Alle drei Minuten eine Kollision So verhalten Sie sich bei Wildunfällen richtig
Bei der Fahrt durch ein dunkles Waldstück blitzt am Straßenrand plötzlich ein Augenpaar auf – jetzt ist Vorsicht geboten. Denn bei einem Wildunfall droht auch Ärger mit der Versicherung. Vor allem, wenn ein Ausweichmanöver Schuld am Schaden ist.
In der Dämmerung der frühen Morgen- oder Abendstunden, wenn viele Autofahrer auf dem Arbeitsweg sind, kreuzen wieder vermehrt Rehe, Hirsche und Wildschweine die Straßen. Besonders zur Erntezeit zieht das Wild entlang von unübersichtlichen Feld- oder Waldrändern auf der Suche nach Futter über die Fahrbahn.
Im vergangenen Jahr wurden den Autoversicherern rund 272.000 Wildunfälle gemeldet und damit weniger als 2019, als mit 295.000 Wildunfällen ein Zehnjahreshoch erreicht worden war. Der ADAC meldet Dutzende Tote, mehr als 3.000 Verletzte und eine halbe Milliarde Euro Sachschaden jährlich.
Rein rechnerisch kollidiert damit alle zwei Minuten ein Auto mit einem Wildtier. Rehe kommen am häufigsten unter die Räder. Ein 20 Kilogramm schweres Reh hat beim Zusammenstoß bei Tempo hundert ein Aufschlaggewicht von fast einer halben Tonne.
Großer Unterschied zwischen Teil- und Vollkasko
Zusammenstöße mit Tieren sind in der Teilkasko versichert. Während einige Policen für Unfälle mit Tieren aller Art aufkommen, decken andere lediglich Schäden durch Haarwild. Die Vollkaskoversicherung zahlt für alle Unfälle, auch bei einem Ausweichmanöver. Allerdings rutschen Autofahrer dann automatisch in eine schlechtere Schadenfreiheitsklasse mit höheren Prämien.
Haarwild: So ist es laut Gesetz definiert
Unter Haarwild versteht der Gesetzgeber neben Rehen, Hirschen und Wildschweinen auch Hasen und Wildkaninchen, Murmeltiere, Marder, Elche, Luchse und Füchse. Sogar Seehunde und Fischotter stehen laut TopTarif auf der Liste – diese werden Autofahrern allerdings eher selten über den Weg laufen.
Der Verkehrsclub ADAC rät: Besser langsam als zu schnell fahren. Bei Tempo 80 kann das Fahrzeug zum Beispiel noch rechtzeitig zum Stehen gebracht werden, wenn in 60 Meter Entfernung ein Wildtier auf die Straße springt. Bei 100 km/h hingegen haben Sie keine Chance mehr.
Ausweichen oder nicht: Schadensminderung entscheidet
Ausweichen ist nicht immer die beste Lösung. Außer der Gefahr, dass durch heftige Lenkbewegungen das Fahrzeug ins Schleudern geraten kann, weigert sich auch möglicherweise die Versicherung, den Schaden zu begleichen, besonders bei Teilkaskoverischerungen. Denn nicht immer entspricht ein Ausweichmanöver der sogenannten "Schadensminderungspflicht".
Weiterer Nachteil des Ausweichens ist die Beweisführung
Wer beispielsweise einen Totalschaden verursacht, weil er einem Hasen ausgewichen ist, wird von seiner Versicherung hören, die Gefahr falsch beurteilt und falsch reagiert zu haben. Bei Kleinwild wird der Versicherer regelmäßig die Schadensregulierung verweigern, da eine Kollision nur geringe Schäden verursacht. Problematisch beim Ausweichen ist außerdem der Nachweis, dass überhaupt ein Tier die Unfallursache war. Denn am Auto sind dann keine Spuren zu finden.
Abbremsen, Fernlicht abblenden, hupen, Warnblinker
So verhalten Sie sich richtig, um Wildunfälle zu vermeiden:
- Fahren Sie in Waldgebieten generell langsamer
- Bremsen Sie langsam ab
- Blenden Sie mit Fernlicht ab
- Machen Sie sich mit Hupen bemerkbar
- Alarmieren Sie nachfolgende Fahrzeuge per Warnblinker
Fahren Sie zur Sicherheit, wenn es der Verkehr zulässt, mit Schrittgeschwindigkeit weiter, bis keine Tiere mehr zu sehen sind.
Bei unvermeidlicher Kollision: Ruhe bewahren
Ein Auf- oder Anprall ist oft die bessere Alternative zum Ausweichen. Ist eine Kollision nicht zu vermeiden, beachten Sie Folgendes:
- Halten Sie das Lenkrad fest und fahren Sie ohne heftige Lenkbewegungen auf das Tier zu
- Sichern Sie nach einem Unfall die Unfallstelle mit Warnblinklicht und Warndreieck
- Fassen Sie das Tier nicht an
- Bleiben Sie an der Unfallstelle, aber begeben Sie sich aus dem Gefahrenbereich
- Rufen Sie die Polizei
Fotos vom Schaden am Auto nicht vergessen
Nach einem Wildunfall sollten Autofahrer Fotos vom Schaden am Fahrzeug und von der Unfallstelle machen. Das sei als zusätzlicher Nachweis zu empfehlen, rät die Prüforganisation Dekra. Teilkasko-Versicherungen zahlen in der Regel zwar den Schaden – aber nur, wenn es auch Belege für eine Kollision mit einem Wildtier gibt.
Grundsätzlich wird der Schaden auf Basis eines Polizeiprotokolls und einer Wildunfallbescheinigung durch den Versicherer reguliert. Außerdem empfiehlt es sich, Namen und Adressen von möglichen Zeugen zu notieren.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn