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Wie sicher ist altes Motorradzubehör für Fahrer?


Vintage-Trend und seine Tücken
Wie sicher ist altes Motorradzubehör für Fahrer?

dpa-tmn, Andreas Kötter

Aktualisiert am 30.03.2021Lesedauer: 4 Min.
Altes Motorradzubehör: Für manchen Biker ist Retro keine Alternative zu Vintage, also einem orignalen Oldtimer.Vergrößern des Bildes
Altes Motorradzubehör: Für manchen Biker ist Retro keine Alternative zu Vintage, also einem orignalen Oldtimer. (Quelle: Markus Jahn/BMW AG/dpa-tmn)

Bei Motorradfahrern sind zeitgenössische Kleidung und Zubehör beliebt. Ob Vintage oder Retro – bei diesem Thema gibt es geteilte Meinungen. Experten erklären, worauf Sie achten müssen.

Der Old-School-Look ist in, besonders bei Motorrädern. Kaum ein Hersteller, der nicht mindestens eine an alte Optik angelehnte Maschine mit moderner Technik im Programm führt. Für manchen Biker aber ist Retro keine Alternative zu Vintage, also einem orignalen Oldtimer. Für diese Klientel wäre etwa eine aktuelle auf alt getrimmte BMW R nineT kein Ersatz für eine BMW R 69 S. Eine solche klare Haltung beeinflusst meist auch die Wahl der Kleidung, des Zubehörs sowie der Anbau- und Ersatzteile. So weit, so authentisch. Kann alt aber auch gefährlich werden?

Wie sicher sind alte Helme?

"Der Vintage-Trend hat durchaus seine Tücken, alte Helme zum Beispiel sind ein Unding", sagt Michael Lenzen. Die Weichmacher seien über die Jahrzehnte längst aus dem Kunststoff entwichen, so dass ein solcher Helm heutige Sicherheitsstandards nicht erfülle und keinerlei Schutzfunktion aufweise. "Dann wird Vintage schlichtweg lebensgefährlich", so der 1. Vorsitzende des Bundesverbandes der Motorradfahrer. Er rät zu einem aktuellen Modell in alter Optik.

Obwohl er als Besitzer alter Motorräder selbst betroffen sei, pflichte er Lenzen unbedingt bei, sagt Hajo Ullrich. "Ein alter Berliner Polizeihelm mag zur entsprechenden Maschine passen, wie die Faust aufs Auge, wird aber zerspringen wie eine Bierflasche, wenn er auch nur aus geringer Höhe zu Boden fällt."

Ähnliches gelte für Lederkombis, -jacken und -hosen. "Mein Kradmelder-Outfit ist zwar aus unzerstörbarem Leder und wiegt schon dank des über die Jahre regelmäßig zum Einsatz gekommenen Lederfettes satte 14 Kilo, dem heutigen Sicherheitsanspruch aber genügt er trotzdem in keiner Weise", so der Motorradtrainer beim Auto Club Europa (ACE). Er trage das gute Stück auf einem Motorradtreffen deshalb nur, wenn er von Stand zu Stand schlendere.

Besser auf die Suche nach dem alten Look gehen

"Problematisch ist, dass man bei alter Lederbekleidung meist keine Schutzprotektoren nachrüsten kann", ergänzt Lenzen. Er könne zwar verstehen, wenn man etwa bei einer historischen Ausfahrt möglichst stilecht in Erscheinung treten wolle und zugunsten der Authentizität auch einmal eine Ausnahme mache. "Grundsätzlich aber ist es ratsam, in den Retro-Kollektionen der Zubehöranbieter etwas Passendes zu suchen, das gewünschte Optik und optimalen Schutz zugleich garantiert", so Lenzen.

Auch für Ullrich sind moderne Alternativen durchaus vorzeigbar: "Wer mit einem Scrambler stilecht unterwegs sein will, für den gibt es keinen guten Grund, sich in einer normalen Jeans auf die Maschine zu setzen". Eine ausgewiesene Motorradjeans biete denselben coolen Look, in den Jeansstoff aber seien Kevlar-Fäden eingewebt, zudem sei – je nach Modell – auch eine Hitzeschutzmembran an besonders sturzgefährdeten Stellen eingearbeitet.

"Und dieser Materialmix erspart einem bei einem Sturz die stark schmerzenden Schürf- und Brandwunden, die man sich mit einer normalen Jeans wohl zuziehen würde", weiß Ullrich. "Auch wenn vieles Geschmacksache sein mag und sich über Geschmack bekanntlich nicht streiten lässt, sollte der Sicherheitsaspekt immer Vorrang haben", so Lenzens Fazit, wenn es in Sachen Authentizität um die Bekleidung geht.

Was ist beim Zubehör zu beachten?

Deutlich komplizierter gestaltet sich die Diskussion bei den Ersatz- und Anbauteilen sowie beim weiteren Zubehör, wie Koffer oder Taschen. "Will ich den kulturhistorischen Wert und damit das H-Kennzeichen für meine Maschine erhalten, muss ich sehr genau überlegen, was ich verbaue", sagt Ullrich. Sonst könne es sein, dass ein Prüfer bei der Begutachtung zum H-Kennzeichen dieses verweigert.

"Dass ein modernes Topcase nicht an eine R 69 S gehört, ist wohl jedem klar, das geht gar nicht", so Ullrich. "Wenn man mir aber statt des vermeintlichen Originals ein auf den ersten Blick identisches Fake-Ersatzteil andreht, kann es unangenehm werden. Beim Tüv sowieso, aber auch, weil vielleicht die Zusammensetzung der Metalle von Kolben und Kolbenring nicht harmoniert, so dass ein Motorschaden die Folge ist", gibt der Fachmann zu bedenken.

Die Praxistauglichkeit im Blick halten

Auch für Lenzen, der von einem "regelrechten Boom" des Retro-Ersatzteilemarktes spricht, ist das unüberschaubare Angebot problematisch. "Das fängt bei Drahtspeichenrädern an, geht über jegliche Hebeleien und hört bei den Sitzbänken noch längst nicht auf", weiß er. Man müsse sich vor dem oft teuren Kauf deshalb die Frage stellen, ob man Authentizität um jeden Preis wolle, oder ob andere Kriterien möglicherweise doch wichtiger seien.

"Der Originalhebel mag zu meiner Maschine ideal passen. Wenn er aber ergonomisch nicht auch zu meiner Hand passt, ist die Frage zumindest berechtigt, ob ich nicht doch besser zu einem einstellbaren Hebel greife, der mir ein längeres und ermüdungsfreies Fahren ermöglicht", merkt der Vielfahrer an. Für ihn jedenfalls sei Authentizität um jeden Preis der falsche Weg und ein LED-Blinker in einem alten Gehäuse gewiss kein Stilbruch.

Freigaben und Teilegutachten berücksichtigen

Einen eindringlichen Rat, der sich nicht nur, aber eben auch an Liebhaber alter Motorräder richtet, gibt Ullrich noch mit auf die Strecke: "Achten Sie beim Kauf von Ersatzteilen immer auf die entsprechenden Teilegutachten und/oder Freigaben". Finde ein Gutachter bei einem Unfall mit Personenschaden etwa heraus, dass zum Beispiel die Fußrastenanlage für den Unfallverlauf ursächlich sein könne, diese aber kein Teilegutachten aufweise, könne es sein, dass man auf einem nicht unerheblichen Teil der Kosten sitzen bleibe.

"Und nicht nur, wenn der Unfall auch noch dauerhafte körperliche Schäden nach sich ziehen sollte, wird man bitterlich bereuen, dieses Teil gekauft zu haben", so der ACE-Mann.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-tmn
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