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Neuer WLTP-Abgastest: Was das Verfahren mit sich bringt


Engpässe und Steuererhöhung?
Was der neue WLTP-Abgastest bedeutet

Von dpa, mab

Aktualisiert am 21.08.2019Lesedauer: 3 Min.
Auspuffrohr an einer Fertigungsstrecke: Die WLTP-Einführung geht in ihre zweite Phase.Vergrößern des Bildes
Auspuffrohr an einer Fertigungsstrecke: Die WLTP-Einführung geht in ihre zweite Phase. (Quelle: Julian Stratenschulte/Archiv/dpa)

Lieferengpässe und eine versteckte Steuererhöhung – die Einführung des neuen WLTP-Verbrauchstests vor einem Jahr brachte Autofahrern viel Ärger. Nun tritt die nächste Stufe in Kraft. Womit müssen Sie diesmal rechnen?

Mit dem WLTP-Testzyklus hat die EU dafür gesorgt, dass Autokäufer heute besser wissen, wie viel Sprit ihr Auto wirklich schluckt. Die Werte auf dem Papier und auf der Straße unterscheiden sich viel weniger als früher beim veralteten NEFZ-Testverfahren, dennoch sind auch die neueren Angaben unrealistisch. Der Nachteil des seit einem Jahr gültigen Tests: Weil auf dem Papier jetzt realistischere, bis zu einem Drittel höhere CO2-Werte stehen, kassiert der Fiskus entsprechend mehr Kfz-Steuer – und das kann 20 Euro ausmachen beim kleinen Suzuki Swift oder 94 Euro mehr beim VW Touareg.

Für die Autoindustrie war WLTP-Teil 1 "ein riesengroßer Schritt, komplettes Neuland", sagt Audi-Sprecher Udo Rügheimer. Der nun anstehende Teil 2 sei damit nicht vergleichbar. Laut Daimler sind jetzt noch einmal 300 Seiten Verordnungen dazugekommen, zu den bislang 700 Seiten.

Dafür stehen die Kürzel
NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus
WLTP: Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure (Weltweit einheitliches Leichtfahrzeug-Testverfahren)

Vor einem Jahr verursachte WLTP ein Chaos: Kein Auto durfte mehr verkauft werden in der EU ohne WLTP-Zertifikat. Die Prüfer kamen kaum mehr nach, die Teststände wurden zum Nadelöhr, Dutzende Modelle waren monatelang nicht lieferbar. VW produzierte 250.000 Autos auf Halde, der geplante Berliner Flughafen BER wurde zum Großparkplatz. Auf gut eine Milliarde Euro bezifferten die Wolfsburger ihre WLTP-Kosten. Audi, wegen der Aufarbeitung seiner Dieselaffäre am stärksten im Verzug, spürte die Folgen noch bis weit ins laufende Jahr.

Die neuen WLTP-Anforderungen

Jetzt müssen die Autobauer schon wieder neue Anforderungen der EU erfüllen. Aber "die meisten Änderungen sind Korrekturen, Klarstellungen oder Verbesserungen", erklärt der Verband der deutschen Autoindustrie (VDA). Bei den Messungen gibt es jetzt noch weniger Toleranz. Dokumentationspflichten werden ausgeweitet. Wie viel Benzin aus dem Tank verdunsten kann, müssen die Autobauer zwei Tage lang prüfen. Und zumindest mit Stichproben müssen sie nachweisen, dass ihre Fahrzeuge die ursprünglichen Werte auch nach fünf Jahren im Betrieb noch einhalten.

Schaltpunkte, Fahrkurven wurden ebenfalls geändert: "Ein paar Punkte sind nachjustiert worden", sagt BMW-Sprecher Martin Tholund. Und alle Neufahrzeuge müssen die Grenzwerte auch im Test auf der Straße einhalten. BMW habe alles schon abgeschlossen: "Wir haben alle Typgenehmigungen schon in der Tasche."

Und auch Audi sieht sich diesmal gut gewappnet. Die Änderungen sind wesentlich kleiner als 2018. Audi hat inzwischen ein Drittel mehr Prüfkapazitäten. Die Anzahl der Motor-Getriebe-Varianten wurde um ein Drittel verringert auf annähernd 170. Und nicht alle müssen diesmal tatsächlich auf den Prüfstand: Viele erfüllen schon seit der Umstellung 2018 auch die neuen Anforderungen, dann können die Genehmigungen umgeschrieben werden. Fast alle Varianten von Audi seien schon zugelassen, erklärte Rügheimer. Der Rest soll in wenigen Wochen folgen.

Ist WLTP wirklich besser?
Das Testverfahren zur Messung des Verbrauchs unserer Autos gilt seit dem 1. September. Es ersetzt das 26 Jahre alte Verfahren NEFZ. Der neue WLTP-Test nutzt den Autofahrern, sagen seine Verfechter: Er soll die Autohersteller endlich zu praxisnäheren Verbrauchsangaben zwingen.
Realistisch sind die Angaben trotzdem nicht, entgegnen Kritiker. So werde die Reichweite der Neuwagen bei exakt 23 Grad gemessen – obwohl wir meist ganz andere Temperaturen haben. Außerdem bleiben Heizung und Klimaanlage bei der Messung ausgeschaltet, was den Spritverbrauch senkt. Das haben die Autohersteller durchgesetzt – sie wirkten an der Gestaltung des neuen Testverfahrens aktiv mit.

WLTP Teil 2 "hält die Hersteller in Atem – der VDA rechnet aber nicht mit signifikanten Freigabeverzögerungen wie im vergangenen Jahr", heißt es beim Spitzenverband der Industrie.

Auf europäischer Ebene wird inzwischen bereits über Euro 7 diskutiert- vielleicht mit Grenzwerten für Lachgas, Brems- und Reifenabrieb. Der ADAC rechnet aber frühestens 2021 mit einem neuen Gesetzesvorschlag der EU-Kommission.

Vielfalt der Normen verwirrt Autofahrer

Euro 6a, 6b, 6c und 6d , 6d-TEMP, 6d-TEMP-EVAP, jetzt Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC und 6d-ICS-FCM: Die vielen, kurz hintereinander folgenden Normen sind nicht nur für die Hersteller sehr aufwendig, sondern haben auch bei den Autofahrern "zu großer Verwirrung und Unverständnis geführt", kritisiert der Autoclub.


Immerhin erhält heute jeder Autokäufer in Europa vom Hersteller den CO2-Wert seines individuellen Autos. So sieht er, wie ein Panoramadach, eine Anhängerkupplung oder 22-Zoll-Reifen das Gewicht, den Luftwiderstand und damit den Spritverbrauch erhöhen. Das ist nicht überall so. WLTP heißt zwar "weltweit einheitliches Leichtfahrzeug-Testverfahren" und wurde von einer UN-Behörde entwickelt, im Auftrag der EU. Aber umgesetzt wurde es nur in Europa. In Amerika und Asien erschweren Normensalat den Autobauern das Geschäft.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-AFX
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