Am Steuer auf Zeitreise Oldie-Rallyes können anspruchsvoll sein
Lippstadt (dpa/tmn) - Diese drei Rallyes für Oldtimer-Autos markieren die Extreme: Hier in Deutschland die Creme 21 mit ihrem beinahe infantilen Charme. Da die abenteuerliche LeJog in Großbritannien mit miesem Wetter, quälend langen Etappen und Aufgaben, die selbst erfahrene Pfadfinder an ihre Grenzen bringen.
Und dort in Italien die legendäre Mille Miglia mit atemberaubenden Strecken, traumhaften Autos, bedeutsamer Historie und einer Begeisterung, wie sie dem Auto nur in Italien entgegenschlagen kann.
So unterschiedlich deren Charakter auch sein mag, eines ist gleich: Auch wenn sich alle Teilnehmer streng im Rahmen der Straßenverkehrsordnung bewegen und die Herausforderungen in der Präzision, der Orientierung oder im theatralischen Geschick liegen, grassiert bei diesen Touren der Sportsgeist und nicht umsonst gibt es am Ende immer einen Sieger.
Sie wollen selbst an den Start - bitteschön, die Auswahl ist groß
In normalen Zeiten ohne Pandemie vergeht kaum ein Wochenende, an dem nicht zwei, drei Dutzend Klassik-Ausfahrten und Rallyes in den Kalendern stehen, sagt Jan Hennen vom Bundesverband Oldtimer-Youngtimer Deuvet. Er beschreibt damit einen regelrechten Boom des organisierten Oldtimer-Tourismus.
Nicht nur der Bestand von älteren und alten Liebhaber-Fahrzeugen wächst ständig. Sondern immer öfter wollen die Youngtimer und Klassiker auch artgerecht bei einer professionellen Ausfahrt bewegt werden. "Das reicht von regionalen Spritztouren für ein paar Stunden bis hin zu Events von internationaler Bedeutung, die sich wie die Mille Miglia fast über eine Woche ziehen."
Entsprechend weit gespannt ist aber auch der Kostenrahmen, der in der Regel immer zwei Teilnehmer pro Fahrzeug samt Übernachtungen umfasst. Während es das Ticket zur Creme 21 für nicht einmal 1500 Euro gibt, kostet die Nennung bei der Mille Miglia in der günstigsten Kategorie etwa das Vierfache, kann man bei den Veranstaltern nachlesen. Und die allermeisten anderen Mehrtagesevents liegen irgendwo dazwischen.
Auf die Sekunde genau durch die Lichtschranke
Wer sich bei einer solchen Rallye anmeldet, muss mit oft mehreren Dutzend so genannter Wertungsprüfungen rechnen. Dabei geht es zwar nicht um die absolute Geschwindigkeit. Aber man muss eine vorgegebene Strecke wahlweise in einer exakt definierten Zeit oder mit einem präzise definierten Durchschnittstempo befahren. "Das können mal ein wenige Meter in sechs Sekunden und mal ein paar Dutzend Kilometer mit 49 km/h sein - da entwickeln die Veranstalter viel Fantasie", sagt Michael Wiring. Er bereitet Oldtimerbesitzer mit speziellen Trainings auf solche Veranstaltungen vor. Und Vorbereitung tut Not.
Meist geht es bei den Prüfungen um jeden Zentimeter und jede Zehntelsekunde. Und die Präzision im Umgang mit Lichtschranken, Stoppuhren und den Druckluftschläuchen, die eine Zeitmessung auslösen, erreicht man nur mit Routine, berichten viele Teilnehmer.
Ach ja, der richtige Oldtimer selbst darf nicht fehlen
Was es neben dem fahrerischen Können noch braucht, ist das passende Auto. Denn nicht jeder Oldtimer darf an jeder Rallye teilnehmen. Um die Zahl der Teilnehmer zu limitieren oder der historischen Bedeutung gerecht zu werden, machen die Veranstalter oft strenge Vorgaben: Bei der Mille Miglia etwa dürfen nur Baujahre teilnehmen, die auch beim Original hätten starten dürfen, also Autos von 1927 bis 1957. Bei der LeJog müssen die Autos mindestens 30 Jahre auf dem Buckel haben. Und Autos von 1970 bis 1990 dürfen bei der Creme 21 starten.
Aber egal ob Young- oder Oldtimer, Sport- oder Kleinwagen, gibt es noch ein gemeinsames Kriterium, das alle erfüllen müssen, sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverständigen-Organisation KÜS: "Das wichtigste für die Teilnahme an einer Oldtimerrallye ist die Verkehrssicherheit. Es wird bei einigen Veranstaltungen auch auf Zeit gefahren, da muss alles am Fahrzeug stimmen", mahnt der Experte und rät dringend zu einer frischen Hauptuntersuchung vor dem Saisonstart. Zusätzlich beginnt jede ernsthafte Rallye mit einer eigenen technischen Abnahme, bei der die Autos gründlich gecheckt werden.
Egal ob im Sommer oder Winter: Angst um ihre Klassiker brauchen die Teilnehmer nicht zu haben, sagt Oldtimer-Restaurator und Rallye-Mechaniker Sepp Rothe: "Denn das Beste, was einem alten Auto passieren kann, ist, dass es auf langen Strecken gefahren wird." Wenn dabei immer schön nach dem Öl und Kühlwasser schaut und ein bisschen vorsichtig ist, gehen die Strapazen meist unbeschadet vorüber.