtschaft gelten die strengen Gentechnikregeln dem Vorhaben zufolge weiterhin.

"Ende ökologischer Landwirtschaft"

In Artikel 8 des Entwurfs heißt es: Die Mitgliedstaaten dürften die absichtliche Freisetzung oder das Inverkehrbringen von NGT-Pflanzen des Typs 1 nicht durch Anforderungen verbieten oder einschränken. Der Grünen-Bundestagabgeordnete Karl Bär sieht darin einen "Frontalangriff" auf das Modell der europäischen Landwirtschaft.

"Pflanzen mit bis zu 20 gentechnischen Veränderungen sollen als gleichwertig mit konventionell gezüchteten Pflanzen gelten", sagte der gelernte Agrarökonom zu den bekanntgewordenen Entwürfen. Darunter seien auch Veränderungen, die weit über das Potenzial der klassischen Züchtungen hinaus gingen. Lebensmittel aus diesen Pflanzen würden ungekennzeichnet auf dem Teller von Verbraucherinnen und Verbrauchern landen. "Der Vorschlag wäre das Ende der ökologischen Landwirtschaft", befürchtet er. Diese müsste sich mit immer mehr Aufwand vor Kontamination, etwa durch von Wind verwehten Samen schützen.

Durch die Verordnung solle den Mitgliedsstaaten verboten werden, Maßnahmen zum Schutz von Ökolandbau, sensiblen Gebieten oder gentechnikfreien Regionen zu ergreifen. "Die Europäische Kommission scheint vollständig vor den Gentech-Konzernen eingeknickt zu sein", kritisierte Bär.

Gentechnik als Chance

Ob sich die Bundesregierung, an der auch die Grünen beteiligt sind, jedoch gegen das Vorhaben stark macht, ist unklar. Das von den Grünen geführte Bundesumweltministerium hatte sich in der Vergangenheit zwar skeptisch zu Lockerungen der Gentechnikregeln geäußert, dagegen signalisierte das von der FDP geführte Bundesforschungsministerium grundsätzliche Unterstützung. Auch weitere FDP-Politiker wie der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, und Fraktionsvize Carina Konrad stehen neuen Gentechnik-Verfahren offen gegenüber.

Sie verweisen auf mögliche Vorteile der neuen Gentechnikmethoden, die zu weniger Pestizideinsatz und widerstandsfähigeren Pflanzen führen könnten. Vogel betonte in einem Positionspapier: "Wir müssen endlich aufhören, Grüne Gentechnik zu verteufeln und als unnatürlich darzustellen. Wir müssen den Fortschritt begrüßen und ihn nutzen, um unsere Zukunft besser zu machen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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