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TMC war gestern, heute gibt es Staumelder in Echtzeit


Moderner Verkehrsfunk
So umfahren Sie fast jeden Stau

Von dpa-tmn
Aktualisiert am 11.07.2017Lesedauer: 5 Min.
So schützen Sie sich: Staus gehören zum Autofahren dazu, wie der Sonnenbrand zum Sommer.Vergrößern des Bildes
So schützen Sie sich: Staus gehören zum Autofahren dazu, wie der Sonnenbrand zum Sommer. (Quelle: dpa)
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Die meisten Autofahrer vertrauen auf den Verkehrsfunk ihres Autoradios, doch mit neuen Systemen lässt sich das Staurisiko effizienter senken.

Einsteigen, losfahren, Radio einschalten – für viele Autofahrer ist das tägliche Routine. Denn über den automatischen Verkehrsfunk liefern die Radiosender außer Nachrichten, Musik und Gesprächen quasi nebenbei auch aktuelle Straßeninfos.

79 Prozent vetrauen noch auf die alte Technik

Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom ist für 79 Prozent der Autofahrer das Radio nach wie vor die erste Informationsquelle, wenn es um Verkehrsfunk geht. Doch so bequem das Radio ist, auf dem neuesten Stand sind Autofahrer damit nicht unbedingt.

Experte bescheinigt TMC veraltete Informationen

"Autoradios, die nur über TMC oder TMCpro verfügen, taugen nicht wirklich für die Stauwarnung", urteilt Holger Ippen von der "Auto Zeitung". "Denn sie stützen sich auf teils nicht aktuelle, meist veraltete Infos und können zudem nicht wirklich brauchbare Routen-Alternativen anbieten."

Nach dem Stau: TMC meldet oft keine Entwarnungen

Als Quelle dienen etwa Polizeimeldungen, Informationen von Verkehrsclubs, Verkehrsflussdaten von Fuhrparks und auch eigene Staumelder der Radiosender. Die melden vor allem in den Morgenstunden neben aktuellen Behinderungen auch mobile Blitzer oder Verkehrskontrollen. Ein Nachteil der Staumelder: "Sie melden meist nicht, wenn der Stau sich wieder aufgelöst hat", sagt Ippen.

Auch der ADAC sieht TMC kritisch

Auch der ADAC hat inzwischen einen eigenen Pool so genannter Stauscanner, die via App Verkehrsbehinderungen und aktuell gefahrene Geschwindigkeiten weitergeben. Markus Bachleitner vom ADAC sieht den klassischen Verkehrsfunk ebenfalls an seine Grenzen geraten: "Das TMC-System hat deutliche Schwächen, auch weil die Bandbreite nicht so groß ist."

Es könnten schlicht nicht so viele Daten übertragen werden, wie mitunter notwendig ist. Wer sich bei seiner Routenplanung via Navi daher nur auf diese Quelle verlässt, könne unter Umständen gleich von einem Stau in den nächsten geraten.

TMC: Traffic Message Channel in fast jedem Radio

Hinter dem Kürzel TMC verbirgt sich die Funktion "Traffic Message Channel", über die Verkehrsnachrichten zum Beispiel auch in Schriftform übertragen werden und je nach Radio oder Navigationsgerät dann grafisch oder als Fließtext dargestellt werden können.

Nahezu alle Radios und Navis sind heute mit TMC ausgestattet. "Der Vorteil des Autoradios ist nach wie vor, dass ich als Autofahrer automatisch regelmäßig informiert werde und für ganz wichtige Meldungen wie eine Geisterfahrer-Warnung die Programme auch unterbrochen werden", sagt Bachleitner.

Daten-Sim-Karten mit höherer Genauigkeit

Geht es um eine verlässliche Routenplanung, geben inzwischen andere Systeme den Ton an, zum Beispiel Navis mit Daten-SIM-Karte. "Die Genauigkeit ist deutlich höher, denn hier ist die Datenbasis viel größer", sagt Bachleitner. Neben den Polizeimeldungen sorgen dabei die Autofahrer selbst mit ihren Navis und Smartphones für das Straßenbild.

Diese Standortdaten werden permanent anonymisiert übertragen, sagt Dirk Ellenbeck von Vodafone. "In Verbindung mit Informationen aus anderen Quellen ergibt sich daraus die aktuelle Verkehrslage, wie sie dann auf dem Navigationsgerät zu sehen ist." Das Mobilfunkunternehmen ist mit seinen Daten-SIMs zum Beispiel in Navis vertreten.

Basic-SIM-Karten ohne Mobilfunkvertrag

Mit herkömmlichen SIM-Karten seien diese Karten aber nicht zu vergleichen, da sie nur Daten übertragen. Auch schließe der Kunde keinen Mobilfunkvertrag ab, wenn er ein Navi mit SIM-Karte verwendet. Anfallen können Kosten, wenn Autofahrer sich für eine Premium-Variante mit Zusatzdiensten entscheiden.

RTTI: Real Time Traffic Information in Echtzeit

Audi connect beispielsweise kostet als Extra 350 Euro für die ersten drei Jahre. Auch hier sorgt eine eingebaute Daten-SIM für Aktualität beim integrierten Navi. "Die Verkehrsflussdaten werden alle zwei Minuten aktualisiert, es handelt sich also mehr oder weniger um eine Routenplanung in Echtzeit", sagt Michael Crusius von Audi.

Daneben informiert das System zum Beispiel über Tankstellenpreise, das Wetter, eventuelle Gefahrenstellen und dient auch als WLAN-Hotspot. Auch für diese Art der Routenführung gibt es ein Kürzel: RTTI für "Real Time Traffic Information".

High-End-Lösungen in aktuellen Automodellen

"Mit RTTI erhält der Autofahrer nicht nur die aktuelle Verkehrslage. Das System berechnet auch, welche Verzögerungen zu erwarten sind, und es schlägt Umwege vor", sagt Ippen. "In den High-End-Lösungen zum Beispiel von BMW und Audi wird das auch in den Karten sehr gut umgesetzt, bei Mercedes und VW auch noch einigermaßen gut."

Kostenlos: Apps bieten auch die Echtzeit-Infos

Wer ein so teures System nicht an Bord hat, könne aber auch über Smartphone-Apps wie Inrix, traffic4all oder Here kostenlos sehr gute Verkehrsinfos in Echtzeit abrufen, sagt Ippen. Auch hier bilden Crowdsourcing-Daten die Basis der Verkehrsanalyse.

Generell könne man sich die Verkehrslage von Apps über Systeme wie Carplay oder Android Auto dann ablenkungsfrei auf das Autodisplay spiegeln lassen. Hierbei wird das Smartphone via USB-Kabel mit dem Auto verbunden, bei ganz neuen Systemen reicht mitunter sogar eine Bluetooth-Verbindung.

Autoradio bleibt als Ergänzung empfehlenswert

Aus dem Rennen jedoch ist das Radio in Sachen Verkehrsfunk noch lange nicht. "So genau und aktuell viele Apps auch sind: Wenn die Zielführung nicht aktiviert wurde, wird der Autofahrer auch nicht via Sprachausgabe vor einem Stau gewarnt", sagt Bachleitner vom ADAC. Als Ergänzung werde der klassische Verkehrsfunk daher auch noch auf Jahre seine Berechtigung haben.

Potenzial liegt im Digitalradio DAB+

Daneben bietet das Digitalradio DAB+ für den Verkehrsfunk noch viele Möglichkeiten. "Hier liegt noch ein ungenutztes Potenzial brach", sagt Ippen. Denn das Digitalradio sei durch seine technischen Möglichkeiten in der Lage, deutlich größere Datenmengen zu übertragen.

"Verkehrsdurchsagen zum Beispiel über Spartenkanäle wie VERA werden aber bisher nicht gut angenommen. Gesprochene Radio-Verkehrsmeldungen sind aber nur dann sinnvoll, wenn sie genau sind und nur meine Route betreffen."

Auto, Motor und Sport hat die Systeme verglichen

Die Gratis-Apps Google "Maps" und die "Karten"-App von Apple fürs Smartphone bringen Autofahrer mitunter schneller ans Ziel als teure Infotainment-Navisysteme der Autohersteller. Das zumindest ist ein Ergebnis einer Stichprobe der Zeitschrift "Auto, Motor und Sport" (Ausgabe 8/2017) von sechs Echtzeit-Verkehrsdiensten. Neben den zwei Apps haben die Tester die großen Dienste TomTom, Inrix und Here als auch das Radio-basierte TMC unter die Lupe genommen.

Siegerpodest: Google vor Apple und BMW

Unter anderem sind die Tester mit dem Sieger Google 19 Minuten, mit dem Zweitplatzierten von Apple 18 Minuten schneller im Ziel als der Durchschnitt aller Kandidaten. Auf dem dritten Platz folgt das 2200 Euro teure Einbausystem in einem BMW, das Datenmaterial von Here nutzt. Damit kommen die Tester 14 Minuten schneller an.

Fiat, Mercedes und Volvo folgen auf den Plätzen

Auf den vierten Platz fährt ein Fiat, der auf TMC-Meldungen des ab 250 Euro erhältlichen Autoradios zurückgreift und noch 2 Minuten gutmacht.
Den fünften Platz erreicht ein Mercedes, der bei seinem System (rund 2083 Euro) Daten von TomTom nutzt und 5 Minuten länger braucht. 47 Minuten langsamer ist ein Volvo, der mit seinem System (1170 Euro) auf Inrix-Daten setzt.

AMS-Redakteure: Reine Stichprobe

Die Tester fuhren an vier Tagen jeweils zur Hauptverkehrszeit zwischen Städten rund um die Autobahnen A5, A6, A8 und A81 im Großraum Stuttgart. Der Test umfasste über 75 Stunden Fahrzeit und mehr als 4000 Kilometer Strecke – dennoch betonen die Redakteure den Stichprobencharakter.

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