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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mercedes vor dem Tag der Wahrheit Der Lack ist ab
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Händler schimpfen über Gier, Betriebsräte nennen die Sparpläne einen Horror: Mercedes-Boss Ola Källenius gerät zunehmend unter Druck. Die jüngsten Zahlen helfen da nicht.
Der Glanz vergangener Jahre ist verblasst. Was einst unter dem Motto "Economics of Desire" (deutsch etwa: Die Ökonomie der Begierde) als Erfolgsstrategie galt, weicht nüchternem Krisenmanagement. Am Donnerstag präsentiert Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius in Stuttgart Investoren die aktuelle Unternehmensbilanz. Die Botschaft: Das Unternehmen muss sparen – und zwar massiv.
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Mercedes und die Luxusstrategie
Mercedes setzt voll auf Luxus – das ist der Kern der Strategie "Economics of Desire". Mehr als 75 Prozent der Investitionen fließen in die profitabelsten Segmente, der Anteil der Topmodelle soll bis 2026 um 60 Prozent steigen. Wichtigstes Ziel: höhere Margen. Doch der Plan gerät ins Wanken.
Sinkende Margen, sinkender Absatz
Vor allem die Pkw-Sparte schwächelt. Die Umsatzrendite wurde erneut nach unten korrigiert: 7,5 bis 8,5 Prozent soll sie noch betragen, statt der zweistelligen Werte der Vorjahre. Der Absatz der Topmodelle wie S- und G-Klasse brach um 14 Prozent ein. Auch beim Gesamtabsatz setzt sich der Abwärtstrend fort: Nur 1,983 Millionen Fahrzeuge verkaufte das Unternehmen im vergangenen Jahr. Schon lange gehen die Zahlen konstant nach unten. Die letzte Ausnahme war 2021/22. Selbst bei Luxusmodellen gibt es inzwischen Rabatte.
Elektroautos und China bereiten Sorgen
Besonders in China, dem wichtigsten Markt des Konzerns, gerät Mercedes unter Druck. Die Immobilienkrise trifft die wohlhabende Kundschaft, während einheimische Hersteller im E-Segment immer stärker werden.
Hinzu kommen hohe Sonderkosten: Elektroantriebe verkaufen sich schleppend, treiben die Lagerbestände in die Höhe – und damit die Kosten. Gleichzeitig entstanden in der angespannten Wirtschaftslage zusätzliche Belastungen durch Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten und Händlern.
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Ola Källenius: Ein Konzernlenker unter Druck
Ola Källenius (*1969 in Västervik, Schweden) ist seit 2019 Chef von Mercedes. Sein Aufstieg begann 1993, als er nach seinem Studium in Stockholm und St. Gallen in die Nachwuchsgruppe von Daimler-Benz eintrat. Heute ist er deutscher und schwedischer Staatsbürger. Sein Fokus auf Luxus und hohe Margen bescherte dem Konzern Rekordgewinne, zuletzt aber auch Kritik: Händler warnen vor Kundenschwund und bezeichnen die Luxusstrategie als "gierig".
Sparmaßnahmen und Modelloffensive
Die Antwort von Finanzvorstand Harald Wilhelm: ein Sparprogramm. Fünf Milliarden Euro sollen bis 2027 eingespart werden. Geplante Einschnitte: geringere Boni und keine Erhöhung der Grundvergütung für viele Führungskräfte. Der Betriebsrat spricht von einer "Horrorliste".
Neue Modelle sollen den Absatz ankurbeln – doch sie kommen spät. Der neue CLA wird zwar im März vorgestellt, aber erst in der zweiten Jahreshälfte ausgeliefert. Auch der neue GLC wird frühestens im nächsten Jahr etwas vom alten Glanz zurückbringen.
- automobilwoche.de: Warum bei Mercedes vorerst keine Besserung in Sicht ist (Bezahl-Inhalt)
- automobilwoche.de: Exklusiv: Bei Mercedes droht 2025 Magerkost (Bezahl-Inhalt)
- group.mercedes-benz.com: Vorsitzender des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG
- group.mercedes-benz.com: Mercedes-Benz verfolgt langfristige Ambitionen, die wertvollste Luxusautomarke der Welt zu sein
- de.statista.com: Absatz der Mercedes-Benz Group in den Jahren 2010 bis 2024